Der Bundesgerichtshof entschied mit seinem Urteil vom 06.07.2011 über die Voraussetzungen einer bedingungsgemäßen Invalidität nach Sturz des Versicherungsnehmers (BGH, Urteil v. 06.07.2011 – Az.: IV ZR 29/09).
Der Versicherungsnehmer unterhielt bei dem Versicherer zwei Unfallversicherungen. Die Verträge waren in den Jahren 1998 und 2004 abgeschlossen worden. Der im Jahr 1998 abgeschlossene Vertrag sah im Leistungsfall eine Invaliditäts-Grundsumme von 68.000 DM vor. Zusätzlich wurde eine Progression vereinbart, wonach die Invaliditätsleistung bis zur vierfachen Grundsumme ansteigen konnte. Hingegen sah der Vertrag aus dem Jahr 2004 im Leistungsfall für eine Invalidität zwischen 33% und 66% eine monatliche Rente von 923 Euro vor.
Den Versicherungen waren zum einem die Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen 1961 (AUB 61) und zum anderen die Allgemeinen Bedingungen für die Unfallrentenversicherung 1998 (AURB 98) zugrunde gelegt. Ein versicherter Unfall liegt nach den Bedingungen vor, „wenn der Versicherte durch ein plötzlich von außen auf seinen Körper wirkendes Ereignis unfreiwillig eine Gesundheitsbeschädigung erleidet (§ 2 [1] AUB 61; § 1 III AURB 98).
Der Versicherungsnehmer behauptet sodann eine Invalidität nach Sturz und machte Leistungen aus den Unfallversicherungen geltend. Er hatte sich beim Skifahren am 03.03.2000 eine Schulterverletzung zugezogen. Er gab an, dass er bei einer gefährlichen Annährung an einen anderen Skifahrer gestürzt sei und sich dabei eine bereits vorhandene Vorschädigung der Rotatorenmanschette verschlimmert habe. Der linke Arm sei infolgedessen zu 50% invalide, was insgesamt zu einer Invalidität nach Sturz von 35% führe.
Der Versicherer leistete zunächst auf Grundlage des 1998 geschlossenen Versicherungsvertrags als Einmalzahlung eine Invaliditätsleistung in Höhe von 12.864,10 Euro. Leistungen auf Grundlage des zweiten Vertrages lehnte der Versicherer hingegen ab. Der Versicherungsnehmer verfolgte sein Leistungsbegehren zunächst vor dem Landgericht Hannover weiter (LG Hannover, Urteil v. 27.05.2008 – Az.: 2 O 246/05). Nach Abweisung seiner Klage durch das Landgericht ging der Versicherungsnehmer vor dem Oberlandesgericht Celle in Berufung (OLG Celle, Urteil v. 15.01.2009 – Az.: 8 U 131/08). Das Oberlandesgericht Celle wies die Berufung des Versicherungsnehmers jedoch zurück. Mit seiner Revision vor dem Bundesgerichtshof verfolgte er sein Klagebegehren weiter.
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Der Bundesgerichtshof hob das Urteil des Oberlandesgerichts Celle auf und verwies die Sache an dieses zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurück.
Nach der Auffassung des Bundesgerichtshofs hatte der Versicherungsnehmer im Angesicht seines Vorbringens einen bedingungsgemäßen Unfall erlitten. Die Schulterverletzung sei erst infolge des Sturzes beim Aufprall auf die Skipiste eingetreten und damit durch einen Zusammenprall des Körpers mit dem Boden die unmittelbare Ursache der Gesundheitsschädigung gewesen sei. Dafür, dass der Sturz im Sinne der Unfallversicherungsbedingungen nicht plötzlich geschehen sei oder freiwillig verursacht worden sei, lägen keine Hinweise vor.
Für die Voraussetzung, dass die Einwirkung „von außen“ erfolgte, sei allein das Ereignis relevant, das die Gesundheitsbeschädigung unmittelbar herbeigeführt habe. Nicht entscheidend seien die Ursachen, auf denen wiederum das Ereignis beruhe. In dem Aufprall des Versicherungsnehmers auf die Skipiste könne daher der von den Bedingungen vorausgesetzte schadensursächliche Kontakt des Körpers des Versicherten zur Außenwelt gesehen werden. Ob der Körper des Versicherten mit einer beweglichen oder unbeweglichen Sache kollidierte, sei nicht relevant.
Weiter befasste sich der Bundesgerichtshof mit der Frage, ob auch eine Eigenbewegung des Versicherten im Zusammenspiel mit äußeren Einflüssen als ein von außen auf seinen Körper wirkendes Ereignis im Sinne dieses Unfallbegriffs angesehen werden könne. Dies sei aber nur von Relevanz, wenn schon die Eigenbewegung und nicht erst der Aufprall zur Gesundheitsbeschädigung geführt hätten. Dies sei vorliegend nicht der Fall.
Das Urteil des Bundesgerichtshofs zeigt, dass eine bedingungsgemäße Invalidität nach Sturz vorliegen kann. Daher können nach einem Sturz durchaus auch Ansprüche auf eine Invaliditätsleistung in Betracht kommen. Dies gilt gerade dann, wenn bereits der Aufprall und nicht schon die Eigenbewegung an sich zur Gesundheitsschädigung geführt haben.
Allerdings bedarf es stets der genauen Prüfung des Einzelfalles. Sollte daher ein Versicherer die Erbringung einer Invaliditätsleistung ablehnen, so kann es durchaus sinnvoll sein, einen im Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt mit der Prüfung der Leistungsablehnung des Versicherers zu beauftragen. Gerne unterstützen Sie in allen Fragen rund um das Versicherungsrecht auch Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte.
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