In der Praxis können sich nach Abschluss des Versicherungsvertrages Umstände ergeben, die zu einer Gefahrerhöhung führen. Wann dies der Fall ist und welche rechtlichen Folgen sich hieraus ergeben können, soll der nachfolgende Artikel erläutern.
Ändern sich nach Vertragsschluss gefahrerhebliche Umstände, kann dies zum Eintritt einer Gefahrerhöhung führen. Von einer Gefahrerhöhung spricht man, wenn die Wahrscheinlichkeit des Gefahreintritts in Bezug auf das versicherte Risko vergrößert wird. Umfasst wird auch die Vergrößerung des Schadens und/oder die ungerechtfertigte Inanspruchnahme des Versicherers. Maßgeblich ist dafür, ob der Versicherer die fraglichen Umstände bei Vertragsschluss durch fehlende Angaben des Versicherungsnehmers nicht in den Versicherungsvertrag mit einbeziehen konnte. Infolgedessen muss eine fehlerhafte Risiko- und Prämienkalkulation eingetreten sein.
Die Feststellung der Gefahrerhöhung muss zunächst anhand eines objektiven Maßstabs erfolgen. Dafür müssen klare Umstände vorliegen, die in der Zukunft dazu führen können, dass der Eintritt eines Versicherungsfalls wahrscheinlicher ist. Im Zuge dessen muss eine Gesamtbetrachtung der gefahrenerheblichen Umstände erfolgen. Ferner sind jedoch auch subjektive Elemente zu berücksichtigen.
Zunächst bedarf es einer objektiven Risikoerhöhung. Diese liegt nur dann vor, wenn ein zusätzlicher Umstand nachträglich hinzutritt, der in seiner Art geeignet ist, eine selbständige Grundlage für einen neuen Gefahrenverlauf zu schaffen (siehe hierzu auch Gefahrerhöhung durch Trunkenheit des Versicherungsnehmers? (BGH)). Ein solcher Umstand kann auch durch ein Unterlassen des Versicherungsnehmers geschaffen werden (siehe dazu Gefahrerhöhung durch Unterlassen (OLG Hamm)).
Schlussendlich muss also die vorherig versicherte Risikolage mit der, die nach Hinzutreten der neuen Umstände vorliegt, verglichen werden (siehe auch Gefahrerhöhung in der Leitungswasserversicherung (BGH)). Wird bei einer solchen Gesamtbetrachtung festgestellt, dass eine bestimmte Risikoerhöhung durch die Reduzierung eines anderen Risikos kompensiert wird, so liegt keine Gefahrerhöhung vor (siehe auch Gefahrerhöhung durch Aufstellung eines Gerüsts (BGH)).
Anschließend muss festgestellt werden, ob die festgestellte Risikoerhöhung unerheblich ist oder unter das mitversicherte Risiko fällt (§ 27 VVG). Außerdem muss die Risikohöhung von einer gewissen Dauerhaftigkeit sein (siehe hierzu auch Dauerhaftigkeit der Gefahrerhöhung (BGH)).
Außerdem sind auch subjektive Elemente zu berücksichtigen. Jedoch darf ein Versicherungsnehmer eine Risikohöhung jedoch nicht eigenständig vornehmen. Nimmt er dennoch durch bewusstes und aktives Tun eine Risikoerhöhung vor, kann von einer Gefahrerhöhung ausgegangen werden.
Eine Gefahrerhöhung kann jedoch auch durch eine Risikoerhöhung erfolgen, die ihre Ursache in äußeren Umständen, die unabhängig vom Versicherungsnehmer eintreten, hat. Damit es zu einer Gefahrerhöhung im rechtlichen Sinne kommen kann, müssen diese Umstände dem Versicherungsnehmer dann aber auch bekannt sein. Besteht bezüglich der Risikoerhöhung keine Kenntnis, kann sich der Versicherungsnehmer weiterhin auf das Bestehen von Versicherungsschutz vertrauen (siehe auch Kenntnis der Gefahrerhöhung (OLG Düsseldorf)).
Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte unterstützen Versicherte bundesweit bei der Geltendmachung von Ansprüchen im Versicherungsrecht. Unsere Rechtsanwälte unterstützen Sie dabei, zu Ihrem Recht zu kommen und stehen Ihnen zunächst gerne für einen kostenfreien Erstkontakt zur Verfügung.
Grundsätzlich ist der Versicherungsnehmer dazu verpflichtet, eine Risikohöhung ohne Einwilligung des Versicherers nicht vorzunehmen und auch Dritten nicht zu gestatten. Den Versicherungsnehmer trifft also eine sogenannte Gefahrstandspflicht. Verletzt der Versicherungsnehmer diese Obliegenheit, so kann der Versicherer unter den weiteren Voraussetzungen des § 24 VVG den Versicherungsvertrag kündigen oder stattdessen eine Prämienanpassung nach § 25 VVG vornehmen.
Der Versicherungsnehmer ist zudem auch zur Anzeige der Gefahrerhöhung verpflichtet (BGH, Urteil vom 11.12.1980 – Az.: IVa ZR 18/80). Die Anzeige muss unverzüglich und ohne schuldhaftes Zögern erfolgen (siehe hierzu auch Kenntnis des Versicherers von der Gefahrerhöhung (OLG Rostock)). Die Beweislast für eine rechtzeitige Anzeige trifft den Versicherungsnehmer (BGH v. 09.11.1967 – Az.: II ZR 153/65). Erfolgt keine Anzeige, kann dies nach § 26 VVG bei Eintritt eines Versicherungsfalls zur Leistungsfreiheit des Versicherers führen.
Ob eine Gefahrerhöhung vorliegt, muss durch eine gründliche Beurteilung aller relevanten Umstände erfolgen (siehe dazu auch: Verletzung des rechtlichen Gehörs bei der Gefahrerhöhung (BGH)). Nicht jede objektive Risikoerhöhung ist dabei geeignet zu einer Gefahrerhöhung im rechtlichen Sinne zu führen. Beruft sich der Versicherer daher auf eine Leistungsfreiheit oder Leistungskürzung, kann es daher durchaus sinnvoll sein die Leistungsentscheidung des Versicherers durch einen im Versicherungsrecht tätigen Rechtsanwalt rechtlich prüfen zu lassen. Gerne stehen hierfür auch Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte zur Verfügung.
Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:
Mit unserer Kompetenz streiten wir ehrgeizig für Ihr Ziel, nämlich Ihre Interessen durchzusetzen! Wir freuen uns, dass unsere Mandanten-/-innen unser Engagement schätzen und positiv bewerten.
Verpassen Sie auch zukünftig keinen Beitrag unserer Kanzlei. Über unseren 2mal monatlich erscheinenden Newsletter erhalten Sie stets die aktuellen Beiträge unserer Kanzlei zu den Themen Versicherungsrecht, Bank- und Kapitalmarktrecht, Vertriebsrecht, Handelsvertreterrecht und Wettbewerbsrecht. Wir freuen uns auf Ihre Anmeldung.