Falschberatung durch Versicherungsvermittler, Versicherungsvertreter, Versicherungsmakler Beweislast

Schadensregulierung für den Versicherer durch den Versicherungsmakler (BGH)

Der BGH befasste sich mit Urteil vom 14.01.2016 (Az.: I ZR 107/14) mit der Frage, was die Haupt- und Nebenpflichten des Versicherungsmaklers sind, und ob die Schadensregulierung im Auftrage des Versicherers unter eine dieser Pflichten fällt.

Schadensregulierung durch Versicherungsmaklerin

Die Versicherungsmaklerin vermittelt regelmäßig Verträge an Versicherungsgesellschaften und ist darüber hinaus im Auftrag der Versicherer mit der Schadensregulierung befasst. Sie vermittelte sodann einen Versicherungsvertrag zwischen einem Textilreinigungsunternehmen als Versicherungsnehmer und einem Haftpflichtversicherer.

Der Versicherungsnehmer wurde wegen eines Schadensfalls von einem Kunden in Anspruch genommen, woraufhin die Versicherungsmaklerin sich unter dem 16.11.2011 mit folgendem Schreiben an den Kunden wandte:

„Sehr geehrter Herr S, der zuständige Versicherer hat uns mit der Bearbeitung o.g. Schadens beauftragt. Nach den gesetzlichen Bestimmungen haftet o.g. Firma bis zum Zeitwert der vernichteten bzw. beschädigten Objekte, d.h. es wird unter Berücksichtigung des Alters und des Gebrauchs Ersatz geleistet. Wir haben deshalb diesem Umstand Rechnung getragen und von dem angegebenen Anschaffungspreis einen Pauschalabzug neu für alt vorgenommen. Die Auszahlung der ermittelten Zeitwertpauschale in Höhe von 59,50 Euro wird veranlasst. ….“

Die Rechtsanwaltskammer Köln ist der Auffassung, die Versicherungsmaklerin habe damit gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) verstoßen und klagt auf Unterlassung einer derartigen schadensregulierenden Tätigkeit. Erstinstanzlich wies das Landgericht Bonn die Klage ab, auch die Berufung blieb ohne Erfolg. Nun verfolgt die Rechtsanwaltskammer Köln ihren Klageantrag mit der zugelassenen Revision weiter.

BGH urteilt zugunsten der Rechtsanwaltskammer

Die Revision hatte Erfolg. Nach Ansicht des BGH stelle die Schadensregulierung eine Rechtsdienstleistung im Sinne des § 2 Abs.1 RDG dar, bei der es sich indes um keine Nebenleistung des Berufs- und Tätigkeitsbildes eines Versicherungsmaklers handelt. Die Schadensregulierung habe dementsprechend nicht ohne entsprechende Erlaubnis vorgenommen werden dürfen, so dass die Versicherungsmaklerin unter Androhung von Ordnungsgeld zu verurteilen war, es zu unterlassen schadensregulierend für einen Versicherer tätig zu werden.

Schadensregulierung als Rechtsdienstleistung?

Eine Rechtsdienstleistung definierte der BGH als jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordere. Sie erfordere indes keinen bestimmten Schweregrad der rechtlichen Prüfung. Der BGH stellte fest, dass das Schreiben der Versicherungsmaklerin die Schadensregulierung unter die entsprechenden Normen des Schadensrechts subsumiere und dazu über eine rein schematische Anwendung von Rechtsnormen hinausgehe, so dass die Voraussetzungen einer Rechtsdienstleistung erfüllt seien. Demzufolge habe die Versicherungsmaklerin den Schaden ohne entsprechende Erlaubnis nur regulieren dürfen, wenn es sich dabei um eine Nebenleistung des Berufs- und Tätigkeitsbildes gehandelt hätte.

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Wann liegt eine Nebendienstleistung vor?

Gemäß § 5 Abs.1 RDG seien Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebendienstleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Dabei sei die Frage, ob eine Nebendienstleistung vorliegt, nach dem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang der Leistung mit der Haupttätigkeit zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind.

Jedenfalls sei der sachliche Zusammenhang der Schadensregulierung mit der Haupttätigkeit gegeben, so der BGH. Denn es handele sich um die die Abwicklung eines vom vermittelten Versicherungsvertrag abgedeckten Schadensfall. Damit stehe das Schreiben der Versicherungsmaklerin in sachlichem Zusammenhang mit dem von ihr für den Versicherungsnehmer vermittelten Versicherungsvertrag.

Haupttätigkeit eines Versicherungsmaklers

Allerdings gehöre nach Auffassung des BGH die Schadensregulierung im Auftrage des Versicherers – jedenfalls im Bereich der Textilhaftpflichtversicherung – nicht als Nebendienstleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild der Versicherungsmaklerin.

Haupttätigkeit eines Versicherungsmaklers sei nach § 59 Abs.3 VVG die Vermittlung oder der Abschluss von Versicherungsverträgen für den Aufraggeber, der jedoch gerade nicht Versicherer oder Versicherungsvertreter ist. Dazu führte der BGH aus, dass es zu den Aufgaben des Versicherungsmaklers gehöre, den Versicherungsvertrag nach Abschluss weiter zu betreuen, indem er den Vertrag ungefragt auf etwaigen Anpassungsbedarf sowie Verlängerungen hin überprüft und den Versicherungsnehmer rechtzeitig darauf hinweist, den Zahlungsverkehr fördert, im Schadensfall den Versicherungsnehmer sachkundig berät, für sachgerechte Schadensanzeigen sorgt und bei der Schadensregulierung die Interessen des Versicherungsnehmers wahrnimmt. Damit sei der Versicherungsmakler klar dem Lager des Versicherungsnehmers zuzuordnen, während der Versicherungsvertreter der Seite der Versicherer zuzuordnen sei.

Für diese Auffassung spreche ferner § 34 Abs.3 S.1 GewO, welcher eine Differenzierung zwischen den beiden Berufsbildern vorsehe. Zweck einer solchen Trennung sei die Vermeidung von Interessenkollisionen bei der Berufsausübung. Der Versicherungsmakler solle sich ganz nach den Interessen der Versicherungsnehmer richten, der Versicherungsvertreter nach denen des Versicherers.

Fazit

Die dargestellte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zeigt, dass Versicherungsmakler bei der Ausgestaltung ihrer beruflichen Tätigkeit durchaus kritisch die rechtlichen Gegebenheiten beachten sollten. Dabei kann es sich durchaus empfehlen, die genauen Umstände des Einzelfalles durch einen im Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt prüfen zu lassen. Gerne stehen hierfür auch Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte zur Verfügung.

Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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Rechtsanwalt erklärt, ob die Schadensregulierung für den Versicherer durch den Versicherungsmakler zulässig ist.

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