Falschberatung durch Versicherungsvermittler, Versicherungsvertreter, Versicherungsmakler Beweislast

Verjährung & Pflicht zur Prüfung des Versicherungsscheins (LG Arnsberg)

Das Landgericht Arnsberg hatte sich mit Urteil vom 21.08.2024 (Az.: 3 S 66/23) mit der Haftung eines Versicherungsmaklers im Zusammenhang mit einem Wechsel der privaten Krankenversicherung zu befassen. Dabei ging es auch um die Verjährung von etwaigen Ansprüchen und die konkrete Frage ob seitens des Versicherungsnehmers eine Pflicht zur Prüfung des Versicherungsscheins im Hinblick auf den Versicherungsschutz der neu abgeschlossenen Krankenversicherung besteht.

Vermittlerhaftung wegen PKV-Wechsel

Der Versicherungsnehmer begab sich 2014 in die Beratung durch einen Versicherungsmakler. Gegenstand der Beratung war der etwaige Wechsel der privaten Krankenversicherung (PKV). Der Versicherungsnehmer verfügte damals bereits über eine private Krankenversicherung. Diese beinhaltete auch sogenannte Wahlleistungen für stationäre Heilbehandlung (Chefarztbehandlung, Zweibettzimmer).

Als Ergebnis der Beratung erfolgte ein Wechsel der privaten Krankenversicherung. Die neu gewählte Krankenversicherung umfasste danach keinen Versicherungsschutz mehr für sogenannte Wahlleistungen für stationäre Heilbehandlung (Chefarztbehandlung, Zweibettzimmer). Im Rahmen des 2015 übersandten Versicherungsscheins war dies auch ersichtlich, jedoch hatte der Versicherungsnehmer damals den Versicherungsschein nicht näher geprüft.

Im Jahr 2020 war ein Krankenhausaufenthalt des Versicherungsnehmers erforderlich. Anschließend machte der Versicherungsnehmer Schadensersatzansprüche gegenüber dem Versicherungsmakler geltend. Er behauptete, er habe ausdrücklich einen günstigeren, aber leistungsgleichen Krankenversicherungstarif wählen wollen. Soweit der neu abgeschlossene Krankenversicherungstarif keinen Versicherungsschutz für Wahlleistungen beinhalte, sei er also schlechter gestellt. Der Versicherungsmakler bestreitet hingegen jedoch eine Falschberatung. Außerdem erhebt er die Einrede der Verjährung, weil der Umfang des Versicherungsschutzes für den Versicherungsnehmer bereits aufgrund des 2015 übersandten Versicherungsscheins ersichtlich gewesen wäre, sodass eine Verjährung von etwaigen Ansprüchen bereits mit Ablauf des 31.12.2018 eingetreten wäre.

Das AG Werl hat die Klage mit Urteil vom 08.05.2023 abgewiesen. Hiergegen hat der Versicherungsnehmer Berufung eingelegt, sodass nunmehr das Landgericht Arnsberg über den Fall zu entscheiden hatte.

LG Arnsberg bejaht Maklerhaftung

Das Landgericht Arnsberg gab der Berufung des Versicherungsnehmers statt und verurteilte den Versicherungsmakler.

Kein Hinweis auf die Verschlechterung des Versicherungsschutzes

Zunächst ging das Landgericht Arnsberg von einer Beratungspflichtverletzung des Versicherungsmaklers aus. Auf der Grundlage der Beweisaufnahme ergab sich für das Landgericht Arnsberg, dass der Versicherungsnehmer zwar Beiträge seiner privaten Krankenversicherung habe sparen wollen, jedoch nicht bereit gewesen sei, den Leistungsumfang seiner Krankenversicherung zu reduzieren. Der Wegfall der sogenannten Wahlleistungen für stationäre Heilbehandlung (Chefarztbehandlung,

Zweibettzimmer) sei jedoch eine Reduzierung des Leistungsumfanges gewesen. Hierüber hätte der Versicherungsnehmer daher seitens des Versicherungsmaklers aufgeklärt werden müssen.

