Der BGH hatte sich in seinem Urteil vom 09.11.1967 (AZ: II ZR 153/65) mit der Frage zu befassen, ob eine Gefahrerhöhung durch technische Mängel am Fahrzeug entstehen kann.
Der Versicherungsnehmer unterhielt für sein Fahrzeug eine Kfz-Haftpflichtversicherung. Das Fahrzeug wurde auch von einem Angestellten genutzt. Dieser verursachte mit dem Fahrzeug einen Verkehrsunfall, bei dem er in einer Rechtskurve von seiner Fahrbahn abkam und frontal in ein entgegenkommendes Fahrzeug stieß. Dabei entstand sowohl ein Personen- als auch ein Sachschaden.
Der Versicherer behauptete, dass der Unfall nach seiner Ansicht durch technische Mängel am Fahrzeug verursacht worden war. Er sei daher wegen Gefahrerhöhung durch technische Mängel am Fahrzeug nicht mehr zur Leistung verpflichtet und könne folglich die an den Geschädigten geleistete Entschädigung vom Versicherungsnehmer ersetzt verlangen. Der Versicherungsnehmer ist hingegen der Ansicht, der Unfall sei durch das zu schnelle Fahren des Angestellten verursacht worden. Er begehrt daher die Feststellung des Bestehens von Versicherungsschutz.
Das Landgericht wies die Feststellungsklage des Versicherungsnehmers ab. Das Oberlandesgericht gab der Berufung des Versicherungsnehmers hingegen statt. Dagegen richtete sich die Revision des Versicherers vor dem BGH.
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Der BGH wies die Revision des Versicherers zurück. Nach der Meinung des BGH könne eine Leistungsbefreiung des Versicherers aufgrund einer Gefahrerhöhung durch technische Mängel am Fahrzeug nicht nachgewiesen werden.
Der BGH führte aus, dass eine Gefahrerhöhung durch technische Mängel am Fahrzeug möglich sei. Im vorliegenden Fall sei dies aber keine Gefahrerhöhung gegeben, da davon auszugehen sei, dass der Defekt an den Bremsen erst am Tag des Unfalls aufgetreten sei. Der BGH verwies dabei auf die Angaben eines Sachverständigen, die dem Urteil des Berufungsgerichts zugrunde lagen. Dieser hielt es für möglich, dass der Schaden der Bremsen erst am Unfalltag aufgetreten sei. Das Argument des Versicherers, dass die Bremsen schon lange vor dem Unfall schadhaft gewesen seien, hielt der BGH nicht für glaubwürdig.
Aufgrund dessen könne schon gar nicht von einer Gefahrerhöhung ausgegangen werden. Die Beweislast dafür trage der Versicherer, der den nötigen Beweis nicht erbringen könne (siehe dazu auch: Minderung der Versicherungsleistung wegen Gefahrerhöhung (KG Berlin)).
Wolle der Versicherer eine Gefahrerhöhung geltend machen, so setzte dies voraus, dass der Versicherungsnehmer oder ein Dritter mit seiner Erlaubnis das Fahrzeug trotz des mangelhaften Zustands mehrmals benutzt habe. Dies könne nicht vorliegen, wenn der Defekt der Bremse erst unterwegs auftrete und der Versicherungsnehmer bei der Fahrt gar nicht anwesend sei. Er könne deshalb nicht über die Weiterfahrt bestimmen, wenn es vor der Ankunft des Fahrzeugs zu einem Unfall komme.
Folglich könne der Versicherer eine Gefahrerhöhung durch technische Mängel am Fahrzeug nicht beweisen. Der Versicherer konnte sich infolgedessen auch nicht auf eine Leistungsbefreiung berufen.
Eine Gefahrerhöhung durch technische Mängel am Fahrzeug ist grundsätzlich möglich. Dies zeigt die Entscheidung deutlich. Damit sich der Versicherer auf eine Leistungsfreiheit wegen einer Gefahrerhöhung berufen kann, müssen jedoch weitere Umstände hinzutreten.
Ob im Einzelfall tatsächlich eine Gefahrerhöhung vorliegt, ist anhand der konkreten Umstände des konkreten Falles zu ermitteln. Verweigert der Versicherer eine Schadensregulierung wegen einer Gefahrerhöhung, so kann es durchaus empfehlenswert sein, die Leistungsablehnung des Versicherers durch einen im Versicherungsrecht spezialisierten Anwalt prüfen zu lassen. Gerne unterstützen Sie auch Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte. Einen weiterführenden Artikel zu dieser Thematik finden Sie auch unter Die Gefahrerhöhung
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