Mit der Frage, wann eine Kausalität zwischen Unfall und Invalidität vorliegt, beschäftigte sich das Oberlandesgericht Düsseldorf in seinem Urteil vom 28.05.2024 (Az.: 13 U 108/23). Konkret ging es darum, wer die Kausalität zwischen Unfall und Invalidität beweisen musste und ob die Wahrscheinlichkeit der Kausalität bereits ausreichend war.
Die Ehefrau des Versicherungsnehmers war seit 2005 an Multipler Sklerose erkrankt. Am 13.11.2017 erhielt die Ehefrau eine Grippeschutzimpfung. Wegen eines Taubheitsgefühls in den Füßen begab sie sich am 20.11.2017 in stationäre Behandlung in einem Krankenhaus. Dabei wurde das Guillain-Barré-Syndrom (GBS) diagnostiziert. Die Ehefrau litt an einem extremen Krankheitsverlauf, weshalb sie auf der Intensivstation behandelt wurde und später in ein anderes Krankenhaus verlegt wurde. Die Lähmungen verbesserten sich. Große Teile der Bewegungsfunktion blieben jedoch eingeschränkt.
Am 18.01.2018 beantragte der Versicherungsnehmer die Leistungen aus der Unfallversicherung. Mit Schreiben vom 01.06.2018 erkannte der Versicherer das Vorliegen eines Unfalls an und erklärte, dass die Leistungen ausbezahlt werden würden. Weiterhin gab der Versicherer an, dass die Dauerhaftigkeit und der Zusammenhang zwischen der Invalidität und der Vorerkrankung noch zu klären waren.
Die Ärztin der Ehefrau bescheinigte mit Schreiben vom 08.05.2019, dass die Invalidität voraussichtlich dauerhaft war. Ein impfmedizinisches Gutachten vom 20.05.2020 schätzte die Kausalität zwischen Unfall und Invalidität zwar als wahrscheinlich ein, konnte dies aber nicht mit Sicherheit feststellen. Zusätzlich zog der Versicherungsnehmer weitere Privatgutachten heran, die die Situation zwar in Teilen anders bewerteten, jedoch auch die Kausalität zwischen Unfall und Invalidität nicht mit Sicherheit feststellen konnten.
Da der Versicherer die Leistungen aus der Unfallversicherung verweigerte, verfolgte der Versicherungsnehmer seinen Anspruch vor dem Landgericht Kleve. Das Landgericht Kleve wies die Klage am 21.06.2023 (Az.: 6 O 75/19) ab, woraufhin der Versicherungsnehmer Berufung einlegte.
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Der Versicherer war der Ansicht, dass keine Kausalität zwischen Unfall und Invalidität bestand. Die Grippeimpfung sei also nicht ursächlich für das Auftreten des GBS gewesen. Vielmehr sei die Multiple Sklerose zu mindestens 80% mitursächlich für das GBS gewesen.
Nach der Auffassung des Versicherungsnehmers hingegen war das GBS vollständig auf die Grippeschutzimpfung zurückzuführen und stand in keinerlei Zusammenhang mit der Multiplen Sklerose. Außerdem sei er als Versicherungsnehmer nicht verpflichtet gewesen, die Kausalität zwischen Unfall und Invalidität nachzuweisen, da die Beweislast bei dem Versicherer lag.
Das Oberlandesgericht Düsseldorf schloss sich mit seiner Entscheidung dem Landgericht Kleve an. Es entschied, dass dem Versicherungsnehmer kein Anspruch auf Invaliditätsleistungen zustand, da die Kausalität zwischen Unfall und Invalidität nicht ausreichend nachgewiesen wurde (hierzu Kausalitätsnachweis bei unfallbedingter Invalidität (OLG Saarbrücken)).
Das Schreiben vom 01.06.2018 enthielt weder ein Schuldversprechen noch ein Schuldanerkenntnis des Versicherers. Da der Versicherer sich nur darauf bezog, dass er einen Unfall anerkannte, war es lediglich eine Absichtserklärung, die nicht rechtsverbindlich war. Die sonstigen Voraussetzungen für einen Leistungsanspruch wurden nicht thematisiert. Aus diesem Grund lag auch keine Beweislastumkehr vor. Diese hätte lediglich dann vorgelegen, wenn es sich tatsächlich um ein Schuldanerkenntnis gehandelt hätte (siehe auch Nachweis der unfallbedingten Invalidität (OLG Dresden)).
Seiner Beweislast kam der Versicherungsnehmer nicht nach. Alle vorgelegten Gutachten konnten die Kausalität nicht mit Sicherheit bestätigen. Die bloße Wahrscheinlichkeit der Kausalität zwischen Unfall und Invalidität, die das impfmedizinische Gutachten aufwies, war für einen Leistungsanspruch gegen den Versicherer nicht ausreichend (hierzu BGH, Urt. v. 29.01.2019 – IV ZR 113/17).
Das Urteil des Oberlandesgericht Düsseldorf zeigt, dass nur die Wahrscheinlichkeit einer Kausalität zwischen Unfall und Invalidität nicht ausreicht um einen Anspruch aus der Unfallversicherung zu begründen. Lehnt ein Versicherer die Leistungen aus der Unfallversicherung ab, kann es ratsam sein, sich durch einen im Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt beraten zu lassen und die genauen Umstände prüfen zu lassen. Hierfür stehen gerne auch Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte zur Verfügung.
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