Pflegebedürftigkeit bei Autismus – Rechtsanwalt für Versicherungsrecht

Autismus ist eine tiefgreifende Entwicklungsstörung, die das Denken, Fühlen und Verhalten eines Menschen beeinflusst – oft ein Leben lang. Menschen mit Autismus nehmen ihre Umwelt anders wahr und haben oft Schwierigkeiten in der sozialen Interaktion und Kommunikation. Die Betreuung von Menschen mit Autismus erfordert viel Geduld, Empathie und spezifische Fachkenntnisse. Betroffene sehen sich oft mit der Frage konfrontiert, unter welchen Voraussetzungen eine Pflegebedürftigkeit bei Autismus anerkannt wird und in welchen Fällen der Versicherer ein Pflegetagegeld zahlt. Dieser Beitrag geht auf diese wichtigen Fragestellungen ein.

Was ist Autismus – und was bedeutet das im Alltag?

Autismus ist eine komplexe und tiefgreifende neurologische Entwicklungsstörung, die in der aktuellen ICD 10 (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) der WHO definiert wird. Aufgrund ihrer Vielschichtigkeit ist sie auch unter dem Namen Autismus-Spektrum-Störung (ASS) geläufig.

Autismus wird häufig als Störungen der Informations- und Wahrnehmungsverarbeitung beschrieben, die sich auf die Entwicklung der sozialen Interaktion, der Kommunikation und des Verhaltensrepertoires auswirkt. Menschen mit Autismus haben oft Schwierigkeiten, nonverbale Signale wie Mimik oder Gestik zu verstehen, und tun sich schwer damit, Beziehungen zu anderen aufzubauen oder aufrechtzuerhalten. Typisch sind auch besondere Interessen, wiederholende Verhaltensweisen und ein ausgeprägtes Bedürfnis nach Routine. Die Ausprägung kann dabei sehr unterschiedlich sein – von leichten Einschränkungen bis hin zu einem hohen Unterstützungsbedarf im Alltag.

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Wann zahlt der Versicherer ein Pflegetagegeld?

Eine Pflegebedürftigkeit liegt vor, wenn eine Person gesundheitlich bedingt Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeit aufweist und deswegen Hilfe durch andere bedarf. Die Beeinträchtigung muss körperlich, kognitiv oder psychisch sein und muss für die Dauer von mindestens sechs Monaten mit einer gewissen Schwere vorliegen.

Pflegebedürftige erhalten abhängig von der Schwere ihrer Einschränkungen einen Grad der Pflege (Pflegegrad), der mithilfe eines standardisierten Begutachtungsinstruments ermittelt wird. Dieses Instrument umfasst sechs Module, die verschiedene Lebensbereiche bewerten, darunter Mobilität, Selbstversorgung sowie kognitive und kommunikative Fähigkeiten.

Jedes Modul wird anhand eines Punktesystems bewertet, wobei die Punkte nach festgelegten Gewichtungen zusammengeführt werden. Die Gesamtpunktzahl bestimmt den Pflegegrad, der von 1 (geringe Beeinträchtigungen) bis 5 (schwerste Beeinträchtigungen mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung) reicht. In bestimmten Fällen können pflegebedürftige Personen auch ohne die erforderliche Punktzahl dem Pflegegrad 5 zugeordnet werden, wenn ein außergewöhnlich hoher Hilfebedarf besteht.

Bei der Begutachtung werden zudem krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen berücksichtigt, sofern sie dauerhaft und untrennbar mit der pflegerischen Versorgung verbunden sind. Die genauen Voraussetzungen für die Einstufung regelt der MDK in seinen Richtlinien.

Möchte der Versicherungsnehmer aufgrund einer Verringerung seiner kognitiven Fähigkeiten Leistungen aus der Pflegetagegeldversicherung in Anspruch nehmen, muss zunächst die Pflegebedürftigkeit bei Autismus festgestellt werden. Eine solche Feststellung erfolgt für gewöhnlich durch den medizinischen Dienst der Krankenkassen (kurz – MDK – genannt).  Ist der Versicherte nicht gesetzlich krankenversichert, erfolgt eine medizinische Begutachtung über die private Krankenversicherung. Besteht keine private Krankenversicherung, kann eine Begutachtung auch durch die Pflegetagegeldversicherung selbst erfolgen.

Unterstützung nach Pflegebedürftigkeit bei Autismus

Ob der Versicherer infolge einer Pflegebedürftigkeit bei Autismus zur Zahlung eines Pflegetagegeldes verpflichtet ist, kann nicht pauschal bejaht werden. Zunächst muss der konkrete Nachweis einer Pflegebedürftigkeit bei Autismus erbracht werden. Dabei ist indes anzumerken, dass Versicherer oftmals an ein Pflegegutachten gebunden sind (siehe hierzu Bindung der Pflegetagegeldversicherung an Pflegegutachten (LG Krefeld)).

Weist der Versicherer den Antrag auf Zahlung eines Pflegetagegeldes zurück, kann es sich anbieten, die Rechtmäßigkeit der Leistungsablehnung dezidiert prüfen zu lassen. Dies gilt insbesondere, wenn sich der Versicherer darauf beruft, dass bei der Beantragung des Versicherungsschutzes Gesundheitsfragen falsch beantwortet worden seien (siehe hierzu Die vorvertragliche Anzeigepflicht) und der Versicherer daraufhin die Anfechtung oder den Rücktritt erklärt.

Die Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte verfügt über Fachanwälte für Versicherungsrecht, die in allen Phasen eines Leistungsverfahrens Versicherte unterstützen können. Die Kanzlei ist bundesweit tätig. Unsere Rechtsanwälte entwickeln gemeinsam mit den Mandanten eine individuelle Strategie, um berechtigte Ansprüche gegenüber dem Versicherer bestmöglich durchzusetzen.

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Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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Rechtsanwalt Jens Reichow unterstützt bei der Durchsetzung von Ansprüche auf Pflegetagegeld nach Pflegebedürftigkeit bei Autismus.