Rabatt bei der Vermittlung von ärztlichen Behandlungsleistungen (OLG Frankfurt a. M.)

Darf eine Vermittlerin von ärztlichen Behandlungsleistungen im Zusammenhang mit medizinischem Cannabis für ihre Tätigkeit mit einem Rabatt werben? Mit dieser Frage hatte sich das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. (OLG Frankfurt a. M.) zu befassen gehabt (OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 09.11.2023 – 6 U 82/23).

Womit hat die Vermittlerin geworben?

Die Antragsgegnerin im hiesigen Eilverfahren vor dem OLG Frankfurt a. M., eine Vermittlerin von ärztlichen Behandlungsleistungen, vermittelt über eine von ihr entwickelte Plattform ärztliche Behandlungsleistungen an Patienten im Zusammenhang mit medizinischem Cannabis. Im Rahmen ihrer Tätigkeit warb sie mit folgendem Werbeslogan:

„Buche jetzt deine Termine und spare 20%“.

Bei dieser Werbeaktion übermittelten die Kooperationsärzte nach der Behandlung an die Antragsgegnerin die jeweilige Rechnung über ihre Gebührenforderung. Sodann zog diese den beworbenen Rabatt in Höhe von 20% ab und stellte den jeweiligen Kunden die Rechnung im Namen der Kooperationsärzte aus.

Der Antragsteller, ein beim Bundesamt der Justiz eingetragener qualifizierter Wirtschaftsverband, wendet sich gegen diese Vorgehensweise der Vermittlerin. Das Landgericht Frankfurt a. M. hatte der Antragsgegnerin daraufhin im Eilverfahren verboten, ärztliche Leistungen mit Rabatten zu bewerben. Gegen diese Entscheidung legte die Antragsgegnerin die Berufung zum OLG Frankfurt a. M. ein.

Vermittlerin obsiegt vor dem Berufungsgericht

Die Berufung vor dem OLG Frankfurt a. M. hatte Erfolg. Der Senat hob die auf Unterlassung gerichtete Eilentscheidung der Vorinstanz auf. Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Zwar sei die pauschale Rabattgewährung auf ärztliche Behandlungskosten gesetzlich verboten. Gemäß § 10 Abs. 1 S. 2 GOÄ („Die Berechnung von Pauschalen ist nicht zulässig“) werde nämlich deutlich, dass der konkrete Preis an die Patienten weitergegeben werden muss. Denn mit den Vorschriften der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) solle „einem ruinösen Preiswettbewerb der Ärzte im Interesse eines funktionierenden Gesundheitswesens entgegen“ gewirkt werden. Aus diesem Grund sei jede Pauschalierung der ärztlichen Vergütung vor der Kontaktaufnahme mit dem Patienten untersagt. Zudem sei die GOÄ eine Marktverhaltensregelung, sodass ein Verstoß auch wettbewerbswidrig sei, vgl. § 3a UWG.

Gebührenordnung der Ärzte überhaupt anwendbar?

Jedoch unterliege die Antragsgegnerin selbst nicht den Regelungen der GOÄ. Adressaten der GOÄ seien ausschließlich Ärzte und Ärztinnen als Vertragspartner der Patienten aus dem Behandlungsvertrag. Ferner habe vorliegend die Antragsgegnerin ausweislich der eidesstattlichen Versicherung den Arzt entsprechend den Regelungen der GOÄ ohne Rabatt bezahlt und den Rabatt, der den Patienten eingeräumt wurde, selbst getragen. Der Senat führte weiter aus, entscheidend sei nur, dass der jeweilige Kooperationsarzt den von ihm nach der GOÄ korrekt in Rechnung gestellten Betrag vollständig erhält und folglich nicht selbst gegen die Vergütungsregelung verstößt. Demnach könne die Antragsgegnerin nie einen Verstoß gegen die Regelungen der GOÄ begehen, da nur Ärzte dieser unterlägen. Der Antragsgegnerin fehle die dafür nötige „Täterqualifikation“, meint das OLG. So könne die Antragsgegnerin als Vermittlerin beispielsweise an einer vorsätzlichen Haupttat nur vorsätzlich teilnehmen, wenn ein anderer vorsätzlich gegen die Vorschriften der GOÄ verstieße. In dem vorliegenden Fall fehle es jedoch an einer vorsätzlich begangenen Haupttat, da die Kooperationsärzte der Antragsgegnerin ordnungsgemäß nach der GOÄ abrechnen. Eine Haftung der Antragsgegnerin als Teilnehmerin scheide folglich aus, so der Senat.

Eine entsprechende Anwendung auch auf die Antragstellerin gebiete der Zweck der GOÄ, dass Abrechnungsverhalten der Ärzte so zu regulieren, dass ruinöser Preiswettbewerb zwischen den Ärzten verhindert werde, vorliegend nicht. Dazu führte der Senat schließlich aus, dass es selbst dann, wenn es sich bei der angegriffenen Rabattaktion nicht um eine bloß vorübergehende Marketingmaßnahme handeln sollte, weder ersichtlich noch vorgetragen sei, dass die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung durch qualifizierte Ärzte in Gefahr geraten werden könnte, falls sich Unternehmen wie die Antragsgegnerin einem ruinösen Preiswettbewerb ausgesetzt sähen.

Fazit und Praxishinweis

Die Entscheidung des Senats kann nur wenig überzeugen. Zwar hat das Gericht dabei rechtlich zutreffend herausgearbeitet, dass Vermittler den Regelungen der GOÄ nicht unterliegen, sondern lediglich und ausschließlich Ärzte selbst. Dass ein Verstoß gegen die Regelungen der GOÄ oder aber auch ein wettbewerbsrechtlicher Verstoß hier nicht vorliege, erscheint kaum nachvollziehbar. Denn mit „Rabatt-Modellen“ wie dem vorliegenden wird bewusst das „GOÄ-System“ unterlaufen, so dass hier von einem Umgehungsmodell auszugehen ist, welches mittelbar dennoch gegen die gesetzgeberische Intention verstößt, dass kein Preiskampf über die ärztlichen Gebühren stattfinden soll. Ein Modell bewusst so zu gestalten, dass Ärzte normal nach GOÄ abrechnen und der Patient dennoch Rabatte bekommt, dürfte sich durchaus mittelbar wettbewerbsverzerrend auswirken.

Ein bekanntes Vergleichsportal hinsichtlich Versicherungen hatte ebenfalls in der Vergangenheit versucht ein Umgehungsmodell zu schaffen, mittels welchem ein Verstoß gegen das Provisionsabgabeverbot umgangen werden sollte. Das Landgericht München I stufte dieses Vorgehen als unzulässige Umgehung ein und verurteilte das Vergleichsportal zur Unterlassung (siehe Urteilsbesprechung zu: LG München I, Urt. v. 04.02.2020 – 33 O 3124/19 „CHECK24 hat Umgehung des Provisionsabgabeverbots zu unterlassen“).

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Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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