Rechtsanwalt für private Krankenversicherung - PKV

Kostenerstattung für die Rückgängigmachung einer Sterilisation (OLG München)

In seinem Beschluss vom 06.11.2024 (Az.: 25 U 3800/23 e) befasste sich das Oberlandesgericht München mit der Frage der Kostenerstattung für die Rückgängigmachung einer Sterilisation.

Rückgängigmachung einer Sterilisation

Der Versicherungsnehmer unterhielt eine private Krankenversicherung. Anfang 2012 ließ der Versicherungsnehmer eine Sterilisation in Form einer Vasektomie durchführen. Dieser Eingriff wurde am 07.01.2020 operativ wieder rückgängig gemacht. Nach der Rückgängigmachung der Sterilisation gab der Versicherungsnehmer an, weiterhin an einer schweren Subfertilität in Form eines OAT-Syndroms zu leiden. Der Versicherungsnehmer erbat bei seiner privaten Krankenversicherung daher eine weiterführende Kostenerstattung für die Rückgängigmachung einer Sterilisation durch eine IVF/ICSI-Sterilitätsbehandlung. Dies lehnte die private Krankenversicherung mit Schreiben vom 17.03.2021 ab.

Dagegen klagte der Versicherungsnehmer vor dem Landgericht München I mit dem Ziel der Kostenerstattung für die Rückgängigmachung einer Sterilisation. Der Versicherer beantragte, die Klage abzuweisen.

Fertilitätsprobleme nach Sterilisation

Eine Kostenerstattung in der privaten Krankenversicherung (PKV) ist grundsätzlich nur dann möglich, wenn die medizinische Notwendigkeit einer Heilbehandlung wegen Krankheit oder Unfallfolgen besteht. Fraglich war also, ob die Fertilitätsprobleme eine Krankheit im Sinne der Versicherungsbedingungen darstellten.

Der Versicherer bestritt, dass eine organisch bedingte Sterilität vorlag. Die Fertilitätsprobleme seien auf die 2012 durchgeführte Sterilisation zurückzuführen, welche keine Krankheit im Sinne der Versicherungsbedingungen darstellte, da der Versicherungsnehmer diese freiwillig herbeigeführt hatte.

Das Landgericht München I entschied in seinem Urteil vom 31.08.2023 (Az.: 25 O 14999/21), dass der Versicherungsnehmer keinen Anspruch auf die Erstattung der Behandlungskosten hat. Als Krankheit kann grundsätzlich nur eine schicksalhafte Unfruchtbarkeit oder organisch bedingte Sterilität angesehen werden. Ein bewusster und gewollt herbeigeführter Zustand der Unfruchtbarkeit zu dem Zweck eine Schwangerschaft zu vermeiden ist keine solche Krankheit (so auch OLG Köln, Urt. v. 18.03.1993, Az.: 5 U 151/92). Außerdem sei innerhalb der Möglichkeiten eine vollständige Rückgängigmachung einer Sterilisation erfolgt, wodurch andere Krankheiten für die Fertilitätsprobleme verantwortlich wären.

Das Landgericht München I hatte hierzu auch ein ärztliches Gutachten eingeholt. Dem ärztlichen Gutachten zufolge, welches entscheidende Werte wie den FSH-Hormonwerte enthielt, war nicht davon auszugehen, dass bei dem Versicherungsnehmer bereits vor der Sterilisation Fertilitätsprobleme vorgelegen haben. Vielmehr sei anzunehmen gewesen, dass die Sterilisation und die nur teilweise mögliche Rückgängigmachung einer Sterilisation der Grund für die Fertilitätsprobleme waren.

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Keine Kostenerstattung für die Rückgängigmachung einer Sterilisation

Gegen das Urteil des Landgericht München I legte der Versicherungsnehmer Berufung ein. Die Berufung blieb jedoch erfolglos. Das Oberlandesgericht München hatte keine Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Landgericht München. Seinen Zurückweisungsbeschluss begründete das Oberlandesgericht München damit, dass kein Versicherungsfall vorlag, da es an einer Krankheit im Sinne der Versicherungsbedingungen fehlte.

Eine Krankheit ist objektiv nach ärztlichem Urteil ein anomaler, regelwidriger Körper- oder Geisteszustand (siehe Was ist eine Krankheit im Sinne der PKV? (BGH)). Wird ein solcher Zustand jedoch freiwillig und mit ärztlicher Hilfe herbeigeführt, kann dieser Zustand nicht als krankhaft bezeichnet werden, da sie keinen weiteren Behandlungsbedarf auslöst. Mit der freiwilligen Herbeiführung eines Krankheitszustandes hat sich der BGH bereits in einem anderen Fall beschäftigt (hierzu Kostenerstattung für die Auswechslung von Brustimplantaten gegenüber Krankenversicherung (BGH).

Der Versicherungsnehmer konnte in der vorliegenden Sache nicht darlegen, dass die Subfertilität auf einer vorherigen oder auch neuen organischen Ursache zurückzuführen ist. Treten die Fertilitätsprobleme auf natürliche Art und Weise auf, ist es grundsätzlich möglich, dass die Kosten für Sterilitätsbehandlungen von der PKV erstattet werden (siehe auch OLG Hamm: Kostenerstattung nach einer künstlichen Befruchtung).

Fazit

Bei der Kostenerstattung bei der privaten Krankenversicherung ist besonders auf die medizinische Notwendigkeit der Heilbehandlung und das Vorliegen einer Krankheit im Sinne der Versicherungsbedingungen zu achten. Begehrt der Versicherungsnehmer eine Kostenerstattung für die Rückgängigmachung einer Sterilisation, so stellt sich daher die Frage, welche Gründe für die Sterilität vorliegen. Daher kann es sich durchaus empfehlen, frühzeitig die Expertise durch einen im Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt in Anspruch zu nehmen. Gerne stehen hierfür Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte zur Verfügung.

Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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