Mit den Anforderungen an den Beratungsverzicht befasste sich das Oberlandesgericht Nürnberg in seinem Beschluss vom 09.01.2025 (Az.: 8 U 1684/24). Konkret ging es um die weiterführende Beratungspflicht des Versicherers bezüglich einer abgeschlossenen Rürup-Rente.
Der spätere Versicherungsnehmer führte mit einem Mitarbeiter einer Versicherung ein Telefongespräch bezüglich des Abschlusses einer fondsgebundenen Basisrentenversicherung (sog. „Rürup-Rente“). Anschließend übersandte der Versicherer dem Versicherungsnehmer ein 8-seitiges Antragsformular und zusätzlich allgemeine Vertragsinformationen, Produktinformationsblätter und Fondsinformationen.
Das Antragsformular war teilweise bereits ausgefüllt. Unter anderem war auch in dem Feld mit der Überschrift „Dokumentation und Beratung“ das Kästchen, zu der Aussage „Ich verzichte auf die Beratung“ bereits angekreuzt. Dieses Feld musste jedoch nochmal gesondert unterschrieben werden. Mit den anderen erforderlichen Unterschriften unterschrieb der Versicherungsnehmer auch das Feld bezüglich der (nicht-gewollten) Beratung.
Der Versicherer nahm den Antrag an und sendete dem Versicherungsnehmer mit Schreiben vom 03.01.2022 den Versicherungsschein zu. Vereinbart war der Vertragsbeginn ab 01.12.2021. Zu einem späteren Zeitpunkt machte der Versicherungsnehmer geltend, dass er nicht ordnungsgemäß beraten worden wäre und der Versicherungsvertrag aus diesem Grund nicht seinen Vorstellungen entspreche. Daraufhin forderte er von dem Versicherer Schadensersatz und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten. Er berief sich darauf, dass der Verzicht auf die Beratung unwirksam sei, weil den Anforderungen an den Beratungsverzicht nicht Genüge getan sei.
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Das Landgericht Regensburg wies die Klage mit Urteil vom 19.07.2024 (Az.: 34 O 1349/23) ohne eine Beweisaufnahme vollständig ab. Nach Ansicht des LG Regensburg hatte der Versicherungsnehmer wirksam auf die Beratung verzichtet. Die Anforderungen an den Beratungsverzicht seien erfüllt. Eines gesonderten Formulars bedurfte es für die Verzichtserklärung nicht und außerdem wurde der Versicherungsnehmer erkennbar auf die Verzichtserklärung hingewiesen worden. Mit dem Urteil gab sich der Versicherungsnehmer nicht zufrieden und verfolgte sein Interesse weiter vor dem Oberlandesgericht Nürnberg.
Das Oberlandesgericht Nürnberg teilte die Auffassung des Landgerichts Regensburg. Es erteilte den Parteien daher einen Hinweis, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hätte.
Der Versicherer hatte keine Beratungspflichtverletzung begangen, da wirksam auf die Beratung verzichtet wurde. Das Feld, mit dem der Versicherungsnehmer auf die Beratung verzichtete, war ausreichend gekennzeichnet, indem es von dem restlichen Inhalt mit einem Kasten und einer entsprechenden Überschrift optisch hervorgehoben wurde. Dass die Verzichtserklärung eine gesonderte Erklärung sein muss, bedeutet nicht zwangsweise, dass diese losgelöst von der eigentlichen Urkunde, also auf einem Extrablatt, sein muss. Die optische Trennung und Hervorhebung des Feldes genügten in diesem Fall (vgl. BGH, Urt. v. 04.09.2002 – VIII ZR 251/01). Die Anforderungen an den Beratungsverzicht seien daher erfüllt. Daraufhin wurde die Berufung von dem Versicherungsnehmer zurückgenommen.
Beratungen im Zusammenhang mit dem Abschluss von Basisrentenverträgen sind durchaus immer wieder Gegenstand rechtlicher Auseinandersetzungen (siehe auch Geeignetheit einer Rürup-Rente (OLG Karlsruhe)). Wie der Beschluss des Oberlandesgericht Nürnberg zeigt kommt es für den Ausgang solcher Verfahren neben dem Inhalt des Beratungsgespräches auch auf die vereinbarten Modalitäten der Beratungen an. Liegt ein Beratungsverzicht vor, so stellt sich aber auch die Frage, ob dieser die Anforderungen an den Beratungsverzicht erfüllt. Bestehen Unsicherheiten, ob die Anforderungen an den Beratungsverzicht erfüllt sind, kann es von Vorteil, einen im Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt hinzuzuziehen. Hierfür stehen gerne auch Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte zur Verfügung.
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