Falschberatung durch Versicherungsvermittler, Versicherungsvertreter, Versicherungsmakler Beweislast

Prozessvertretung durch Versicherungsmakler? (OLG Düsseldorf)

Das OLG Düsseldorf hat mit Urteil vom 18.09.1990 (Az.: 20 U 4/90) darüber entschieden, ob eine Prozessvertretung durch Versicherungsmakler möglich ist.

Haftpflichtprozess des Versicherungsnehmers

Die Versicherungsmaklerin vermittelte an einen Architekten, eine Berufshaftpflichtversicherung ab. Anschließend übernahm sie die dauernde Betreuung und Verwaltung des Versicherungsverhältnisses.

Sodann machte ein Auftraggeber des Architekten gegen diesen einen Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung von Architektenpflichten geltend. In dem damit verbundenen Verfahren auf Prozesskostenhilfe übernahm die Versicherungsmaklerin die Prozessvertretung des Architekten. Konkret reichte sie unter ihrem Briefkopf einen Schriftsatz ein, in dem sie zu dem erhobenen Schadensersatzanspruch sachlich Stellung nahm.

Infolgedessen beantragte ein Rechtsanwalt, die Versicherungsmaklerin zu verurteilen, es zu unterlassen, Versicherungsnehmer, für die sie einen Versicherungsvertrag vermittelt hat, in Prozesskostenhilfeverfahren und in Amtsgerichtsprozessen zu vertreten. Das zuständige Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des klagenden Rechtsanwalts hatte Erfolg.

Unterlassungsanspruch gegen Versicherungsmaklerin ist begründet

Nach Ansicht des OLG Düsseldorf war die Unterlassungsforderung begründet. Zunächst stellte das Gericht fest, dass die Versicherungsmaklerin zum klagenden Rechtsanwalt in unmittelbaren Wettbewerb tritt, wenn sie dritte Personen geschäftsmäßig in Rechtsangelegenheiten berät oder fremde Rechtsangelegenheiten besorgt. Im nächsten Schritt stellte das OLG Düsseldorf fest, dass die Versicherungsmaklerin unlauter handelt, wenn sie die Prozessvertretung eines Versicherungsnehmers in einem gerichtlichen Verfahren übernimmt.

Keine eigene Angelegenheit der Versicherungsmaklerin

Die Argumentation der Versicherungsmaklerin, sie habe mit der Prozessvertretung des Versicherungsnehmers nur eine eigene Angelegenheit wahrgenommen, vermochte das Gericht nicht zu überzeugen. Das OLG führte dazu aus, dass es sich in einem Schadensersatzprozess gegen den Versicherungsnehmer in erster Linie um eine Angelegenheit eben dieses Versicherungsnehmers handelt und in zweiter Linie um eine Angelegenheit des Haftpflichtversicherers, der für den Betrag, zu dessen Zahlung der Versicherungsnehmer verurteilt wird, aufkommen muss. Für den Versicherungsmakler hingegen sei der Ausgang einer solchen Streitigkeit wirtschaftlich gleichgültig. Um die Streitigkeit zur eigenen Angelegenheit zu machen, genüge es insbesondere nicht, dass der Versicherungsmakler in seinem Ansehen bei der Kundschaft oder bei der Versicherungsgesellschaft steigen mag, wenn es ihm dank seiner Mitwirkung im Prozess gelingt, einen Vermögensnachteil von Versicherungsnehmer und Versicherung abzuwenden.

