Wer Fristen in der Unfallversicherung versäumt läuft Gefahr, dass der Versicherer nicht leisten muss. Welche Fristen in der Unfallversicherung zu beachten sind hängt jedoch regelmäßig von den Regelungen der konkret vereinbarten Versicherungsbedingungen ab. Die Rechtmäßigkeit der in den Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB) standardmäßig vereinbarten Fristen in der Unfallversicherung wurden auch bereits gerichtlich überprüft (siehe auch OLG Dresden zur Wirksamkeit der Fristen in der Unfallversicherung). Im Folgenden soll daher auf einige wichtige Fristen in der Unfallversicherung eingegangen werden.
Die Fristen in der Unfallversicherung können sehr unterschiedlich sein. Grundlage der Fristberechnung sollten daher die jeweils im konkreten Einzelfall vereinbarten Versicherungsbedingungen sein. Im Rahmen der vorliegenden Darstellungen sollen jedoch einige standardmäßig vereinbarten Fristen in der Unfallversicherung anhand der Musterbedingungen der Unfallversicherungen des Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) dargestellt werden. Diese sind an folgender Stelle nachzulesen: Muster-Unfallbedingungen.
Die Invalidität muss innerhalb einer bestimmten Frist nach dem Unfall eingetreten sein. Die sogenannte Eintrittsfrist legt also fest, innerhalb welches Zeitraums nach dem Unfall die Invalidität eingetreten sein muss (siehe auch BGH zur Erstbemessung des Invaliditätsgrades).
Die Invalidität muss nicht nur in Folge des Unfalls eingetreten sein, sondern darüber hinaus regelmäßig auch ärztlich festgestellt und bestätigt werden. Es ist also erforderlich, dass die ärztliche Feststellung innerhalb dieser Frist erfolgt ist (siehe auch Ablauf der Frist für die ärztliche Invaliditätsfeststellung (BGH)). Vor allem die Frist zur ärztlichen Feststellung der Invalidität hat hohe praktische Bedeutung (siehe auch LG Erfurt: Nachweis der Invalidität nach einem Unfall).
An das ärztliche Feststellungsschreiben werden hinsichtlich dessen Inhalt und Form durchaus gewisse Anforderungen gestellt (siehe auch OLG Frankfurt a.M.: Invaliditätsfeststellung durch ärztlichen Vermerk auf Vordruck der Unfallversicherung). Aus der ärztlichen Feststellung muss sich die Ursache der Invalidität sowie die Art ihrer Auswirkung ergeben. Das heißt, es muss ein konkreter, die Arbeitsfähigkeit des Versicherungsnehmers beeinträchtigender Schaden angegeben werden (vgl. Anforderungen an die ärztliche Feststellung der Invalidität (BGH)).
Ferner muss aus der ärztlichen Feststellung hervorgehen, dass es sich um einen Dauerschaden handelt. Dabei genügt es zur Feststellung der Invalidität nicht, dass mit einem Dauerschaden „zu rechnen“ ist (siehe auch OLG Jena zur Auslegung eines ärztlichen Attests) . Der Angabe eines konkreten Grades der Invalidität bedarf es hingegen nicht (siehe auch OLG Dresden: Inhalt der ärztlichen Invaliditätsfeststellung in der Unfallversicherung und OLG Saarbrücken: Invaliditätsfeststellung durch mehrere sich ergänzende Atteste).
Zuletzt besteht auch für die Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber dem Versicherer regelmäßig eine konkrete Frist (siehe hierzu BGH Urt. v. 25.04.1990 – IV ZR 28/89).
