ADHS wurde lange Zeit lediglich als Verhaltensauffälligkeit eingestuft. Heute weiß man: ADHS ist eine komplexe neurologische Entwicklungsstörung, die das Selbstmanagement-System im Gehirn beeinflusst und die Betroffene in vielerlei Hinsicht belastet. Die Betreuung von Menschen mit ADHS erfordert Geduld, Einfühlungsvermögen sowie spezielles Fachwissen. Betroffene und Angehörige stellen sich daher häufig die Frage: Unter welchen Voraussetzungen wird eine Pflegebedürftigkeit bei ADHS anerkannt und in welchen Fällen zahlt der Versicherer Pflegetagegeld? Dieser Beitrag gibt einen Überblick zu den rechtlichen Grundlagen und den versicherungsrechtlichen Aspekten.
Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung – kurz ADHS – betrifft Kinder ebenso wie Erwachsene und tritt in unterschiedlichen Formen auf. Man unterscheidet in der Regel zwischen dem vorwiegend unaufmerksamen Typ, dem vorwiegend hyperaktiv-impulsiven Typ sowie dem kombinierten Typ.
Klassische Symptome sind eine eingeschränkte Konzentrationsfähigkeit, mangelnde Impulskontrolle sowie motorische Unruhe oder ein inneres Getriebenheitsgefühl. Im Alltag äußert sich dies häufig in Form von Vergesslichkeit, Organisationsproblemen oder sozial herausforderndem Verhalten – was insbesondere in Schule, Ausbildung oder Beruf zu erheblichen Schwierigkeiten führen kann.
Zugleich zeigen viele Menschen mit ADHS besondere Stärken: kreative Denkweisen, große Spontaneität und eine ausgeprägte Begeisterungsfähigkeit gehören ebenso zum Bild. Wie stark sich die Störung auf das tägliche Leben auswirkt, ist jedoch individuell sehr unterschiedlich – während einige Betroffene umfangreiche Unterstützung benötigen, kommen andere mit geeigneten Strategien gut zurecht.
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Eine Pflegebedürftigkeit liegt vor, wenn eine Person gesundheitlich bedingt Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeit aufweist und deswegen Hilfe durch andere bedarf. Die Beeinträchtigung muss körperlich, kognitiv oder psychisch sein und muss für die Dauer von mindestens sechs Monaten mit einer gewissen Schwere vorliegen.
Pflegebedürftige erhalten abhängig von der Schwere ihrer Einschränkungen einen Grad der Pflege (Pflegegrad), der mithilfe eines standardisierten Begutachtungsinstruments ermittelt wird. Dieses Instrument umfasst sechs Module, die verschiedene Lebensbereiche bewerten, darunter Mobilität, Selbstversorgung sowie kognitive und kommunikative Fähigkeiten.
Jedes Modul wird anhand eines Punktesystems bewertet, wobei die Punkte nach festgelegten Gewichtungen zusammengeführt werden. Die Gesamtpunktzahl bestimmt den Pflegegrad, der von 1 (geringe Beeinträchtigungen) bis 5 (schwerste Beeinträchtigungen mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung) reicht. In bestimmten Fällen können pflegebedürftige Personen auch ohne die erforderliche Punktzahl dem Pflegegrad 5 zugeordnet werden, wenn ein außergewöhnlich hoher Hilfebedarf besteht.
Bei der Begutachtung werden zudem krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen berücksichtigt, sofern sie dauerhaft und untrennbar mit der pflegerischen Versorgung verbunden sind. Die genauen Voraussetzungen für die Einstufung regelt der MDK in seinen Richtlinien.
Möchte der Versicherungsnehmer aufgrund einer Verringerung seiner kognitiven Fähigkeiten Leistungen aus der Pflegetagegeldversicherung in Anspruch nehmen, muss zunächst die Pflegebedürftigkeit bei ADHS festgestellt werden. Eine solche Feststellung erfolgt für gewöhnlich durch den medizinischen Dienst der Krankenkassen (kurz – MDK – genannt). Ist der Versicherte nicht gesetzlich krankenversichert, erfolgt eine medizinische Begutachtung über die private Krankenversicherung. Besteht keine private Krankenversicherung, kann eine Begutachtung auch durch die Pflegetagegeldversicherung selbst erfolgen.
Ob der Versicherer infolge einer Pflegebedürftigkeit bei ADHS zur Zahlung eines Pflegetagegeldes verpflichtet ist, kann nicht pauschal bejaht werden. Zunächst muss der konkrete Nachweis einer Pflegebedürftigkeit bei ADHS erbracht werden. Dabei ist indes anzumerken, dass Versicherer oftmals an ein Pflegegutachten gebunden sind (siehe hierzu Bindung der Pflegetagegeldversicherung an Pflegegutachten (LG Krefeld)).
Weist der Versicherer den Antrag auf Zahlung eines Pflegetagegeldes zurück, kann es sich anbieten, die Rechtmäßigkeit der Leistungsablehnung dezidiert prüfen zu lassen. Dies gilt insbesondere, wenn sich der Versicherer darauf beruft, dass bei der Beantragung des Versicherungsschutzes Gesundheitsfragen falsch beantwortet worden seien (siehe hierzu Die vorvertragliche Anzeigepflicht) und der Versicherer daraufhin die Anfechtung oder den Rücktritt erklärt.
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Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil: