Der BGH hatte sich mit dem Urteil vom 18.10.1952 (AZ: II ZR 72/52) mit der Frage zu befassen, ob eine Gefahrerhöhung durch Trunkenheit des Versicherungsnehmers entstehen kann.
Der Versicherungsnehmer verursachte im Zustand der Trunkenheit einen Verkehrsunfall. Er stieß mit einem entgegenkommenden Fahrradfahrer zusammen.
Bei der Aufnahme des Unfallgeschehens wurde auch der Blutalkoholwert des Versicherungsnehmers bestimmt. Dabei ergab die Messung des Alkoholgehalts im Blut des Versicherungsnehmers einen Wert von 2,08 Promille. Der verletzte Fahrradfahrer machte daraufhin eine Entschädigung gegen den Versicherungsnehmer geltend.
Der Haftpflichtversicherer zahlte infolgedessen eine Entschädigungsleistung an den verletzten Fahrradfahrer. Anschließend verlangte der Versicherer die gezahlte Entschädigungsleistung vom Versicherungsnehmer zurück. Der Versicherer begründete dies damit, dass eine Gefahrerhöhung durch Trunkenheit des Versicherungsnehmers vorgelegen habe. Aus diesem Grund sei er nicht mehr zur Leistung verpflichtet. Der Versicherungsnehmer klagte daraufhin auf Feststellung des Bestehens von Versicherungsschutz. Der Klage wurde in den ersten beiden Instanzen stattgegeben. Dagegen richtete sich die Revision des Versicherers vor dem BGH.
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Auch der BGH entschied jedoch zugunsten des Versicherungsnehmers. Das durch den Versicherer angefochtene Urteil sei nicht zu beanstanden. Eine Leistungsbefreiung des Versicherers aufgrund einer Gefahrerhöhung durch Trunkenheit des Versicherungsnehmers sei demnach nicht eingetreten.
Zunächst stellte der BGH fest, dass die allgemeinen Regeln über die Gefahrerhöhung auch auf die Kfz-Versicherung anwendbar seien. Die Voraussetzungen einer Gefahrerhöhung lägen aber in besagtem Fall nicht vor. Eine Gefahrerhöhung sei dann anzunehmen, wenn nach Vertragsabschluss eingetretene Änderungen der gefahrenerheblichen Umstände zu einem wahrscheinlicheren Eintritt des versicherten Risikos führen würden.
Der BGH argumentierte jedoch weiter, dass die Änderungen der Umstände auch von einer gewissen Dauer sein müssten (siehe hierzu auch Dauerhaftigkeit der Gefahrerhöhung (BGH)). Wäre dies nicht der Fall, so läge schon im Eintritt eines jeden Versicherungsfalls eine Gefahrerhöhung. Dies führe wiederum immer zu einer Leistungsbefreiung des Versicherers, die gesetzlich nicht gewollt sei. Vielmehr seien an eine Leistungsbefreiung wegen Gefahrerhöhung besonders strenge Anforderungen zu stellen.
Aber auch eine reine Abstellung auf die Dauer der Gefahrerhöhung könne nicht ausreichen. Es komme vielmehr darauf an, ob der Zustand auch dazu geeignet sei, in seiner Natur eine gewisse Zeit anzudauern. Eine Gefahrenerhöhung läge vor, wenn in der Risikoerhöhung ein neuer Zustand erhöhter Gefahr geschaffen werde, der von gewisser Dauer sei, so dass so die Grundlage eines neuen Gefahrenverlaufes entstünde. In der Dauer der Gefahrenlage spiegele sich gerade das gesteigerte Risiko wider, welches die Gefahrenerhöhung ausmache.
In Bezug auf den vorliegenden Fall stellte der BGH fest, dass eine Trunkenheitsfahrt nicht von einer gewissen Dauer sei. Eine einmalige Trunkenheitsfahrt sei ihrer Natur nach daher nicht dazu geeignet, eine fortdauernde Wirkung zu entfalten und könne daher keinen neuen Gefahrenzustand erzeugen. Der Versicherer hätte auch bei Anzeige und Kenntnis der Risikoerhöhung keine Kündigung des Vertrages vornehmen können, da die Trunkenheitsfahrt schon durch Ausnüchterung des Fahrers nach wenigen Stunden vorüber gewesen wäre.
Der BGH kam daher zu dem Ergebnis, dass durch die vorrübergehende Dauer der Trunkenheitsfahrt keine Gefahrerhöhung durch Trunkenheit des Versicherungsnehmers angenommen werden könne. Folglich könne sich der Versicherer nicht auf eine Leistungsbefreiung aufgrund einer Gefahrerhöhung berufen.
Das Urteil des BGH zeigt, dass eine Gefahrerhöhung bereits bei einer fehlenden Dauerhaftigkeit der Risikoerhöhung ausscheiden kann. Bereits deshalb verneinte der Bundesgerichthof in dem vorliegenden Fall eine Gefahrerhöhung durch Trunkenheit des Versicherungsnehmers.
Beruft sich der Versicherer daher auf eine Leistungsfreiheit oder Leistungskürzung wegen einer Gefahrerhöhung, kann es daher durchaus sinnvoll sein die Leistungsentscheidung des Versicherers durch einen im Versicherungsrecht tätigen Rechtsanwalt rechtlich prüfen zu lassen. Gerne stehen hierfür auch Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte zur Verfügung. Einen weiterführenden Artikel hierzu finden Sie auch unter Die Gefahrerhöhung
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