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Versäumt der Versicherungsnehmer die Einhaltung der Fristen in der Unfallversicherung, so kann dies dazu führen, dass der Versicherer berechtigterweise die Erbringung einer Invaliditätsleistung verweigern kann. Ist das Fristversäumnis jedoch unverschuldet oder beruht es auf einem besonderen Ausnahmefall, können Versicherungsnehmer teilweise weiterhin die Versicherungsleistung einfordern. Die Geltendmachung muss jedoch sofort nachgeholt werden (siehe hierzu BGH Urt. v. 05.07.1995 – IV ZR 43/94). Die Beweislast für das unverschuldete Fristversäumnis trägt dabei der Versicherungsnehmer (siehe hierzu OLG Dresden: Nachweis der unfallbedingten Invalidität). Ob tatsächlich ein solcher Ausnahmefall vorliegt, ist stets anhand des Einzelfalls zu beurteilen. Teilweise sind Fristversäumnisse aber auch unentschuldbar (vgl. OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 16.03.2022 – 7 U 244/20).
Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer in Folge der Unfallanzeige auf die einzuhaltenden Fristen hinzuweisen (vgl. § 186 VVG). Unterbleibt dieser Hinweis, kann sich der Versicherer nicht auf Fristversäumnis berufen (vgl. Hinweispflicht gegenüber Versicherten auf Fristen in der Unfallversicherung? (BGH)).
Die Hinweispflicht des Versicherers besteht jedoch lediglich gegenüber dem Versicherungsnehmer, der nicht mit der versicherten Person identisch sein muss. In der Praxis schließen oftmals Eltern für ihre Kinder, oder Arbeitgeber für ihre Arbeitnehmer eine Unfallversicherung ab, sodass Versicherungsnehmer und die tatsächlich versicherte Person voneinander abweichen. Ein Hinweis an den Versicherungsnehmer ist auch dann ausreichend, wenn der Schaden von der versicherten Person selbst angezeigt wurde (siehe auch OLG Karlsruhe: Hinweispflichten eines Unfallversicherers im Versicherungsfall).
Wird der Versicherungsnehmer von einem Versicherungsmakler betreut, so können neben den Hinweispflichten des Versicherers auch Hinweispflichten des Versicherungsmaklers bestehen (siehe auch BGH: Hinweispflichten des Versicherungsmaklers im Versicherungsfall).
Die Einhaltung der Fristen in der Unfallversicherung ist immer wieder Gegenstand juristischer Auseinandersetzungen. Ein Blick in die Rechtsprechung zeigt dabei, dass Ansprüche des Versicherungsnehmers auf Zahlung einer Invaliditätsleistung immer wieder wegen Fristversäumnissen ausscheiden. Versicherungsnehmer sollten der Fristenkontrolle daher von Anfang an die gebotene Aufmerksamkeit zukommen lassen.
Neben den Fristen in der Unfallversicherung können dabei auch vertragliche Obliegenheiten bestehen, die eine bestimmte Handlung innerhalb eines bestimmten Zeitrahmen erfordern (z.B. Anzeige des Versicherungsfalles). Auch auf die Einhaltung solcher, vertraglicher Obliegenheiten sollte der Versicherungsnehmer stets achten.
Außerdem sollte auch beachtet werden, dass sich der Gesundheitszustand im Laufe der Zeit sowohl verbessern als auch verschlechtern kann. Dem Versicherer als auch dem Versicherungsnehmer stehen daher nach den Unfallversicherungsbedingungen regelmäßig ein Recht zur Neubemessung der Invalidität zu (siehe auch Verjährungsbeginn des Neubemessungsanspruchs in der Unfallversicherung (LG Schweinfurt)). Auch dieses Recht zur Neubemessung des Invaliditätsgrades ist jedoch fristgebunden.
Daneben können sich natürlich noch weitere Frist aus allgemeinen Regelungen ergeben, z.B. für die Verjährung von Ansprüchen. Es kann daher durchaus empfehlenswert sein, einen im Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt mit der Fristenkontrolle zu beauftragen. Gerne stehen hierfür auch Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte zur Verfügung. Weitere Informationen zur Unfallversicherung finden Sie auch hier.
Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:
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