Das LG Dortmund hatte sich in dem Urteil vom 31.01.2023 (AZ: 2 O 333/16) mit der Frage zu befassen, wann ein Nachweis des Einbruchsdiebstahls in der Betriebsinhaltsversicherung durch den Versicherungsnehmer erbracht ist.
Die Versicherungsnehmerin unterhielt eine Betriebsinhaltsversicherung, die auch eine Einbruchsdiebstahlsversicherung umfasste. Während des Bestehens des Versicherungsvertrages erhöhte die Versicherungsnehmerin die Versicherungssumme der Einbruchdiebstahlsversicherung von 150.000,00 € auf 350.000,00 €. Kurze Zeit später meldete die Versicherungsnehmerin dem Versicherer, dass es zu einem vermeintlichen Einbruchsdiebstahl in den Geschäftsräumen der Versicherungsnehmerin gekommen sei.
In der ausgefüllten Schadensanzeige gab die Versicherungsnehmerin an, dass es zu einem Einbruch in ihre Lagerräume gekommen sei. Dabei seien Waren im Wert von 312.792,85 € entwendet worden. Eine angebliche Rechnung der entwendeten Ware wurde durch die Versicherungsnehmerin vorgelegt. Laut der Rechnung handelte es sich bei der Ware um „Kinderware laut Lieferschein“. Der Rechnungsaussteller war Inhaber einer Firma, die Leistungen im Bereich „Bodenleger/ Trockenbau“ anbot. Zum Tatzeitpunkt befand sich die Firma in erheblichen finanziellen Schwierigkeiten. Ein Firmenstempel befand sich nicht auf der Rechnung, sondern lediglich der Name der Firma. Auf dem Lieferschein waren nur generelle Angaben der Produkte vermerkt. Herstellerangaben waren nicht angegeben. Ausweislich eines Empfangsschreibens sei die Ware in bar von der Versicherungsnehmerin bezahlt worden.
Der Versicherer verweigert die Schadensregulierung. Er gab an, er habe Zweifel an dem vermeintlichen Einbruchsdiebstahl. Der Versicherer ist der Meinung, dass die angegebene Ware nie existiert habe und den Lieferschein und die Rechnung gefälscht seien. Für eine Vortäuschung des Diebstahls spreche besonders die kürzlich erhöhte Versicherungssumme, durch die nun der vermeintliche Schaden vollständig abgedeckt sei. Zudem hätte der Lieferant zur Besorgung der verkauften Ware gar nicht in der Lage gewesen sein, da er sich in erheblichen finanziellen Schwierigkeiten befand. Weiterhin gehöre die Ware nicht zu den üblichen Leistungen des Verkäufers.
Die Versicherungsnehmerin erhebt daraufhin Klage vor dem Landgericht Dortmund.
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Das Landgericht wies die Klage der Versicherungsnehmerin ab. Der Beweis des bedingungsmäßigen Einbruchsdiebstahls sei der Versicherungsnehmerin nicht gelungen.
Das Landgericht stellte fest, dass dem Versicherungsnehmer die Beweislast des Versicherungsfalls zukommt. Dafür müsse er das äußere Bild eines Einbruchsdiebstahls nachweisen (siehe hierzu auch: Nachweis des Einbruchsdiebstahls bei fehlenden Einbruchsspuren (LG Bremen)). Diesbezüglich müsse die Versicherungsnehmerin dem Landgericht objektive Tatsachen vorlegen, die den Einbruchsdiebstahl bestätigen. Von besonderer Relevanz seien dabei die entwendeten Gegenstände. Die Versicherungsnehmerin müsse bezüglich dieser beweisen, dass sich diese vor dem Einbruchsdiebstahl am Versicherungsort befanden.
Für den Beweis bezüglich der Ware dürften dem Gericht keine Zweifel verbleiben. Das Landgericht war nach der Beweisaufnahme jedoch nicht davon überzeugt, dass sich die angegebene Ware an dem Versicherungsort befand.
Vorliegend bestanden bei dem Landgericht Dortmund erhebliche Zweifel bezüglich der Lagerung der Ware am Versicherungsort. Die Aussagen der Versicherungsnehmerin und des Verkäufers würden Ungereimtheiten aufweisen. Besondere Unterscheidungen ergaben sich bei der Angabe der Beteiligten über die Anlieferung der Ware. Es wurden diesbezüglich unterschiedliche Aussagen über die Anlieferung der Ware getroffen. Der Verkäufer machte auch widersprüchliche Aussagen zu seinem Geschäftsbetrieb. Auch konnte er keine Angaben zu den Herstellern der Kinderklamotten machen. Auch mache er unterschiedliche Aussagen zum Transportweg der Ware.
Auch die Angaben der Angestellten der Versicherungsnehmerin seien wage und widersprüchlich. Dabei fehle es an Angaben, die die tatsächliche Lieferung der Ware bestätigen. Es blieb unklar, ob und in wessen Auftrag welcher Inhalt unter welchen Umständen an das Geschäft der Versicherungsnehmerin geliefert wurde. Dies liege besonders daran, dass sich die Aussagen der einzelnen Zeugen und die der Versicherungsnehmerin erheblich widersprechen würden. Das Gesamtbild führe zum fehlenden Nachweis des Einbruchsdiebstahls in der Betriebsinhaltsversicherung. Aufgrund der verbliebenden Zweifel könne die Versicherungsnehmerin den Beweis für einen Einbruchsdiebstahl nicht erbringen. Der Versicherer muss keine Schadensregulierung vornehmen.
Das Urteil des LG Dortmund zeigt, dass an den Nachweis des Einbruchsdiebstahls in der Betriebsinhaltsversicherung durchaus nicht unerhebliche Anforderungen gestellt werden können. Dies betrifft insbesondere den Umstand, dass die entwendeten Sachen sich tatsächlich am Versicherungsort befunden haben. Dabei kommt es durchaus auf die Umstände des konkreten Einzelfalles an. Sollte der Versicherer eine Schadensregulierung ablehnen, so kann es daher sinnvoll sein, einen im Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt zu kontaktieren. Gerne berät Sie hier auch Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte. Weiter Informationen finden Sie auch unter: Betriebsinhaltsversicherung.
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