Rechtsanwalt für private Krankenversicherung - PKV

Der Rausschmiss aus der privaten Krankenversicherung

Begehrt der Versicherungsnehmer einer privaten Krankenversicherung die Erstattung von Heilbehandlungskosten (siehe hierzu auch Kostenerstattung in der privaten Krankenversicherung (PKV)), ist der Versicherer berechtigt zu prüfen, ob der Versicherungsfall tatsächlich eingetreten ist und wie viel er leisten muss. In diesem Zusammenhang kann die private Krankenversicherung auch nachforschen, ob der Versicherungsnehmer seine vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt hat. Anstatt mit der Erstattung von Heilbehandlungskosten kann der Versicherte dann schnell auch mit einem Rausschmiss aus der privaten Krankenversicherung konfrontiert sein. Als Folge eines solchen Rausschmiss aus der privaten Krankenversicherung kann der Versicherte dann ohne Versicherungsschutz dastehen. Mit dem vorliegenden Beitrag zeigen wir, was getan werden kann, wenn man von einem Rausschmiss seiner privaten Krankenversicherung betroffen ist.

Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht

Versicherungsnehmer müssen im Versicherungsantrag regelmäßig Gesundheitsfragen des Versicherers beantworten. Dabei gilt es alle gefahrerheblichen Umstände anzugeben. Dies umfasst grundsätzlich alles, wonach explizit gefragt wird (siehe hierzu: Auslegung von Antragsfragen des Versicherers). Von den Gefahrumständen erfasst ist alles, was geeignet ist, den Entschluss des Versicherers, einen Vertrag überhaupt oder zu den vereinbarten Konditionen abzuschließen, zu beeinflussen (siehe hierzu: Falschbeantwortung der Frage nach einem unerfüllten Kinderwunsch (OLG Hamm)). Dazu zählen auch Umstände, die nicht für den Eintritt des Versicherungsfalls, sondern nur für Art und Umfang der Leistung bedeutsam sind (siehe auch: Die vorvertragliche Anzeigepflicht).

Die Anzeigepflicht erstreckt sich allerdings nur auf die dem Versicherungsnehmer bekannten Umstände. Sie setzt also positive Kenntnis von dem anzeigepflichtigen Umstand voraus (siehe hierzu: Anzeigepflichtverletzung bei unbekannten Erkrankungen (LG Freiburg)).

In der PKV kommt es nicht nur auf die Erheblichkeit der einzelnen Krankheit an, sondern auch auf das durch die Häufigkeit der behandelten Krankheiten geprägte Gesamtbild des Gesundheitszustandes. Die Gefahrerheblichkeit ist daher insbesondere bei Bagatellerkrankungen problematisch (siehe hierzu: Anzeigeobliegenheit bei Bagatellerkrankungen (LG Kiel)).

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Rücktrittsrecht des Versicherers

Für den Rausschmiss aus der privaten Krankenversicherung stehen dem Versicherer verschiedene Gestaltungsrechte zu. Eines dieser Gestaltungsrechte ist der Rücktritt. Er setzt voraus, dass der Versicherungsnehmer die Anzeigepflicht vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt hat (siehe hierzu auch Anzeigepflichtverletzung wegen Nichtangabe einer Asthmaerkrankung (KG Berlin)). Der Versicherer muss darlegen und beweisen, dass der Versicherungsnehmer die Antragsfragen vorsätzlich oder grob fahrlässig falsch beantwortet hat.

Ein Versicherungsnehmer, der Fragen nach ihm bekannten Umständen falsch beantwortet, handelt jedoch nicht immer vorsätzlich oder grob fahrlässig. Der Vorsatz ist z.B. ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer Fragen missverstanden hat und im Sinne dieses Missverständnisses beantwortet hat. Zudem entfällt der Vorsatz, wenn der Versicherungsnehmer abwiegelnden Auskünften des Versicherungsvertreters vertraut hat oder zu Unrecht glaubte, eine Frage beziehe sich nicht auf den verschwiegenen Umstand. Für vorsätzliches Verhalten spricht jedoch, dass der Versicherungsnehmer harmlosere Umstände als den verschwiegenen angezeigt hat (siehe hierzu: Verschweigen einer depressiven Vorerkrankung (OLG Saarbrücken)). Von einem Verschulden des Versicherungsnehmers ist hingegen aber z.B. nicht auszugehen, wenn die einschlägigen ärztlichen Befunde das Vorliegen einer Erkrankung ablehnten (siehe hierzu: Die schuldlose Anzeigepflichtverletzung (BGH)).

