Kommt es zu Eintritt des Versicherungsfalls in der Berufsunfähigkeitsversicherung, stellt sich die Frage, ob der Versicherer aus bestimmten Gründen die vertragliche vereinbarte Berufsunfähigkeitsrente kürzen darf. Von besonderem Interesse ist dabei die Frage, ob es sich bei der Berufsunfähigkeitsversicherung um eine Schadens- oder Summenversicherung handelt.
Bei einer Schadensversicherung erfolgt der Schadensausgleich lediglich in der Höhe des ermittelten Schadens. Dagegen versichert die Summenversicherung eine bestimmte, abstrakt festgelegte Summe, die bei Eintritt des Versicherungsfalls ausgezahlt wird.
Bei Eintritt des Versicherungsfalls muss bei einer Schadensversicherung zunächst der entstandene Schaden ermittelt werden. Der Schadensausgleich erfolgt dann höchstens in der ermittelten Höhe, da hier ein sogenanntes „Bereicherungsverbot“ des Versicherungsnehmers gilt. Es erfolgt eine konkrete Bedarfsdeckung. Hingegen erfolgt bei der Summenversicherung eine abstrakte Bedarfsdeckung. Der Versicherungsnehmer erhält folglich bei Eintritt des Versicherungsfalls die abstrakt vereinbarte Summe, unabhängig davon, welche Kosten tatsächlich angefallen sind. Es muss also keine Ermittlung eines konkret eingetretenen Schadens erfolgen. Der Versicherungsnehmer muss dem Versicherer lediglich den Eintritt des Versicherungsfalls nachweisen sowie die Tatsache, dass die Voraussetzungen der einschlägigen Versicherungsbedingungen – zum Beispiel die „BU-Klausel“ – vorliegen (siehe hierzu Beweis der Berufsunfähigkeit (OLG Saarbrücken)).
Bestimmte Vereinbarungen über eine mögliche Staffelung des Schadensausgleichs je nach Schweregrad des eingetretenen Versicherungsfalls können aber vorgenommen werden. Typischer Anwendungsbereich für die Summenversicherung ist die Berufsunfähigkeitsversicherung (siehe hierzu auch Berufsunfähigkeitsversicherung – Summenversicherung oder Schadensversicherung?).
Tritt der Versicherungsfall in der Berufsunfähigkeitsversicherung ein, kann der Versicherungsnehmer seinen Anspruch auf die bei Vertragsschluss vereinbarte Berufsunfähigkeitsrente – bzw. so dann die dynamisierte Rente – geltend machen. Im Zuge dessen stellt sich die Frage, ob der Versicherer die Berufsunfähigkeitsrente gegebenenfalls kürzen darf.
Wie bereits festgestellt, handelt es sich bei der Berufsunfähigkeitsversicherung um eine Summenversicherung. Der Versicherungsnehmer vereinbart bei Vertragsschluss mit dem Versicherer eine abstrakte Leistung, die bei Eintritt des Versicherungsfalls auszuzahlen ist. Kommt es zum Eintritt des Versicherungsfalls, muss der Versicherungsnehmer nicht einen konkret eingetretenen Schaden oder eine – beispielweise – Vermögenseinbuße nachweisen.
Wird der Eintritt des Versicherungsfalls durch einen Dritten verursacht, kann der Versicherer in der Regel den Schädiger in Regress nehmen (§ 86 VVG). Die Ansprüche des Versicherungsnehmers gegen den Dritten gehen dann folglich auf den Versicherer über. Aber gilt dies auch bei der Berufsunfähigkeitsversicherung? Bei der Berufsunfähigkeitsversicherung handelt es sich um eine Summenversicherung, bei der das Bereicherungsverbot keine Anwendung findet. Im Zuge dessen ist auch ein Übergang von Regressansprüchen auf den Versicherer grundsätzlich ausgeschlossen.
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Kommt es zum Eintritt des Versicherungsfalls in der Berufsunfähigkeitsversicherung und hat der Versicherte die tatbestandlichen Voraussetzungen bewiesen, so muss der Versicherer grundsätzlich leisten und darf die vereinbarte Berufsunfähigkeitsrente nicht kürzen (Berufsunfähigkeitsversicherung: Der Ablauf des BU-Verfahrens). Auch kann er keinen möglichen Regressanspruch gegenüber einem Dritten geltend machen. Eine Stafflung je nach Eintritt der Schwere des Versicherungsfalls kann aber vereinbart werden.
Zwar kann der Versicherer die Berufsunfähigkeitsrente nicht kürzen. Gleichwohl kann er sich beim Vorliegen einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung vom Versicherungsvertrag im Rahmen der Geltendmachung von Gestaltungsrechten (siehe: Anfechtung, Rücktritt, Kündigung) vom Vertrag lösen oder diesen gegebenenfalls anpassen (siehe: Vertragsanpassung). Folglich kann der Versicherer im Einzelfall und beim Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen gänzlich leistungsfrei werden.
Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte haben sich im Versicherungsrecht spezialisiert und stehen für Rückfragen gerne zur Verfügung. Weitere umfassendere Informationen zu diesem Themenbereich sind nachstehend zu finden: Berufsunfähigkeitsversicherung.
Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.
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