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Erfüllung der Hinweispflicht durch Übersendung eines Merkblattes (OLG Saarbrücken)

Das Oberlandesgericht Saarbrücken hatte mit seinem Urteil vom 18.10.2023 zu entscheiden, ob die Übersendung eines Merkblattes zur Erfüllung der Hinweispflichten in der Unfallversicherung ausreicht (OLG Saarbrücken, Urteil v. 18.10.2023, Az.: 5 U 41/23).

Ablehnung der Leistungspflicht durch den Versicherer

Der spätere Kläger war versicherte Person einer von seiner Mutter als Versicherungsnehmer abgeschlossenen Unfallversicherung. Er begab sich am 08.08.2019 aufgrund von Beschwerden am linken Knie in ärztliche Behandlung. Es folgte eine Operation durch den behandelnden Arzt.

Die versicherte Person meldete den vermeintlichen Versicherungsfall sodann telefonisch dem Versicherer. Im Rahmen der Übersendung des Schadensformulars erfolgte auch die Übersendung eines Merkblattes mit dem Titel „Wichtige Hinweise für die Unfallversicherung“, in dem der Versicherer über die Anspruchsvoraussetzungen und Fristen für eine Invaliditätsleistung informierte. Mit Schadensanzeige vom 11.12.2019 wurde dann konkret Leistungen aus der Unfallversicherung geltend gemacht. Einen genauen Schadenseintritt konnte in der Schadensanzeige jedoch nicht benannt werden. Der Versicherer lehnte daraufhin die Erbringung von Leistungen aus der Unfallversicherung ab.

Die versicherte Person erhob daraufhin am 07.06.2022 Klage vor dem Landgericht Saarbrücken. Er führte unter anderem an, dass eine Verletzung der Hinweispflicht des Versicherers vorläge und er daher Leistungen aus der Unfallversicherung beanspruchen könne. Das Landgericht Saarbrücken wies die Klage ab. Dagegen richtete sich die Berufung der versicherten Person vor dem Oberlandesgericht Saarbrücken.

Übersendung eines Merkblattes erfüllt Hinweispflicht

Das OLG Saarbrücken wies die Berufung zurück. Die versicherte Person könne keine Ansprüche aus dem fraglichen Versicherungsvertrag geltend machen. Es sei schon fraglich, ob die Klage der versicherten Person überhaupt zulässig sei.

Frist zur ärztlichen Invaliditätsfeststellung

Ungeachtet der Zweifel bezüglich der Zulässigkeit der Klage führte das OLG Saarbrücken an, dass die Klage ohnehin unbegründet sei. Die Forderungen der versicherten Person seien unbegründet.

Ungeachtet der Frage, ob das fragliche Unfallereignis eingetreten sei, scheitere der Anspruch an der Vorlage einer fristgerecht getroffenen ärztlichen Feststellung. Gemäß Nr. 2.1.1.2 AUB 2016 sei die Voraussetzung für die Invaliditätsleistung, dass die Invalidität innerhalb von 24 Monaten nach dem Unfall eingetreten und von einem Arzt schriftlich festgestellt wurde. Diese Vorschrift diene einerseits dazu, dem Versicherer eine Grundlage für seine Leistungsüberprüfung zu gewähren, anderseits sei ihr Zweck, schwer aufklärbare Spätschäden auszuschließen. Ein Versäumen dieser Frist führe auch dann zum Ausschluss der Leistungspflicht des Versicherers, wenn den Versicherungsnehmer kein Verschulden treffe.

Anforderungen an die ärztliche Invaliditätsfeststellung

Die ärztliche Feststellung entspreche den Anforderungen, wenn die Schädigung und der Bereich, auf den sie sich auswirke, sowie die Ursachen, auf denen der Dauerschaden beruht, so umreißen, dass der Versicherer bei seiner Leistungsprüfung die Schädigung des Unfallereignisses von einer anderen Schädigung unterscheiden könne und so erkennen könne, wie weit seine Leistungspflicht reiche (siehe auch: Inhalt der ärztlichen Invaliditätsfeststellung in der Unfallversicherung (OLG Dresden)). Die vorgelegten ärztlichen Unterlagen seien dafür nicht ausreichend, da sie nur die Beschwerden und die Art und Weise ihrer Behandlung aufzeigen würden.

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Erfüllung der Hinweispflicht

Auch der Argumentation der versicherten Person bezüglich der Erfüllung Hinweispflicht durch Übersendung eines Merkblattes folgte das OLG Saarbrücken nicht.

Nach § 186 VVG könne sich der Versicherer zwar nicht auf eine Fristversäumung berufen, wenn er es bei der Anzeige des Versicherungsfalls unterlassen hat, den Versicherungsnehmer in Textform auf die vertraglichen Anspruchs- und Fälligkeitsvoraussetzungen sowie einzuhaltenden Fristen hinzuweisen. Ein solcher Hinweis sei aber im vorliegenden Fall erteilt worden. Der Versicherer hatte seine entsprechende Pflicht durch Übersendung eines Merkblattes zusätzlich zu der Unfallschadensanzeige erfüllt. Das übersandte Merkblatt enthielt nämlich auch einen ausdrücklichen Hinweis zu den entsprechenden Fristen. Unabhängig davon, ob die versicherte Person das Merkblatt zur Kenntnis genommen habe, sei der Versicherer mit der Übersendung eines Merkblattes seiner Hinweispflicht nachgekommen. Das OLG Saarbrücken kam daher zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall der Hinweispflicht des Versicherers Genüge getan worden sei.

Fazit zum Urteil des OLG Saarbrücken

Die Erfüllung der Hinweispflicht nach § 186 VVG durch Übersendung eines Merkblattes stellt eine erhebliche Vereinfachung für Versicherer dar. Aus Sicht der Versicherungsnehmer ist das Urteil des OLG Saarbrücken daher durchaus kritisch zu sehen.

Dabei ist die Einhaltung der Fristen in der Unfallversicherung durchaus immer wieder Anknüpfungspunkt für Streitigkeiten zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer. Die grundsätzlich Zulässigkeit entsprechender Fristen ist dabei indes in der Rechtsprechung anerkannt  (siehe auch: Fristen für Invaliditätsleistung in der Unfallversicherung sind wirksam (OLG Dresden)).

Für Versicherungsnehmer kann es daher durchaus ratsam sein, sich bereits frühzeitig in die Beratung durch einen im Versicherungsrecht tätigen Rechtsanwalt zu begeben. Gerne stehen hierfür auch Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte zur Verfügung.

Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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Rechtsanwalt erklärt, ob die Übersendung eines Merkblattes für den Versicherer ausreicht.

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