In seinem Urteil vom 12.06.2018 befasste sich das Landgericht Neuruppin (Az.: 1 O 330/17) mit der Thematik, wann der Rechtsschutzfall im Nachprüfungsverfahren der Berufsunfähigkeitsversicherung eintritt.
Die Ehefrau des Versicherungsnehmers war als Buchhalterin tätig und unterhielt außerdem eine Berufsunfähigkeitsversicherung. Im Jahr 2007 erkrankte sie und stellte daraufhin einen Antrag auf Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung. Der Berufsunfähigkeitsversicherer erkannte die Leistungen mit Schreiben vom 06.11.2008 an. In den Jahren 2009 und 2013 führte der Berufsunfähigkeitsversicherer jeweils ein Nachprüfungsverfahren durch. Die Berufsunfähigkeitsrente zahlte er jedoch weiter.
Am 15.09.2016 leitete der Versicherer erneut ein Nachprüfungsverfahren ein. Die Ehefrau des Versicherungsnehmers wurde gebeten, Fragebögen auszufüllen und es wurden Gesundheitsauskünfte bei der behandelnden Ärztin eingeholt. Am 06.12.2016 teilte der Versicherer der Ehefrau mit, dass noch ein psychiatrisches Gutachten erforderlich sei.
Zum 17.12.2016 schloss der Versicherungsnehmer eine Rechtsschutzversicherung ab. Die Ehefrau des Versicherungsnehmers war bei der Rechtsschutzversicherung mitversichert.
Im März 2017 teilte der Berufsunfähigkeitsversicherer der Ehefrau mit, dass sie nicht mehr psychisch krank und deshalb auch nicht mehr berufsunfähig sei. Aus dem Grund stellte der Berufsunfähigkeitsversicherer ab dem 01.06.2017 die Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente ein. Um gegen diese Leistungseinstellung vorgehen zu können, suchte der Versicherungsnehmer für das Verfahren seiner Ehefrau um Deckungsschutz gegenüber der Rechtsschutzversicherung nach. Diese wiederum lehnte den Versicherungsschutz wegen Vorvertraglichkeit ab.
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Die Rechtsschutzversicherung lehnte den Versicherungsschutz ab, da sie der Auffassung war, der Rechtsschutzfall im Nachprüfungsverfahren sei bereits mit der Mitteilung vom 15.09.2016 über das Nachprüfungsverfahren oder aber zumindest mit der Mitteilung, es sei noch ein psychiatrisches Gutachten einzuholen vom 06.12.2016 eingetreten. Der Versicherungsnehmer dagegen war der Meinung, es habe keine Vorvertraglichkeit vorgelegen, da die streitauslösende Willenserklärung erst die endgültige Ablehnung der Fortzahlung der Berufsunfähigkeitsrente mit Schreiben vom 10.04.2017 war (siehe Der Zeitpunkt des Rechtsschutzfalles beim Aktivprozess (BGH)).
Das Landgericht Neuruppin gab dem Versicherungsnehmer Recht und entschied, dass das Versicherungsverhältnis zum Zeitpunkt der streitauslösenden Willenserklärung bereits bestand. Der Rechtsschutzfall im Nachprüfungsverfahren trat erst mit Erklärung des Versicherers vom 10.04.2017 über die Leistungseinstellung ein.
Die Mitteilung über das Nachprüfungsverfahren vom 15.09.2016 ließ nicht direkt erkennen, dass ein Rechtsverstoß in Form einer Leistungseinstellung folgen würde. Vielmehr sei dies zunächst nicht weiter bedenklich, da ein solches Nachprüfungsverfahren alle vier Jahre durchgeführt worden war.
Die Mitteilung über das benötigte psychiatrische Gutachten hätte zwar grundsätzlich eine streitauslösende Willenserklärung im Nachprüfungsverfahren darstellen können. Dies hätte jedoch nicht den Zweck der zugrundeliegenden Regelung erfüllt. Der Rechtsschutzfall sollte möglichst eindeutig bestimmbar und für alle Beteiligten erkennbar sein. Vorliegend war für die Ehefrau des Versicherungsnehmers keinesfalls mit der Leistungseinstellung zu rechnen, da es dafür keine Anhaltspunkte gab.
Bis zu der Erklärung der Leistungseinstellung handelte es sich lediglich um vertragliche Abwicklungen, die noch keinen Rechtsstreit auslösten. Der Versicherungsnehmer und seine Ehefrau haben dementsprechend Anspruch auf Versicherungsschutz der Rechtsschutzversicherung.
Mit seiner Entscheidung folgte das Landgericht Neuruppin der Entscheidung des BGH vom 24.04.2013 (siehe Rechtsschutzdeckung für Verfolgung von Ansprüchen aus abgewickelter Lebensversicherung (BGH)) mit der Auffassung, dass es grundsätzlich nur auf den Zeitpunkt des vom Versicherungsnehmer behaupteten Verstoß des Gegners ankommt. Das Urteil des Landgericht Neuruppin zeigt jedoch, dass der Rechtsschutzfall im Nachprüfungsverfahren anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls festgestellt werden muss und nicht pauschal festgelegt werden kann. Der Zeitpunkt des Rechtsschutzfall im Nachprüfungsverfahren ist deswegen so relevant, da zu klären ist, ob die Rechtsschutzversicherung zu diesem Zeitpunkt schon bestand oder nicht (hierzu Der maßgebende Zeitpunkt für den Eintritt des Rechtsschutzfalls (BGH)). Sollten Streitigkeiten mit Versicherern auftreten oder bereits bestehen, kann es von Vorteil sein, sich an einen Fachanwalt im Bereich Versicherungsrecht zu wenden. Gerne stehen hierfür auch Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte zur Verfügung.
Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.
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