Gefahrenerhöhung in der Leitungswasserversicherung (BGH)

Der BGH hatte mit seinem Urteil vom 23.06.2004 (AZ: IV ZR 219/03) zu entscheiden, wann eine Gefahrenerhöhung in der Leitungswasserversicherung anzunehmen ist.

Frostbedingter Leitungswasserschaden

Die Versicherungsnehmerin betrieb einen Elektro-Einzelhandel. Im Zuge dessen hatte sie entsprechende Räumlichkeiten in einem Haus angemietet. Diese umfassten den Keller, das Erd- und erste Obergeschoss des Hauses. Das zweite und dritte Obergeschoss des Hauses blieb unbenutzt, wurde aber durch den Eigentümer des Hauses im Winter durch Heizlüfter beheizt. Eine Beheizung über die Rohre und Heizung des Hauses erfolgte nicht. Der Eigentümer führte aber regelmäßige Kontrollgänge durch, um den Zustand der Räumlichkeiten zu überprüfen.

Während einer starken Frostperiode kam es über Nacht zu einer undichten Stelle in einer Leitung im dritten Obergeschoss. Das infolgedessen austretende Leitungswasser verursachte Überschwemmungen in den darunterliegenden Geschossen. Davon waren auch die Räumlichkeiten der Versicherungsnehmerin betroffen. Daher machte die Versicherungsnehmerin Ansprüche aus der Leitungswasserversicherung geltend.

Der Versicherer lehnte den Schadensausgleich jedoch mit der Begründung ab, dass eine Gefahrenerhöhung in der Leitungswasserversicherung eingetreten sei. Dies sei durch die leerstehenden Räumlichkeiten verursacht worden, die ein erhöhtes Risiko für die frostgefährdeten Leitungen darstellen würden, da diese nicht über die Heizung des Hauses geheizt wurden.

Das Landgericht Bremen wies die Klage ab. Die sich dagegen gerichtet Berufung vor dem OLG Bremen wurde ebenfalls zurückgewiesen. Sodann hatte der BGH über den Fall zu entscheiden.

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BGH verneint Gefahrerhöhung

Der BGH entschied zugunsten der Versicherungsnehmerin.

Keine Gefahrenerhöhung in der Leitungswasserversicherung

Zunächst stellte der BGH fest, dass die Versicherungsnehmerin ohne die Einwilligung des Versicherers keine Gefahrerhöhung vornehmen dürfe. Jede Gefahrerhöhung, die ihr bekannt sei, müsse sie dem Versicherer unverzüglich melden, auch dann, wenn sie gegen ihren Willen eingetreten sei. Erfolge binnen eines Monats nach bekannt werden der Gefahrerhöhung keine Anzeige gegenüber dem Versicherer, sei dieser von der Leistung befreit.

Diese Voraussetzungen einer Leistungsfreiheit wegen Gefahrenerhöhung seien aber im vorliegenden Fall nicht gegeben. Eine Gefahrerhöhung sei nämlich nur anzunehmen, wenn die Gefahrenlage bei Vertragsschluss nicht mit der Gefahrenlage bei Eintritt des Versicherungsfalls übereinstimme. Es müsse also eine Erhöhung des versicherten Risikos erfolgt sein.

Selbst wenn angenommen werden würde, dass auch äußere Umstände zu einer Gefahrerhöhung führen können, müsse eine Gesamtbetrachtung der Situation erfolgen. Die ursprüngliche Risikosituation ist danach mit der geänderten Risikosituation zu vergleichen. Dabei ist festzustellen, dass durch unbeheizte Räume das Risiko eines frostbedingten Leitungswasserschadens zwar höher sei, durch das Bewohnen von Räumen entstünden aber anderer Risikolagen, die einer unbewohnten Wohnung gelichstünden. Daher könne keine Gefahrerhöhung durch eine unbewohnte Wohnung angenommen werden.

Keine Kenntnis der Versicherungsnehmerin

Auch fehle es schon an der Kenntnis der Versicherungsnehmerin. Es könne schon keine Kenntnis des Eigentümers von der Gefahrerhöhung unterstellt werden, da dieser gerade glaubte, durch das Aufstellen von Heizlüftern und das Durchführen von regelmäßigen Kontrollgängen bestünde keine erhöhte Gefahr. Darauf hätte sich auch die Versicherungsnehmerin verlassen können. Der BGH kam daher zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen einer Gefahrerhöhung in der Leitungswasserversicherung nicht vorlägen. Folglich könne auch nicht von einer Leistungsfreiheit des Versicherers ausgegangen werden.

Fazit zum Urteil des BGH

Das Urteil des BGH zeigt, dass nicht in jeder Veränderung von äußeren Umständen auch gleich eine Gefahrenerhöhung in der Leitungswasserversicherung gesehen werden kann. Vielmehr müssen alle Umstände der geänderten Risikolage beurteilt werden. Von besonderer Relevanz ist dabei auch die Kenntnis des Versicherungsnehmers.

Verweigert der Versicherer daher eine Schadensregulierung wegen einer Gefahrerhöhung, so kann es durchaus empfehlenswert sein, die Leistungsablehnung des Versicherers durch einen im Versicherungsrecht spezialisierten Anwalt prüfen zu lassen. Gerne unterstützen Sie auch Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte. Einen weiterführenden Artikel zu dieser Thematik finden Sie auch unter Die Gefahrerhöhung

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Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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