In seinem Urteil vom 20.12.2018 entschied das Oberlandesgericht Karlsruhe zu der Frage, wie eine Abgrenzung zwischen einem versicherten Unfallereignis und einer Verletzung durch Eigenbewegung in der Unfallversicherung vorzunehmen ist (OLG Karlsruhe, Urteil v. 20.12.2018 – Az.: 12 U 106/18).
Der Versicherungsnehmer war als Monteur und Rohrleitungsbauer tätig. Er unterhielt bei dem Versicherer eine private Unfallversicherung. Dem Versicherungsvertrag wurden die AUB zugrunde gelegt. Wann ein bedingungsgemäßes Unfallgeschehen vorlag, bestimmte sich nach § 1 AUB: „1. Ein Unfall liegt vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet oder wenn durch eine erhöhte Kraftanstrengung ein Gelenk verrenkt, Muskeln, Sehnen, Bänder oder Kapseln gezerrt oder zerrissen werden. (…)“
Nachfolgend kam es beim Aufstellen einer Pulverbeschichtungsmaschine im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit zu einer Verletzung des Innenmeniskus. Der Versicherungsnehmer gab an, er habe sich im unteren Teil der Maschine befunden, um etwas zu schrauben, während sein linkes Knie fest zwischen zwei dort verlaufenden Materialbändern – einer sogenannten „Schiene“ – gewesen sei. Sodann habe er sich umgedreht und den Oberkörper nach rechts gedreht, um ein Werkzeug zu suchen. Daraufhin habe er einen „Knackser“ im linken Knie verbunden mit Schmerzen gespürt. Das Knie sei daraufhin strak angeschwollen.
Infolgedessen machte der Versicherungsnehmer Leistungen aus der Unfallversicherung gegenüber dem Versicherer geltend. Der Versicherer bestritt das vom Versicherungsnehmer geschilderte Geschehen und erklärte zudem, dass schon die Bedingungen des § 1 AUB nicht gegeben seien, da eine Verletzung durch Eigenbewegung in der Unfallversicherung keine von außen auf den Körper einwirkende Kraft darstelle.
Der Versicherungsnehmer klagte daher zunächst vor dem Landgericht Karlsruhe auf Leistungen aus der Unfallversicherung (LG Karlsruhe, Urteil v. 22.06.2018 – Az.: 8 O 153/17). Das Landgericht Karlsruhe wies die Klage des Versicherungsnehmers jedoch ab. Dagegen ging der Versicherungsnehmer vor dem Oberlandesgericht Karlsruhe in Berufung.
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Das Oberlandesgericht Karlsruhe wies die Berufung des Versicherungsnehmers zurück und erklärte, dass die von ihm geltend gemachte Invalidität nicht auf einem bedingungsgemäßen Unfallgeschehen beruhe.
Die vom Versicherungsnehmer bei Arbeiten an einem Gegenstand durchgeführte und von seinem Willen getragene sowie gesteuerte Eigenbewegung sei gezielt, planmäßig und für den Versicherungsnehmer durchgängig beherrschbar vollzogen worden. Daher könne hierin auch keine unerwartete Ausweichbewegung gesehen werden (siehe auch: Freiwilliges Ausweichen führt nicht zum Ausschluss des Versicherungsschutzes in der Unfallversicherung (BGH)). Auch die vom Versicherungsnehmer genutzte Schiene entfalte keinerlei eigene Dynamik und stelle keinen irregulären Zustand, der durch die Außenwelt hinzutrat, dar. Der Versicherungsnehmer habe die Schiene vielmehr bewusst in Anspruch genommen. Daher habe sie nicht die notwendige, unerwartete Eigendynamik auf den Körper des Versicherungsnehmers entfaltet, aufgrund derer der Versicherungsnehmer die Gesundheitsschädigung hätte erleiden müssen.
Das Oberlandesgericht führte fort, dass die Eigenbewegung und die äußere Einwirkung auch nicht derart zusammengetroffen seien, dass die von außen hinzutretende Einwirkung ihrerseits Einfluss auf die veränderte und nicht mehr beherrschbare Eigenbewegung genommen habe. Im vorliegenden Fall sei die Eigenbewegung unter Nutzung der Schiene erfolgt. Dabei habe die Schiene aber keinen Einfluss auf die Eigenbewegung genommen, sondern habe nur infolge ungeschickten Verhaltens des Versicherungsnehmers zu der beschriebenen Verletzung durch Eigenbewegung in der Unfallversicherung geführt. Der Versicherungsnehmer habe also durch seine Eigenbewegung auf die Schiene eingewirkt und nicht die Schiene auf den Versicherungsnehmer.
Auch können sich der Versicherungsnehmer nicht auf den Zusatz der „erhöhten Kraftanstrengung“ berufen, da es sich bei einer Meniskusverletzung schon nicht um eine Verletzung der aufgeführten Muskeln, Sehnen, Bänder oder Kapseln handele, sondern um Knorpelschäden. Auch sei in der durch den Versicherungsnehmer beschriebenen Bewegung keine erhöhte Kraftanstrengung zu sehen, sondern lediglich eine normale Eigenbewegung.
Das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe zeigt, dass es für die Abgrenzung zwischen einem versicherten Unfallereignis und einer Verletzung durch Eigenbewegung durchaus problematisch sein kann. Auch ist nicht jede Verletzung durch Eigenbewegung im Rahmen einer „erhöhten Kraftanstrengung“ mitversichert.
Von entscheidender Bedeutung sind allerdings auch stets die im konkreten Einzelfall vereinbarten Versicherungsbedingungen. Auch nach einer Leistungsablehnung des Versicherers kann es daher durchaus sinnvoll sein, diese durch einen im Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt rechtlich prüfen zu lassen. Gerne unterstützt Sie auch die Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte.
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