Versicherung zahlt nicht bei Autodiebstahl Rechtsanwalt

Obliegenheiten nach einem Motorraddiebstahl (OLG Dresden)

Das Oberlandesgericht Dresden befasste sich in seinem Beschluss vom 10.06.2024 (Az.: 4 U 226/24) mit den Obliegenheiten nach einem Motorraddiebstahl. Konkret ging es dabei um die Pflicht zur Herausgabe eines Ersatzschlüssels.

Anzeige eines Motorraddiebstahls

Der Versicherungsnehmer besaß seit April 2021 ein Motorrad, welches er als Neufahrzeug erworben hatte. Beim Kauf wurde ein Hauptschlüssel und ein Ersatzschlüssel übergeben. Der Hauptschlüssel funktionierte über Funk, der Ersatzschlüssel dagegen nicht.

Am 17.10.2021 erstattete der Versicherungsnehmer Anzeige wegen Motorraddiebstahls. Dabei gab er an, das Motorrad an dem Abstellort nicht mehr aufgefunden zu haben. Außerdem sei er im Besitz der beiden Schlüssel gewesen.

Mit Schreiben vom 18.10.2021 forderte der Versicherer den Versicherungsnehmer auf, alle in seinem Besitz befindlichen Fahrzeugschlüssel herauszugeben. Außerdem übersandte der Versicherer dem Versicherungsnehmer einen Fragebogen zum Schadensfall. Im Fragebogen des Versicherers gab der Versicherungsnehmer daraufhin jedoch an, dass er zum Zeitpunkt des Erwerbs des Motorrads, als auch zum Zeitpunkt des Diebstahls lediglich einen Schlüssel besessen habe In dem Fragebogen wurde explizit darauf hingewiesen, dass eine Verletzung der Obliegenheit der wahrheitsgemäßen Auskunft rechtliche Folgen nach sich ziehen kann. Der Versicherungsnehmer übersandte später auch nur den Hauptschlüssel an den Versicherer.

Auf Nachfrage des Versicherers am 29.03.2022 wiederum entgegnete der Versicherungsnehmer, dass der Ersatzschlüssel noch für das Kofferset benötigt würde und erst nach der Schadensregulierung übergeben werden könne. Am 22.05.2022 wurde der Ersatzschlüssel dann übersandt. Mit Schreiben vom 04.07.2022 lehnte der Versicherer eine Schadensregulierung jedoch ab.

Obliegenheiten nach einem Motorraddiebstahl verletzt

Daraufhin klagte der Versicherungsnehmer vor dem Landgericht Leipzig. Das Landgericht Leipzig wies die Klage jedoch am 18.01.2024 (Az.: 3 O 1834/22) ab. Grund dafür sei die Verletzung der Obliegenheiten nach einem Motorraddiebstahl, weshalb der Versicherer von den Leistungen befreit sei. Auch nach erneuter Nachfrage bezüglich des Ersatzschlüssels hatte der Versicherungsnehmer diesen nicht herausgeben wollen, was eine Obliegenheitsverletzung darstellt. Das diese Verletzung der Obliegenheiten nach einem Motorraddiebstahl keine Auswirkungen auf die Schadensabwicklung hat, konnte der Versicherungsnehmer nicht darlegen.

Gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig legte der Versicherungsnehmer Berufung ein. Er war der Meinung, man könne ihm keine Verletzung der Obliegenheiten nach einem Motorraddiebstahl vorwerfen. Der Versicherungsnehmer war der Annahme, der Ersatzschlüssel sei nicht geeignet gewesen, um das Motorrad zu starten. Aus diesem Grund hat er die Existenz eines weiteren Schlüssels verneint. Nachdem er seinen Irrtum bemerkte, übersendete er den Ersatzschlüssel, was der Versicherer allerdings nicht annahm.

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Herausgabe des Ersatzschlüssels ist eine Obliegenheit!

Das Oberlandesgericht Dresden kam zu der gleichen Entscheidung wie das Landgericht Leipzig. Das Verschweigen und die Nichtherausgabe des Ersatzschlüssels erfolgte vorsätzlich, so das Oberlandesgericht Dresden. Die Beweislast bei einer Obliegenheitsverletzung liegt zwar eigentlich bei dem Versicherer, den Versicherungsnehmer trägt jedoch auch eine Substanziierungslast. Das bedeutet, dass der Versicherungsnehmer die zu seiner Obliegenheitsverletzung führenden Umstände, die seinem Verantwortungsbereich angehören darlegen oder zugänglich machen muss (vgl. OLG Celle Urt. v. 30.11.2017 – 8 U 27/17).

Die Behauptung des Versicherungsnehmers, er habe nicht gewusst, dass er mit dem Ersatzschlüssel das Motorrad starten könne, war nach Ansicht des OLG Dresden nicht überzeugend. In dem Übergabeprotokoll des Schlüssels wurde nämlich explizit von einem „Ersatzschlüssel“ gesprochen. Aus dieser Formulierung lässt sich eindeutig schließen, dass damit auch das Motorrad gestartet werden kann und dieser nicht nur für das Öffnen des Kofferset vorgesehen ist. Auch wenn der Versicherungsnehmer keine rechtlichen Vorkenntnisse hat, ist im Allgemeinen anzunehmen, dass er die Feststellungen des Versicherers nicht nur nicht erschweren darf, sondern dabei auch unterstützen soll (vgl. Aufklärungsobliegenheiten bei einem Autodiebstahl (OLG Saarbrücken)). Ein Bemühen, bei der Aufklärung zu unterstützen lässt sich nicht erkennen, vielmehr wurde diese erschwert.

Durch die Aussage des Versicherungsnehmers, er übersende den Ersatzschlüssel nach der Schadensregulierung, ging weiterhin hervor, dass ihm bewusst war, dass der Ersatzschlüssel relevant war und der Versicherer diesen bräuchte. Darüber hinaus kann die Übergabe des Schlüssels nicht von der Zahlung der Versicherungsleistung abhängig gemacht werden, da dem Versicherer dadurch die nötigen Aufklärungsmöglichkeiten genommen werden.

Die grundlose Verweigerung den Fahrzeugschlüssel zu übergeben, führt folglich zu der vollständigen Leistungsbefreiung des Versicherers, da dies eine arglistige Verletzung der Auskunftsobliegenheit begründet. Auch war das Oberlandesgericht Dresden der Ansicht, der Versicherungsnehmer wollte durch sein Verhalten bewusst die Sachverhaltsermittlung erschweren und letztlich erzwingen, dass der Schadensfall ohne weitere Prüfung übernommen wird und der Schaden reguliert wird. Eine Verletzung der Obliegenheiten nach einem Motorraddiebstahl liegt folglich vor.

Fazit

Gibt es Unklarheiten in einem Versicherungsfall ist es von großer Bedeutung, die genaue Sachlage zu betrachten. Dies gilt gerade auch im Zusammenhang von Obliegenheitsverletzung im Schadensfall (siehe auch Täuschung über die Laufleistung eines Kfz (OLG Köln)). Daher kann es sich durchaus anbieten, einen im Versicherungsrecht tätigen Rechtsanwalt zu kontaktieren und diesen mit der Prüfung der genauen Umstände zu beauftragen. Gerne stehen hierfür auch Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte zur Verfügung. Weitere Informationen finden Sie auch unter Versicherung zahlt nicht nach Autodiebstahl?

Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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Rechtsanwalt Jens Reichow erklärt, welche Obliegenheiten nach einem Motorraddiebstahl für Versicherte bestehen.

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