Ein Rücktritt des Versicherers ist ausgeschlossen, wenn der Versicherungsnehmer zwar grob fahrlässig handelt, der Versicherer den Vertrag bei korrekter Beantwortung trotzdem, wenn auch zu anderen Bedingungen geschlossen hätte. So kann beispielsweise rückwirkend der Versicherungsschutz für psychische Beschwerden ausgeschlossen werden.

Das Rücktrittsrecht steht dem Versicherer nur zu, wenn er vor Vertragsschluss durch eine gesonderte Mitteilung in Textform auf die Folgen einer Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht hingewiesen hat (siehe hierzu: Zur Doppelbelehrung im Versicherungsantrag der Berufsunfähigkeitsversicherung (OLG Saarbrücken)). Auf die Erfüllung der Hinweispflicht kommt es allerdings nicht an, wenn der Versicherungsnehmer arglistig handelt (siehe hierzu: Rücktritt trotz Verletzung der Hinweispflichten (BGH)).

Kann dem Versicherungsnehmer lediglich einfache Fahrlässigkeit vorgeworfen werden, kann der Versicherer den Vertrag nur kündigen (siehe hierzu: Die Kündigung des Versicherungsvertrages durch den Versicherer).

Anfechtungsrecht des Versicherers

Neben dem Rücktritt kommt auch die Anfechtung  der privaten Krankenversicherung in Betracht, wenn der Versicherer den Versicherungsnehmer rausschmeißen möchte. Die Anfechtung ist neben dem Rücktritt möglich. Voraussetzung der Anfechtung ist dabei eine arglistige Täuschung des Versicherers durch den Versicherungsnehmer.

Arglist liegt vor, wenn der Versicherungsnehmer bewusst die Gesundheitsfragen falsch beantwortet und zumindest in Kauf genommen hat, dass die Versicherung den Vertrag bei Kenntnis der wahren Umstände nicht oder nur zu anderen Bedingungen geschlossen hätte (siehe hierzu: Arglist bei falsch beantworteten Antragfragen? (LG Leipzig)). So kann das Verschweigen von Arztbesuchen und regelmäßigen Krankschreibungen, um einen Versicherungsvertrag zu vorteilhafteren Konditionen zu erhalten durchaus als Arglist eingestuft werden (siehe hierzu: Anfechtung der PKV wegen Nichtangabe von Arztbesuchen (OLG Hamm)).

Ob verschwiegene Arztbesuche als Arglist einzustufen sind, hängt jedoch nicht zuletzt davon ab, ob der Versicherer nachweisen kann, dass der Versicherungsnehmer den Vertragsschluss beeinflussen wollte (siehe hierzu: Verschwiegener Arztbesuch ist nicht immer Arglist (OLG Saarbrücken)). Tätigt ein Versicherungsnehmer Angaben zu seiner schlechten gesundheitlichen Situation, etwa Behandlungen und ärztliche Untersuchungen, unterlässt jedoch, den Versicherer über eine einzelne Untersuchung in Kenntnis zu setzen, ist jedoch nicht unbedingt von Arglist auszugehen (siehe hierzu: Falschbeantwortung von gesundheitsfragen in der BU-Versicherung muss nicht Arglist sein (BGH)).

Die Täuschung bezieht sich in den meisten Fällen auf konkret vom Versicherer erfragte Umstände. Problematisch ist, ob sich eine Täuschung auch auf nicht vom Versicherer erfragte gefahrerhebliche Umstände beziehen kann (siehe hierzu: Die spontane Anzeigeobliegenheit).

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Zurechnung des Verschuldens Dritter

Nicht selten werden bei der Abwicklung eines Versicherungsvertrages Dritte eingeschaltet. Diese können sowohl auf der Seite des Versicherers als auch auf der Seite des Versicherungsnehmers tätig werden.

