In dem Urteil vom 01.08.2024 (Az.: 25 U 7500/22 e) befasste sich das Oberlandesgericht München mit der Frage, wann ein rückwirkend befristetes Anerkenntnis vorliegt und ob eine gleichzeitige Änderungsmitteilung enthalten ist.
Der Versicherungsnehmer war in der Vergangenheit aufgrund eines psychosomatischen Syndroms in Form eines Burn-out gemäß eines ärztlichen Gutachtens zu 100% in seiner Berufstätigkeit beeinträchtigt (siehe auch Berufsunfähigkeit wegen Burn-out). Mit Schreiben vom 27.01.2016 erkannte der Versicherer die Berufsunfähigkeit des Versicherungsnehmers für einen bereits zurückliegenden Zeitraum vom 01.03.2014 bis 30.06.2015 an. Daher hatte erhielt der Versicherungsnehmer bereits für den Zeitraum vom 01.03.2014 bis 30.06.2015 Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung.
Der Versicherungsnehmer fordert die Zahlung der monatlichen Berufsunfähigkeitsrente ab dem 01.07.2015. Das Landgericht Traunstein wies die Klage des Versicherungsnehmers ab, da ab dem 01.07.2015 keine Berufsunfähigkeit mehr bei dem Versicherungsnehmer vorgelegen habe. Gegen das Urteil des Landgericht Traunstein vom 11.11.2022 (Az.: 1 O 2237/17) legte der Versicherungsnehmer Berufung ein und begehrt weiterhin die Fortzahlung der Berufsunfähigkeitsrente.
Die Berufung des Versicherungsnehmers hatte teilweise Erfolg. Das Oberlandesgericht München entschied, dass der Versicherungsnehmer einen Anspruch auf Zahlung einer Berufsunfähigkeitsrente für den Zeitraum vom 01.07.2015 bis zum 30.04.2016 und auf die Beitragsbefreiung für ebendiesen Zeitraum hat. Weitere Ansprüche stehen dem Versicherungsnehmer jedoch nicht zu.
Dem Oberlandesgericht München nach ist ein rückwirkend befristetes Anerkenntnis unwirksam (siehe auch Rückwirkend befristetes Anerkenntnis in der Berufsunfähigkeitsversicherung?). Ein befristetes Anerkenntnis ist grundsätzlich zwar schon möglich, jedoch nur für einen in der Zukunft liegenden Zeitraum (siehe auch Zulässigkeit von rückwirkend befristeten Anerkenntnissen in der Berufsunfähigkeitsversicherung (BGH)). Hintergrund ist, dass dem Versicherer mit einer Befristung des Anerkenntnisses die Möglichkeit gegeben werden soll, dass man in noch ungewissen Fällen bereits vorläufig entscheiden kann. Dadurch können noch fehlende Prüfungen abgeschlossen werden, deren Ergebnisse zu dem Zeitpunkt noch ungewiss sind.
Der Versicherer erklärte das befristete Anerkenntnis in dem vorliegenden Fall am 27.01.2016 für den Zeitraum vom 01.03.2014 bis 30.06.2015, also für einen bereits mehrere Monate abgeschlossenen Zeitraum. Ersichtlich liegt der Grund der Befristung daher nicht in einer andauernden Prüfung von ungewissen Umständen, sondern wird lediglich mit dem Gesundheitszustand des Versicherungsnehmers begründet.
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Das Oberlandesgericht München entschied jedoch, dass der Anspruch auf eine Berufsunfähigkeitsrente zu Ende April 2016 endete. Der Grund dafür ist die Änderungsmitteilung des Versicherers vom 27.01.2016 (siehe auch Änderungsmitteilung nach unwirksam befristetem Anerkenntnis der Berufsunfähigkeit (LG Berlin). Damit eine solche Änderungsmitteilung wirksam ist, muss dem Versicherungsnehmer nachvollziehbar mitgeteilt werden, aus welchen Gründen die anerkannte Leistungspflicht enden soll. Hierbei genügt es nicht, dass sich der Gesundheitszustand des Versicherungsnehmers verbessert hat. Es muss ein ausführlicher Vergleich des Gesundheitszustandes, welcher dem Anerkenntnis zugrunde liegt und dem jetzigen dargestellt werden. Wenn zum Zeitpunkt der Erklärung beide Gesundheitszustände vorliegen, die das Anerkenntnis als auch die Verbesserung des Gesundheitszustandes darlegen, ist es möglich das Anerkenntnis mit der Änderungsmitteilung zu verbinden (siehe auch Kein befristetes rückwirkendes Anerkenntnis in der Berufsunfähigkeitsversicherung).
Gemäß einem ärztlichen Gutachten hat sich der vorherige Grad der Berufsunfähigkeit des Versicherungsnehmers von zuvor 100% seit Mitte 2015 auf 30% reduziert. Die Voraussetzungen einer Berufsunfähigkeit von mindestens 50% lagen demnach seit Mitte 2015 nicht mehr vor. Der Versicherer hat folglich die bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit anerkannt, geht aber von einer gesundheitlichen Besserung aus. Das Gutachten legt unter anderem eine positive Prognose dar, weshalb von einer nicht nur vorübergehenden Besserung auszugehen ist.
Der Versicherer hat in der Änderungsmitteilung ausführlich dargelegt, aus welchen Gründen sich der Gesundheitszustand des Versicherungsnehmers verbessert hat und wie sich dies zeigt. Demnach hat der Versicherer mit Schreiben vom 27.01.2016 eine wirksame Änderungsmitteilung abgegeben, aus der für den Versicherungsnehmer unzweifelhaft die Gründe für die Einstellung der Leistungen ersichtlich sind. Aufgrund der Änderungsmitteilung, welche drei Monate nach Zugang in Kraft tritt, stehen dem Versicherungsnehmer schließlich Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsrente nur noch für den Zeitraum vom 01.07.2015 bis 30.04.2016 zu.
Das Urteil des Oberlandesgericht München zeigt, dass eine Änderungsmitteilung nur unter bestimmten Voraussetzungen mit einem Anerkenntnis verbunden sein kann und die Gründe der Änderungsmitteilung ausführlich dargelegt werden müssen. Die Anforderungen der Rechtsprechung an eine Änderungsmitteilung sollten also nicht unterschätzt werden.
Erklärt der Versicherer ein rückwirkend befristetes Anerkenntnis oder erfolgt eine Leistungseinstellung, sollte man genau prüfen ob die nötigen Voraussetzungen dafür vorliegen. Im Zweifel kann es sich dabei anbieten auch auf die weiterführende Beratung eines im Versicherungsrechts spezialisierten Rechtsanwaltes zurückzugreifen. Gerne stehen hierfür auch Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte zur Verfügung, welche sich gerade im Bereich der Berufsunfähigkeitsversicherung spezialisierten haben.
Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.
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