Eine solche Aufklärung über den geringeren Versicherungsschutz der neuen Krankenversicherung war jedoch nicht erfolgt. Im Rahmen der Beweisaufnahme hatte der Mitarbeiter des Versicherungsmaklers, der die Beratung durchgeführt hatte, eingeräumt, dass er einen entsprechenden Hinweis nicht erteilt habe. Dem Mitarbeiter des Versicherungsmaklers sei die Schlechterstellung des Versicherungsschutzes vielmehr selbst nicht aufgefallen.

Wurden Sie falsch beraten?

Rechtsanwalt für Versicherungsrecht

Bundesweite Unterstützung durch Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte

Die Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow unterstützt ihre Mandanten bundesweit in versicherungsrechtlichen Streitigkeiten. Unsere Rechtsanwälte unterstützen Sie dabei, zu Ihrem Recht zu kommen und stehen Ihnen zunächst gerne für einen kostenfreien Erstkontakt zur Verfügung.

Zur Kontaktaufnahme

Keine Pflicht zur Prüfung des Versicherungsscheins

Der Schadensersatzanspruch des Versicherungsnehmers war auch nicht verjährt. Zwar sei, der Schadensersatzanspruch des Versicherungsnehmers bereits mit Abschluss der neuen privaten Krankenversicherung entstanden, so das Landgericht Arnsberg. Neben der Entstehung des Anspruches bedarf es für den Beginn der regelmäßigen Verjährung jedoch auch einer Kenntnis bzw. einer grob fahrlässigen Unkenntnis der anspruchsbegründenden Umstände.

Nach Ansicht des Landgericht Arnsberg genügt es für eine grob fahrlässige Unkenntnis des Versicherungsnehmers jedoch nicht, dass der Versicherungsnehmer den Wegfall des Versicherungsschutzes für die sogenannten Wahlleistungen für stationäre Heilbehandlung (Chefarztbehandlung, Zweibettzimmer) bei Durchsicht seiner ihm nach Abschluss des Versicherungsvertrages übersandten Unterlagen, insbesondere des Versicherungsscheins, hätte selbst erkennen können. Eine Pflicht zur Prüfung des Versicherungsscheins sowie der darüber hinaus übersandten Unterlagen bestehe seitens des Versicherungsnehmers nicht.

Fazit

Das Landgericht Arnsberg verneinte in dem vorliegenden Fall eine Pflicht zur Prüfung des Versicherungsscheins des Versicherungsnehmers und lehnte damit auch ein Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist mit Übersendung der Versicherungsunterlagen ab. Dies ist jedoch durchaus kontrovers zu sehen. Andere Gerichte gingen durchaus davon aus, dass sich der Inhalt des Versicherungsschutzes aus dem Versicherungsschein entnehmen lässt, sodass es zu einer grob fahrlässigen Unkenntnis und damit zu einem Verjährungsbeginn kommen kann (siehe hierzu Verjährung von Schadensersatzansprüchen wegen Falschberatung (OLG Zweibrücken)).

In Fällen der Haftung des Versicherungsmaklers bedarf es daher stets einer genauen Prüfung des Einzelfalles. Daher kann es sich durchaus empfehlen, frühzeitig die weiterführende Beratung durch einen im Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt einzuholen. Gerne stehen hierfür auch Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte zur Verfügung. Weiterführende Informationen finden Sie auch unter Haftung und Beweislast für Beratungsfehler bei Vermittlung einer Versicherung

Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

Zum Anwaltsprofil

Rechtsanwalt erläutert Urteil zur Verjährung & Pflicht zur Prüfung des Versicherungsscheins.

Mandantenstimmen:

Mit unserer Kompetenz streiten wir ehrgeizig für Ihr Ziel, nämlich Ihre Interessen durchzusetzen! Wir freuen uns, dass unsere Mandanten-/-innen unser Engagement schätzen und positiv bewerten.

Hinweise zu Kundenbewertungen

Bleiben Sie informiert – unser Newsletter!

Verpassen Sie auch zukünftig keinen Beitrag unserer Kanzlei. Über unseren 2mal monatlich erscheinenden Newsletter erhalten Sie stets die aktuellen Beiträge unserer Kanzlei zu den Themen Versicherungsrecht, Bank- und Kapitalmarktrecht, Vertriebsrecht, Handelsvertreterrecht, Wettbewerbsrecht und Arbeitsrecht. Wir freuen uns auf Ihre Anmeldung.