Ausnahme bei Notwendigkeit der Rechtsberatung nach dem Berufsbild

Es sei ferner auch nicht vom Rechtsberatungsgesetz gedeckt, den Versicherungsnehmer in einem gegen diesen geführten Prozess zu vertreten. Nach Art. 1 § 5 Nr. 1 RBerG dürfe ein gewerblicher Unternehmer für seine Kunden rechtliche Angelegenheiten erledigen, die mit einem Geschäft des Gewerbebetriebs in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Durch das Gesetz soll die eigentliche Berufstätigkeit eines Gewerbetreibenden nicht unangemessen erschwert werden. Deshalb gestatte die genannte Vorschrift ihm eine rechtsberatende oder rechtsbesorgende Tätigkeit, wenn diese sich im Rahmen seiner (anders gearteten) eigentlichen Berufsaufgabe vollzieht und hier eine “Hilfs- und Nebentätigkeit” darstellt. Dabei sei entscheidend, ob diese Tätigkeit zu vernünftiger Ausübung des Berufes nach dem für ihn geltenden spezifischen Berufsbild oder gesetzlichen Leitbild nötig ist. In diesem Sinne dürfe ein Architekt etwa für den Bauherrn Verträge mit Handwerkern abschließen.

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Berufsbild des Versicherungsmaklers

Hierzu führte das OLG Düsseldorf aus, dass es sicherlich zu dem Berufsbild des Versicherungsmaklers gehöre, nicht nur Versicherungsverträge zu vermitteln, sondern auch die von ihm zustande gebrachten Verträge ständig zu betreuen und zu verwalten. Nach Auffassung des Gerichts gehöre dazu auch die Hilfeleistung an den Versicherten nach einem Schadensfall, insbesondere die Mitwirkung bei der Schadensregulierung und die Vertretung der Interessen des Versicherten gegenüber dem Versicherer.

Das OLG stellte jedoch klar, dass die Prozessvertretung eines Versicherungsnehmers in einem gegen ihn geführten Haftungsprozess gerade außerhalb dieses Berufsbildes liege. Denn ein Versicherungsmakler, der für einen Versicherungsnehmer in einer gerichtlichen Streitigkeit auftritt, wahre dessen Interessen gerade nicht mehr gegenüber dem Versicherer, sondern gegenüber einem außenstehenden Dritten. Er würde sich dann nicht mehr um die versicherungsrechtliche oder versicherungstechnische Seite des Schadensfalls bzw. um die Schadensregulierung kümmern, sondern um eine Angelegenheit des Haftpflichtversicherers.

Differenzierung zwischen Rechtsberatung und Prozessvertretung

Zwar gehöre zur Schadensabwicklung, bei der der Versicherungsmakler Versicherungsnehmer gegenüber dem Versicherer beraten und vertreten darf, zunächst auch die Schadensfeststellung. Es möge zudem zutreffen, dass ein Versicherungsmakler, der erst kurz nach Anzeige eines Schadensfalls mit der Kundenbetreuung beginnt, mit der Prüfung auch auf haftungsrechtliche Gesichtspunkte hin konfrontiert wird. Damit könne unvermeidlich eine Rechtsberatung des Versicherungsnehmers auch im Hinblick auf sein Außenverhältnis zu einem Dritten verbunden sein. Eine solche beiläufige Rechtsberatung sei indessen nicht mit einer Prozessvertretung des Versicherungsnehmers in einem Gerichtsverfahren gleichzusetzen. Denn beide Formen der Befassung mit einer fremden Rechtsangelegenheit seien ihrer Qualität und ihrem Gewicht nach sehr unterschiedlich. Entscheidend sei in diesem Zusammenhang, dass die Rechtsberatung eigentlich nur eine interne Belehrung des Auftraggebers darstellt, die diesem die Möglichkeit belässt, den ihm erteilten Rat nicht zu beachten oder sich anderweitigen Rechtsrat einzuholen.

Fazit

Die dargestellte Rechtsprechung des OLG Düsseldorf zeigt, dass Versicherungsmakler bei der Ausgestaltung ihrer beruflichen Tätigkeit durchaus kritisch die rechtlichen Gegebenheiten beachten sollten. Dabei kann es sich durchaus empfehlen, die genauen Umstände des Einzelfalles durch einen im Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt prüfen zu lassen. Gerne stehen hierfür auch Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte zur Verfügung.

Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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