Das OLG Hamm hatte mit seinem Urteil vom 12.11.2014 (AZ: 20 U 261/12) zu entscheiden, wann eine Gefahrerhöhung durch eine Betriebsänderung in der Gebäudeversicherung anzunehmen ist.
Der Versicherungsnehmer unterhielt eine Gebäudeversicherung. Versichert war ein mehrstöckiges Gebäude. Die Räumlichkeiten im Erdgeschoss hatte der Vater des Versicherungsnehmers gemietet und betrieb dort zunächst einen Reifenhandel. Später wurden die Räume im Obergeschoss des Gebäudes an Prostituierte vermietet. Der Versicherer wurde über diese Veränderung nicht informiert.
Anschließend kam es zu einem Brand in dem versicherten Gebäude. Als Ursache konnte eine Brandstiftung festgestellt werden. Der Versicherungsnehmer machte daraufhin Ansprüche aus der Gebäudeversicherung gegenüber dem Versicherer geltend. Dieser lehnte eine Schadensregulierung jedoch ab. Er argumentierte, dass aufgrund der gewerbsmäßigen Prostitution eine Gefahrerhöhung durch eine Betriebsänderung in der Gebäudeversicherung eingetreten sei. Infolge der nicht angezeigten Gefahrerhöhung sei er von der Leistungspflicht befreit.
Daraufhin erhob der Versicherungsnehmer Klage vor dem Landgericht Hamm. Das Landgericht Hamm entschied dabei teilweise zugunsten des Versicherungsnehmers. Dagegen richtete sich die Berufung des Versicherers vor dem Oberlandesgericht Hamm.
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Das Oberlandesgericht Hamm erachtete die Berufung des Versicherers als zulässig und begründet. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass der Versicherungsnehmer keinen Anspruch auf Regulierung des Schadens habe, sondern der Versicherer wegen einer Gefahrerhöhung durch eine Betriebsänderung leistungsfrei geworden sei.
Das Oberlandesgericht Hamm stellt zunächst fest, dass der Versicherungsfall durch den Brand zweifelsfrei eingetreten sei. Allerdings sei eine Leistungsbefreiung des Versicherers anzunehmen, da der Versicherungsnehmer ohne Kenntnis des Versicherers (siehe hierzu Kenntnis des Versicherers von der Gefahrerhöhung (OLG Rostock)) eine Gefahrerhöhung vorgenommen habe.
Eine Gefahrerhöhung läge bei einer nachträglichen und andauernden Änderung der Gefahrenlage vor, bei der die Wahrscheinlichkeit des Eintritts des Versicherungsfalls gesteigert sei. Eine solche Steigerung könne in der Vermietung der Räumlichkeiten im Obergeschoss gesehen werden. Durch die Einrichtung eines Bordells könne eine Verbindung zu kriminellen Milieus gesehen werden, die wiederum zu einer Gefahrerhöhung führe. Eine Änderung der Gebäudenutzung könne in diesem Fall zu einer Gefahrerhöhung führen. Dabei komme es auch nicht darauf an, dass die Betreibung des Bordells von außen nicht zu erkennen war, da lediglich entsprechende Werbung im Internet betrieben wurde. Einschlägigen Personen sei die Adresse des Bordells sehr wohl bekannt gewesen.
Die Änderung der gewerblichen Nutzung der oberen Etage hätte der Versicherungsnehmer daher nach Ansicht des Oberlandesgerichts Hamm gegenüber dem Versicherer angeben müssen. Der Versicherer müsse die Chance gegeben werden, die zu zahlende Prämie bei einer Gefahrhöhung anzupassen. Bei Abschluss des Versicherungsvertrags habe der Bordellbetrieb nämlich noch nicht vorgelegen. Es sei anzunehmen, dass der Versicherer bei Vorliegen eines solchen Gewerbes eine andere Prämienkalkulation vorgenommen hätte. Folglich sei eine Gefahrerhöhung durch eine Betriebsänderung anzunehmen.
Das Oberlandesgericht Hamm stellte zudem fest, dass dem Versicherungsnehmer die Umstände der Gefahrerhöhung bewusst waren und er sie sogar selbst herbeigeführt habe. Dennoch habe er den Versicherer nicht darüber informiert.
Auch könne von einem Zusammenhang der Brandstiftung und des Bordellbetriebs ausgegangen werden. Infolgedessen kam das Oberlandesgericht zu dem Ergebnis, dass der Versicherer infolge der Gefahrerhöhung durch eine Betriebsänderung nicht zu einem Schadensregulierung verpflichtet sei.
Eine Gefahrerhöhung durch eine Betriebsänderung kann zu einer Leistungsfreiheit des Versicherers führen. Ob jedoch tatsächlich eine Gefahrerhöhung vorliegt, ist anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles zu ermitteln. Nicht jede Betriebsänderung führt also zu einer Gefahrerhöhung, welche den Versicherer von seiner Leistungspflicht befreit.
Verweigert der Versicherer daher eine Schadensregulierung wegen einer Gefahrerhöhung, so kann es durchaus empfehlenswert sein, die Leistungsablehnung des Versicherers durch einen im Versicherungsrecht spezialisierten Anwalt prüfen zu lassen. Gerne unterstützen Sie auch Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte. Einen weiterführenden Artikel zu dieser Thematik finden Sie auch unter Die Gefahrerhöhung
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