Das OLG Frankfurt hatte sich mit der Frage zu befassen, ob Versicherungsnehmer auch bei psychischen Unfallfolgen mit dem Versicherungsschutz ihrer privaten Unfallversicherung rechnen können (Urt. v. 13.07.2022 – 7 U 88/21).
Im Fall vor dem OLG Frankfurt begehrte der Versicherungsnehmer Leistungen aus seiner Unfallversicherung.
Der Versicherungsnehmer war mit seinem Ellenbogen an einen Heizkörper gestoßen, was eine großflächige Infektion des betroffenen Arms zur Folge hatte. Daher forderte er Leistungen des Versicherers aus der Unfallversicherung ein. Er verlangte jedoch nicht nur Leistungen wegen unfallbedingter Invalidität für die festgestellten körperlichen Schäden, sondern auch für die psychischen Unfallfolgen in Form einer posttraumatischen Belastungsstörung und einer mittelgradigen Depression.
Nach den Allgemeinen Unfallversicherungsbedingungen (AUB) des Versicherers waren jedoch krankhafte Störungen in Folge psychischer Reaktionen, auch wenn diese durch einen Unfall verursacht wurden, vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Daher lehnte der Versicherer die Forderung des Versicherungsnehmers mit Verweis auf die Klausel zum Leistungsausschluss bei psychischen Unfallfolgen ab.
Der Versicherungsnehmer begehrte zunächst vor dem Landgericht Frankfurt die Feststellung, dass der Versicherer zur Erbringung der bedingungsgemäßen Invaliditätsleistung verpflichtet sei (Urt. v. 14.05.2021 – 23 O 237/19). Der Ausschluss für psychische Beeinträchtigungen greife nach seiner Ansicht nicht, da der Unfall zu organischen Veränderungen geführt habe, welche die psychischen Unfallfolgen hervorgerufen hätten. Das LG Frankfurt wies die Klage jedoch ab. Hiergegen ging der Versicherungsnehmer in Berufung und das OLG Frankfurt hatte über den Fall zu entscheiden.
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Das OLG Frankfurt bestätigte die Entscheidung des LG Frankfurt und wies die Berufung des Versicherungsnehmers zurück. Versicherungsleistungen für die psychischen Unfallfolgen waren im vorliegenden Fall vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Für diesen Leistungsausschluss ist unerheblich, ob sich die psychischen Reaktionen als medizinisch nicht nachvollziehbare Fehlverarbeitung herausstellen.
Das OLG Frankfurt entschied, dass es bei psychischen Unfallfolgen nicht darauf ankommt, ob diese medizinisch nachvollziehbar sind. Der Versicherungsnehmer behauptete, dass nicht der Anstoß selbst oder die daraus resultierende Entzündungsreaktion zu einer Veränderung von Hirnstrukturen geführt hätten, welche die psychischen Beschwerden erklären könnten. Stattdessen beruft er sich auf eine posttraumatische Belastungsstörung sowie Depressionen infolge der Funktionseinschränkungen am Arm.
Die Ausschlussklausel erfasst jedoch nicht nur „Fehlverarbeitungen“. Es besteht vielmehr schon dann kein Versicherungsschutz, wenn die Störung des Körpers mit ihrer psychogenen Natur erklärt werden könne, so wie dies bei einer posttraumatischen Belastungsstörung der Fall ist (vgl. OLG Frankfurt Urt. v. 18.12.2015 – 7 U 195/13). Selbst wenn der Versicherungsnehmer nachweisen könnte, dass er aufgrund des Unfalls eine posttraumatische Belastungsstörung erlitten habe, handele es sich hierbei um eine psychische Reaktion, die nicht vom Versicherungsschutz umfasst ist. Dies würde sich anders darstellen, wenn durch einen Unfall Gehirnstrukturen verletzt werden, die zu psychischen Beeinträchtigungen führen, da es sich dabei primär um körperliche Verletzungen handelt.
Die bedingungsgemäße Entschädigung von Unfallschäden knüpft an objektiv erfassbare Vorgänge an. Damit trägt der Leistungsausschluss bei psychischen Unfallfolgen dem berechtigten Interesse des Versicherers an einer zuverlässigen Tarifkalkulation Rechnung. Zudem wird dadurch eine zeitnahe Entscheidung über die Entschädigung gewährleistet. Dies entspricht letztlich auch dem Interesse des Versicherungsnehmers an einer zügigen Regulierung und günstigen Prämien.
Die Einbeziehung von psychogenen Schäden in den Versicherungsschutz, die auch stark von den persönlichen Dispositionen des Versicherungsnehmers abhängen und bei denen Auslöser praktisch jedwedes Geschehen in der Außenwelt sein kann, würde eine reibungslose, kostengünstige Vertragsabwicklung nicht mehr gewährleisten. Um einigermaßen verlässliche Feststellungen treffen zu können, ob eine krankhafte psychische Reaktion des Versicherungsnehmers vorliegt und ob diese dann auch auf dem Unfall beruht, wären vielmehr regelmäßig langwierige, gegebenenfalls stationäre Untersuchungen erforderlich, so das OLG Frankfurt.
Vor diesem Hintergrund stehen dem Versicherungsnehmer vorliegend keine Invaliditätsleistungen für die psychischen Beeinträchtigungen infolge des Unfalls zu.
Der Fall vor dem OLG Frankfurt verdeutlicht die Bedeutung der Versicherungsbedingungen für den Umfang des Versicherungsschutzes in der Unfallversicherung. Entsteht Streit über den Umfang des Versicherungsschutzes, so kann es daher ratsam sein, frühzeitig juristische Unterstützung durch einen im Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt in Anspruch zu nehmen. Gerne stehen hierfür auch Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte zur Verfügung.
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