Keine Zurechnung bei Verschulden des Versicherungsvertreters

Der Versicherungsvertreter steht auf der Seite des Versicherers. Was der Versicherungsnehmer ihm gegenüber äußert und vorlegt, gilt auch gegenüber dem Versicherer als geäußert und vorgelegt. Dies gilt auch, wenn der Versicherungsvertreter Dinge falsch versteht oder nicht an den Versicherer weitergibt. Selbes gilt für die Angaben, die der Versicherungsvertreter in den Versicherungsantrag einträgt (siehe hierzu: Arglistige Täuschung bei Antragsstellung (OLG Koblenz)).

Zurechnung des Verschuldens des Versicherungsmaklers

Der Versicherungsmakler ist hingegen als Sachwalter Versicherungsnehmers tätig (siehe hierzu: Sachwalterurteil). Anzeigepflichtverletzungen des Versicherungsmaklers muss sich der Versicherungsnehmer daher regelmäßig zurechnen lassen. In der Praxis berufen sich Versicherungsnehmer oftmals darauf, dem Versicherungsmakler wahrheitsgemäß über ihre gesundheitlichen Probleme oder ärztliche Behandlungen und Untersuchungen unterrichtet zu haben. Die unzutreffenden Angaben im Antragfragebogen seien allein auf das Verhalten des Versicherungsmaklers zurückzuführen. Es ist jedoch unerheblich, ob die Falschangaben auf unzutreffende Angaben des Versicherungsnehmers gegenüber dem Versicherungsmakler oder auf einen Entschluss des Versicherungsmaklers zurückzuführen sind (siehe hierzu: Zurechnung der Arglist eines Versicherungsmaklers (OLG Düsseldorf)). Allerdings kann es in solchen Fällen zu einer Haftung des Versicherungsmaklers kommen.

Zurechnung des Verschuldens des Wissenserklärungsvertreters  

In einigen Fällen wird das Antragsformular auch von einem Wissenserklärungsvertreter ausgefüllt und unterzeichnet. Die Falschangabe des Wissenserklärungsvertreters wird dem Versicherungsnehmer zugerechnet (siehe hierzu: Arglist des Wissenserklärungsvertreters (OLG Köln)). Dies gilt insbesondere, wenn der Versicherungsnehmer die Angaben des Wissenserklärungsvertreters nicht kontrolliert und seinen Kenntnissen nach korrigiert und vervollständigt hat.

Welche Folgen hat der Rausschmiss aus der privaten Krankenversicherung?

Der Rausschmiss aus der privaten Krankenversicherung hat durchaus weitreichende Folgen für Versicherungsnehmer. So verliert der Versicherungsnehmer seinen Versicherungsschutz, was gerade im Anbetracht der bestehenden Krankenversicherungspflicht problematisch ist. Gerade wenn die Kostenerstattung für eine konkrete Heilbehandlung Anlass für den Rausschmiss aus der privaten Krankenversicherung war, kann der Versicherungsnehmer oftmals nicht ohne Weiteres eine neue private Krankenversicherung bei einem anderen Versicherer abschließen. Oftmals bleibt ihm dann nur die Möglichkeit sich zum Basistarif zu versichern.

Zudem kann ein Rausschmiss aus der privaten Krankenversicherung auch dazu führen, dass der Versicherer die Kostenerstattung für Heilbehandlungen aus der Vergangenheit verweigern kann.

Fazit

Nicht jede vermeintliche Falschangabe rechtfertigt den Rausschmiss aus der privaten Krankenversicherung. Vielmehr ist anhand der genauen Umstände des konkreten Einzelfalles genau zu prüfen, ob der Rücktritt und/oder die Anfechtung des Versicherers rechtmäßig gewesen sind. Daher kann es durchaus empfehlenswert sein, den Rausschmiss aus der privaten Krankenversicherung durch einen im Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt überprüfen zu lassen. Gerne stehen hierfür Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte zur Verfügung. Weitere Informationen finden Sie auch unter Private Krankenversicherung.

Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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