Rechtsanwalt für Berufsunfähigkeit unterstützt bei der Geltendmachung von Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung (Berufsunfähigkeitsrente)

Zeitpunkt der Kenntniserlangung beim Rücktritt der Berufsunfähigkeitsversicherung (BGH)

Mit der Frage, wer den Zeitpunkt der Kenntniserlangung bei einem Rücktritt durch eine Berufsunfähigkeitsversicherung beweisen muss, wenn der Versicherer von der Verletzung einer vorvertraglichen Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers Kenntnis erlangt hat, hatte sich der BGH zu befassen (BGH, Urt. v. 29.05.1980 – IVa ZR 6/80).

Versicherungsnehmer verschweigt Herzprobleme

Der Versicherungsnehmer hatte 20 Jahre vor Abschluss des Lebensversicherungsvertrages, der auch eine Berufsunfähigkeitsversicherung beinhaltete, erstmals gegenüber einem Versorgungsamt angegeben, Unregelmäßigkeiten bezüglich des Herzens zu verspüren. Aufgrund gefühlter Stiche und eines Drucks in der Herzgegend war er in der Folgezeit mehrmals bei verschiedenen Ärzten. Trotzdem gab er anschließend bei einer Untersuchung eines durch die Versicherung mit einem Fragebogen ausgestatteten Arztes an, dass er keine Beschwerden mit dem Herzen habe. Zudem gab er in einem schriftlichen Fragebogen ebenfalls an, keine Beschwerden mit dem Herzen zu haben. Wenige Jahre später erlangte der Versicherer Kenntnis vom früheren Antrag des Versicherten gegenüber dem Versorgungsamt und erklärte daraufhin den Rücktritt vom Versicherungsvertrag.

Vorvertragliche Anzeigepflicht des Versicherungsnehmers

Generell hat der Versicherungsnehmer vor Vertragsschluss alle ihm bekannten, für den Vertragsschluss aus Sicht des Versicherers erheblichen Gefahrumstände anzugeben, nach denen der Versicherer gefragt hat (siehe auch: Die vorvertragliche Anzeigepflicht). Fragt der Versicherer nicht nach einer vorliegenden Erkrankung, ist diese nur ausnahmsweise anzugeben (siehe dazu: Die spontane Anzeigeobliegenheit – ein Mythos oder gelebte Pflicht?).

Da im vorliegenden Fall unstreitig war, dass der Versicherer den Versicherungsnehmer ausdrücklich in Textform nach „Beschwerden des Herzens“ gefragt hatte, traf den Versicherungsnehmer die Pflicht, die von ihm wahrgenommenen Stiche und den Druck in der Herzgegend gegenüber dem Versicherer mitzuteilen. Dieser Plicht kam der Versicherungsnehmer nach Ansicht des BGH nicht nach, da er Beschwerden mit dem Herzen bei der Untersuchung gegenüber dem Arzt verneinte.

Daran änderte nach Ansicht des BGH auch der Umstand nichts, dass zunächst der Arzt und nicht die Versicherung selbst nach den Beschwerden gefragt hatte. Der Arzt sei von der Versicherung mit der Aufgabe betreut worden, den von der Versicherung gestellten Fragebogen gemeinsam mit dem Versicherungsnehmer während der Untersuchung auszufüllen. Damit sei der Fragebogen wegen der Befugnis des Arztes als Nachfrage der Versicherung einzuordnen. Eine anderweitige Beurteilung der Verletzung der Anzeigepflicht kann sich in diesem Fall nur daraus ergeben, wenn der Arzt für die Versicherung wesentliche, von ihm selbst jedoch als unwesentlich erkannte Sachverhalte herausgefiltert hätte. Ob dies vorliegend der Fall war, musste jedoch wegen des unstreitig zeitlich später ausgefüllten schriftlichen Fragebogens nach Ansicht des BGH nicht geklärt werden.

Rechtsanwalt für Versicherungsrecht

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Wer muss den Zeitpunkt der Kenntniserlangung beweisen?

Liegt eine Verletzung der Anzeigepflicht vor, darf der Versicherer grundsätzlich durch Erklärung gegenüber dem Versicherungsnehmer vom Versicherungsvertrag zurücktreten (siehe auch Rücktritt vom Versicherungsvertrag), da das Gesetz davon ausgeht, dass der Versicherungsnehmer die vorvertragliche Anzeigepflicht vorsätzlich verletzt hat. Die für den Rücktritt notwendige Erklärung muss der Versicherer dabei innerhalb eines Monats nach Kenntnis der Verletzung der Anzeigepflicht durch den Versicherungsnehmer abgeben.

Daraus ergibt sich die in der Praxis häufig relevante Frage, wann der Versicherer Kenntnis von der Verletzung der Anzeigepflicht erlangt hat. Je nach Zeitpunkt der Kenntnis kann es vorkommen, dass ein Rücktritt für en Versicherer verfristet ist und sich der Versicherer am Vertrag festhalten lassen muss, obwohl er sich aufgrund der Verletzung der Anzeigepflicht grundsätzlich vom Vertrag lösen möchte.

Da über entscheidungserhebliche Tatsachen vor Gericht gestritten wird, ist eindeutig festgelegt, wer die Beweis- und Darlegungslast für welche Tatsachen zu tragen hat. Die Grundregel besagt, dass die Partei die Beweis- und Darlegungslast für eine Tatsache trägt, für die jene Tatsache günstig ist. Im Fall der vorvertraglichen Verletzung der Anzeigepflicht ist der Vortrag über einen Zeitpunkt der Kenntnis des Versicherers für den Versicherungsnehmer günstig. Denn findet kein Vortrag zu dieser Tatsache statt, dürfte das Gericht annehmen, dass die Versicherung von der Verletzung der Anzeigepflicht unmittelbar vor Erklärung des Rücktritts Kenntnis erlangt hat. Darzulegen und zu beweisen, dass die Kenntnis über einen Monat vor Ausübung des Rücktrittsrechts gegeben war, ist damit Sache des Versicherungsnehmers: Er muss den Zeitpunkt der Kenntniserlangung beweisen.

Dies stellte im vorliegenden Fall auch der BGH so fest. Zudem merkte er an, dass von der Seite des Versicherungsnehmers kein Vortrag zum Zeitpunkt der Kenntniserlangung getätigt worden war.

Fazit und Hinweise

Der BGH hat sich deutlich zu der Beweis- und Darlegungslast hinsichtlich des Zeitpunkts der Kenntniserlangung des Versicherers von der vorvertraglichen Verletzung der Anzeigepflicht geäußert: Der Versicherungsnehmer muss den Zeitpunkt der Kenntniserlangung beweisen. Umso wichtiger ist es, dass schlüssiger und erheblicher Vortrag zu diesem Problemkreis durch den Versicherten erfolgt. Denn ansonsten werden Gerichte davon ausgehen, dass Gestaltungsrechte durch den Versicherer rechtzeitig geltend gemacht worden sind.,

Um stets die Besonderheiten des Falles ausreichend zu berücksichtigen und z. B. im richtigen Moment im Versicherungsprozess Vortrag zum Zeitpunkt der Kenntniserlangung anzubringen, kann es sich durchaus anbieten, einen im Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt mit der konkreten Prüfung zu beauftragen. Gerne stehen hierfür auch Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte zur Verfügung.

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Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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Fachanwalt für Versicherungsrecht erklärt, weshalb der Zeitpunkt der Kenntniserlangung beim Rücktritt der Berufsunfähigkeitsversicherung wichtig ist.

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