Das Oberlandesgericht Köln beschäftigte sich in seinem Urteil vom 06.09.2024 (Az.: 20 U 90/24) mit der Thematik, welche Partei bei einer Fortzahlung des Krankentagegeldes den Beweis der fingierten Berufsunfähigkeit zu erbringen hat.
Der Versicherungsnehmer unterhielt eine Krankentagegeldversicherung, als auch eine Berufsunfähigkeitsversicherung. Zunächst erhielt der Versicherungsnehmer aufgrund der Arbeitsunfähigkeit ein Krankentagegeld. Der Versicherungsnehmer stellte jedoch im August 2017 zusätzlich einen Leistungsantrag bei der Berufsunfähigkeitsversicherung, da er seit dem 31.01.2017 durchgängig arbeitsunfähig war (siehe auch: Der Leistungsantrag in der Berufsunfähigkeitsversicherung). Zunächst wurde dem Versicherungsnehmer angeraten, die Berufsunfähigkeitsrente erst ab dem 01.04.2018 zu beziehen, damit es keine Überschneidungen oder Probleme mit dem Krankentagegeld gibt. Letztendlich jedoch wurden die Rentenzahlungen rückwirkend ab dem 01.02.2017 bewilligt.
Daraufhin teilte der Krankentagegeldversicherer dem Versicherungsnehmer mit Schreiben vom 03.04.2018 mit, dass seine Krankentagegeldversicherung zum 30.06.2018 enden würde, da das Versicherungsverhältnis laut geschlossenem Vertrag mit dem Eintritt der Berufsunfähigkeit endet. Hiermit war der Versicherungsnehmer nicht einverstanden und erhob vor dem Landgericht Köln Klage auf Feststellung des Fortbestandes des Versicherungsvertrages und auf Fortzahlung des Krankentagegeldes.
Das Landgericht Köln gab in seinem Urteil vom 20.03.2024 (Az.: 23 O 212/18) dem Versicherungsnehmer Recht und stellte fest, dass das Verhältnis der Krankentagegeldversicherung weiterhin bestand und der Versicherer somit für den Zeitraum vom 01.04.2018 bis zum 30.04.2020 ein Krankentagegeld an den Versicherungsnehmer zahlen muss. Das LG Köln begründete seine Entscheidung damit, dass die Gründe für die Zahlung der Berufsunfähigkeitsrente nicht ersichtlich gewesen seien und den Unterlagen kein ärztliches Gutachten beilag. Es stand also nach Auffassung des LG Köln nicht fest, ob es sich um eine tatsächliche Berufsunfähigkeit handelte.
Der Versicherer war mit der Entscheidung des LG Köln nicht einverstanden und legte hiergegen Berufung ein. Der Versicherer argumentierte, die Berufsunfähigkeitsrente sei nicht aufgrund einer fingierten Berufsunfähigkeit gewährt worden, sondern wegen einer tatsächlich eingetretenen Berufsunfähigkeit. Weiterhin war der Versicherer der Meinung, die Beweislast für eine fingierte Berufsunfähigkeit läge auf der Seite des Versicherungsnehmers. Die Parteien stritten folglich nicht über den Bezug der Berufsunfähigkeitsrente, sondern darüber, bei wem die Beweislast der fingierten Berufsunfähigkeit lag.
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Das Oberlandesgericht Köln gab dem Versicherer Recht und entschied, dass das Versicherungsverhältnis durch den Bezug der Berufsunfähigkeitsrente beendet wurde, da der Versicherungsnehmer den Beweis der fingierten Berufsunfähigkeit nicht erbracht hatte. Grundsätzlich ist für die Beendigung der Krankentagegeldversicherung nämlich nur der Bezug einer Berufsunfähigkeitsrente nötig.
Es gibt jedoch eine Ausnahme, dass der Bezug einer Berufsunfähigkeitsrente, die sich auf eine fingierte Berufsunfähigkeit stützt, nicht zu der Beendigung des Versicherungsverhältnisses führt. Die Beweislast für den Bezug der Berufsunfähigkeitsrente an sich liegt bei dem Versicherer. In diesem Punkt waren sich die Parteien jedoch auch nicht uneinig. Entscheidend war hier, ob sich die Berufsunfähigkeitsrente auf eine tatsächliche oder eine fingierte Berufsunfähigkeit stützt und bei wer den Beweis der fingierten Berufsunfähigkeit zu erbringen hatte.
Das Oberlandesgericht Köln hat entschieden, dass der Versicherungsnehmer den Beweis der fingierten Berufsunfähigkeit zu erbringen hatte. Seinerseits war zu beweisen, dass sich die Berufsunfähigkeitsrente lediglich auf eine fingierte Berufsunfähigkeit bezog und nicht auf eine tatsächliche Berufsunfähigkeit (siehe auch: Beendigung des Krankentagegeldes durch Berufsunfähigkeit? (OLG Saarbrücken)). Für den Versicherungsnehmer ist es nämlich erkennbarer als für den Krankentagegeldversicherer, aus welchen Gründen die Berufsunfähigkeitsversicherung eine Berufsunfähigkeit zugesprochen hat. Aus diesem Grund war es die Verantwortung des Versicherungsnehmers nachzuweisen, dass lediglich eine fingierte Berufsunfähigkeit vorlag. Da dem Versicherungsnehmer dieser Beweis der fingierten Berufsunfähigkeit jedoch nicht ausreichend gelungen ist, wurde das Versicherungsverhältnis mit Anfang des Bezugs der Berufsunfähigkeitsrente beendet und es konnte keine Fortzahlung des Krankentagesgeldes verlangt werden.
Das Urteil des Oberlandesgericht Köln zeigt, dass die Beweislast je nach Tatbestand auf unterschiedlichen Seiten liegen kann und dies große Auswirkungen auf das Ergebnis eines Gerichtsprozesses haben kann. Fordert der Versicherungsnehmer also die Fortzahlung des Krankentagegeldes, sollte man genau prüfen ob die nötigen Voraussetzungen jeweils vorliegen. Im Zweifel kann es sich dabei anbieten auch auf die weiterführende Beratung eines im Versicherungsrechts spezialisierten Rechtsanwaltes zurückzugreifen. Gerne stehen hierfür auch Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte zur Verfügung, welche sich auf den Bereich der Berufsunfähigkeitsversicherung spezialisierten haben.
Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.
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