Medizinische Notwendigkeit von Keramikimplantaten (OLG München)

Das OLG München hatte sich mit der Frage zu befassen, ob eine medizinische Notwendigkeit von Keramikimplantaten besteht (Beschluss vom 15.03.2017 – 25 U 4197/16).

Versicherungsnehmer begehrte Erstattung für Zahnimplantate

Der Versicherungsnehmer machte vorliegend gegenüber seinem Versicherer, bei dem er eine private Krankenversicherung unterhielt, Ansprüche auf Erstattung von Heilbehandlungskosten für ein Zahnimplantat geltend. Er ließ sich Keramikimplantate einsetzen und beantragte die Erstattung der Behandlungskosten. Der Versicherer lehnte die Erstattung ab. Er begründete dies mit der nach seiner Auffassung, es bestünde keine medizinische Notwendigkeit von Keramikimplantaten.

Dagegen wendete sich der Versicherungsnehmer zunächst vor dem Landgericht Ingolstadt. Dieses wies die Klage ab (Az.: 21 O 1084/11). Sodann legte der Versicherungsnehmer vor dem Oberlandesgericht München Berufung ein. Er verfolgte weiterhin das das Ziel der Verurteilung des Versicherers zur Erstattung der Behandlungskosten und berief sich auf die medizinische Notwendigkeit von Keramikimplantaten. Eine Versorgung mit anderen Implantaten sei nicht verantwortbar. Der Versicherer machte geltend, als vorteilhafte und erprobte Alternativmethode käme die Versorgung mit Titanimplantaten in Betracht.

Keine Erstattungspflicht des Versicherers für Zahnimplantate aus Keramik

Das OLG München entschied, dass vorliegend keine medizinische Notwendigkeit von Keramikimplantaten bestand. Der Versicherer brauchte auch nicht die fiktiven Kosten einer Alternativbehandlung mit Titanimplantaten zu erstatten. Bei der Versorgung mit Keramikimplantaten handelte es sich nicht um eine Übermaßbehandlung, sondern um eine eigene, medizinisch nicht notwendige Behandlung.

Fehlende medizinische Notwendigkeit von Keramikimplantaten

Die Erstattungspflicht des Versicherers beschränkt sich auf medizinisch notwendige Heilbehandlungen. Von der medizinischen Notwendigkeit einer Behandlung ist im Allgemeinen dann auszugehen, wenn eine Behandlungsmethode zur Verfügung steht und angewandt worden ist, die geeignet ist, die Krankheit zu heilen, zu lindern oder ihrer Verschlimmerung entgegenzuwirken. Steht diese Eignung nach medizinischen Erkenntnissen fest, steht grundsätzlich auch die Eintrittspflicht des Versicherers fest.

Allein daraus lässt sich noch keine Beschränkung der Leistungspflicht des Versicherers auf die kostengünstigste Behandlung entnehmen. Daher verliert eine medizinisch anerkannte Heilbehandlung das qualifizierte Merkmal „notwendig“ im Einzelfall nicht deshalb, weil sie teurer ist als eine nach Einschätzung des Versicherers gleichwertige, aber kostengünstigere Behandlung (siehe hierzu Erstattung bei LASIK-Operationen: PKV muss zahlen).

Jedoch war die hier gewählte Behandlungsmethode nicht ausreichend erforscht (siehe hierzu OLG Frankfurt: Kostenerstattung bei einer dendritischen Zellbehandlung). Zudem stand durch die Versorgung mit Titanimplantaten eine anerkannte Behandlungsmethode zur Verfügung. Zur Beurteilung der medizinischen Notwendigkeit ist stets die Möglichkeit einer anerkannten und vorteilhaften Alternativbehandlung in Betracht zu ziehen (siehe hierzu LG Nürnberg-Fürth: Medizinische Notwendigkeit einer HIFU-Behandlung). Die Vorteile der Keramikimplantate liegen in der optischen Verbesserung bei Zahnfleischschwund und leichterer Pflege. Allerdings sind diese Vorteile im Verhältnis zu den Nachteilen der Implantate, darunter schlechte Verankerung, leichterer Bruch und höherer Knochenabbau, zu vernachlässigen. Somit waren die Keramikimplantate unabhängig von der Höhe der Behandlungskosten medizinisch nicht notwendig.

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Keine Übermaßbehandlung

Die Behandlung mit Keramikimplantaten stellte auch keine Übermaßversorgung dar. Eine Übermaßversorgung liegt nämlich vor, wenn die von Versicherungsnehmer gewählte Behandlungsmethode das medizinisch notwendige Maß übersteigt. Der Versicherer ist dann berechtigt, seine Leistungen zu kürzen. Der Zweck der Übermaßregelung liegt darin, aus mehreren, den medizinischen Zweck erfüllenden Heilbehandlungen und Maßnahmen das kostenschonendste Mittel zu wählen. Der Versicherer hat lediglich die Kosten für das medizinisch notwendige Maß zu erstatten. Die darüberhinausgehenden Mehrkosten sind dann von dem Versicherungsnehmer selbst zu tragen (siehe hierzu BGH: Die Überversorgung/Übermaßregelung in der PKV).

Bei der hier durchgeführten Versorgung mit Keramikimplantaten handelte es sich um eine eigene Behandlung, die nicht ersatzfähig ist. Der Versicherer musste vorliegend somit auch nicht die geringeren Kosten einer Versorgung mit Implantaten aus Metall erstatten.

Fazit

Die fehlende medinische Notwendigkeit von Keramikimplantaten wurde hier auf das Vorliegen einer vorteilhaften anerkannten Alternativmethode gestützt. Daher scheiterte die Erstattung der nicht ausreichend erprobten Versorgung mit Keramikimplantaten.

Ob eine Alternativbehandlung in Betracht kommt, entscheidet sich jedoch nach den konkreten Umständen des Einzelfalles. Auch nach der Entscheidung des OLG München kann also nicht davon ausgegangen werden, dass eine medizinische Notwendigkeit von Keramikimplantaten prinzipiell ausscheidet. Daher kann es sich durchaus empfehlen, eine Leistungsablehnung des Versicherers durch einen im Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt prüfen zu lassen. Gerne stehen hierfür auch Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte zur Verfügung.

Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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