Das OLG Rostock hatte sich mit seinem Urteil vom 16.07.2007 (AZ: 6 U 171/06) mit der Frage zu befassen, ob der Versicherungsnehmer trotz einer Gefahrerhöhung wegen einer Kenntnis des Versicherers von der Gefahrerhöhung trotzdem eine Regulierung des Schadens verlangen kann.
Der Versicherungsnehmer unterhielt bei dem Versicherer eine Feuerversicherung. In dem versicherten Gebäude kam zunächst zu einem Brand mit einem Schaden von geringem Ausmaß. Das Haus hatte vorher leer gestanden. Aufgrund des geringen Schadens verzichtete der Versicherungsnehmer auf eine Schadensregulierung.
Gleichwohl wünschte der Versicherer jedoch den Versicherungsvertrag zu ändern. Hintergrund war der Wunsch nach einer Prämienerhöhung. Der Versicherungsnehmer weigert sich jedoch den Änderungsantrag anzunehmen, woraufhin der Versicherer den Vertrag zum 30.10.2004 kündigte.
In der Nacht vom 08.10.2004 auf den 09.10.2004, mithin einige Monate nach dem vorherigen Brand, ereignete sich ein Brand in den Räumen des versicherten Gebäudes. Der entstandene Schaden belief sich auf 263.265,00 €. Der Versicherungsnehmer machte daraufhin gegenüber dem Versicherer Ansprüche aus der Feuerversicherung geltend. Der Versicherer lehnte die Schadensregulierung jedoch mit der Begründung ab, dass ihm gegenüber die Gefahrerhöhung nicht angezeigt worden sei und er daher von der Leistung befreit sei. Die Gefahrerhöhung sei durch das Leerstehen des Hauses eingetreten.
Hiermit war der Versicherungsnehmer nicht einverstanden und erhob Klage vor dem Landgericht Rostock. Das Landgericht Rostock gab der Klage des Versicherungsnehmers überwiegend statt. Dagegen richtete sich die Berufung des Versicherers vor dem Oberlandesgericht Rostock.
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Das Oberlandesgericht Rostock bestätigte die Entscheidung des Landgerichts Rostock. Der Versicherer könne sich nicht auf eine Leistungsbefreiung aufgrund einer Gefahrerhöhung berufen.
Das Oberlandesgericht Rostock stellt zunächst fest, dass der Versicherungsnehmer nach den allgemeinen Versicherungsbedingungen des Vertrages eigenständig keine Gefahrerhöhung vornehmen dürfe. Falls eine Gefahrerhöhung gegen seinen Willen eintrete, müsse unverzüglich eine Anzeige der Gefahrerhöhung erfolgen. Verletzt der Versicherungsnehmer seine Anzeigepflicht, kann der Versicherer zur Kündigung des Vertrags ohne Einhaltung einer Frist berechtigt sein.
Eine Befreiung des Versicherers von der Leistungspflicht könne zudem eintreten, wenn der Versicherungsfall später als einen Monat nach der Gefahrerhöhung eintritt und der Versicherungsnehmer den Versicherer nicht binnen eines Monats über diese Gefahrerhöhung informiert hat. Dies gilt jedoch nicht, wenn eine Kenntnis des Versicherers von der Gefahrerhöhung vorlag.
Nach der Meinung des Oberlandesgerichts Rostock könne eine Verletzung der Anzeigepflicht nicht angenommen werden. Der Versicherungsnehmer habe weder selbst eine Gefahrerhöhung vorgenommen, noch habe er es unterlassen, den Versicherer über diese zu informieren. Ein leerstehendes Gebäude könne nur dann eine Gefahrerhöhung darstellen, wenn nach außen hin ein Verwahrlosungszustand zu erkennen sei, welcher so eine Anziehung auf unbefugte Dritte ausübe. In einem solchen Zustand habe sich das fragliche Gebäude aber nicht befunden.
Eine Gefahrerhöhung könne daher nur in dem vorausgehenden Brand gesehen werden. Dem Versicherer sei dieser Brand aber vom Versicherungsnehmer gemeldet worden. Auch der Leerstand wurde dabei erwähnt. Das Oberlandesgericht ging deshalb davon aus, dass eine Kenntnis des Versicherers von der Gefahrerhöhung zum Zeitpunkt des Versicherungsfalls vorlag. Folglich sei der Versicherer nicht leistungsfrei geworden.
Das Urteil des OLG Rostock zeigt, dass nicht jede Gefahrerhöhung zu einer Leistungsbefreiung des Versicherers führen muss. Eine Verletzung der Anzeigepflicht bei der Gefahrerhöhung kann nur dann angenommen werden, wenn keine Kenntnis des Versicherers von der Gefahrerhöhung vorlag. Liegt eine Kenntnis jedoch vor, so kann dieser sich nicht auf eine Leistungsbefreiung berufen.
Verweigert der Versicherer daher eine Schadensregulierung wegen einer Gefahrerhöhung, so kann es durchaus empfehlenswert sein, die Leistungsablehnung des Versicherers durch einen im Versicherungsrecht spezialisierten Anwalt prüfen zu lassen. Gerne unterstützen Sie auch Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte. Einen weiterführenden Artikel zu dieser Thematik finden Sie auch unter Die Gefahrerhöhung
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