Versicherung zahlt nicht bei Autodiebstahl Rechtsanwalt

Erhebliche Abweichung der Laufleistung in der Schadensanzeige (KG Berlin)

Das KG Berlin hatte sich mit dem Urteil vom 24.09.2002 (AZ: 6 U 298/01) mit der Frage zu befassen, ob eine erhebliche Abweichung der Laufleistung in der Schadensanzeige als Verletzung der Obliegenheitspflicht dem Versicherungsnehmers anzulasten ist.

Verweigerung der Schadensregulierung durch den Versicherer

Der Versicherungsnehmer unterhielt eine Kaskoversicherung für sein Fahrzeug. Der Sohn des Versicherungsnehmers nutzte das betreffende Fahrzeug eigenverantwortlich und kam auch für die Unterhaltungskosten auf. Dieser stellte das Fahrzeug am Abend ab und fand dieses am nächsten Vormittag nicht mehr vor.

Daraufhin wurde der Kraftfahrzeugdiebstahl dem Versicherer gemeldet. Die Schadensanzeige wurde mit einem Vertreter des Versicherers ausgefüllt. Zu den Angaben in der Schadensanzeige zählte auch die Angabe der Laufleistung des Fahrzeugs. Nach Aussagen des Sohns bat der Vertreter des Versicherers ihn ausdrücklich um eine ungefähre Angabe der Laufleistung. Zunächst gab der Sohn sodann an, die Laufleistung läge über 20.000 km und unter 100.000 km. Auf weitere Nachfrage des Vertreters gab der Sohn sodann eine Laufleistung von ca. 75.400 km an. Durch eine vorherige Inspektion war aber bereits eine Laufleistung von 86.500 km festgestellt worden.

Der Versicherer verweigert daraufhin die Regulierung des Schadens. Dies begründet er besonders mit der erheblichen Abweichung der Laufleistung in der Schadensanzeige von der tatsächlich ermittelten Laufleistung.

Der Versicherungsnehmer machte sodann seine Forderung gerichtlich geltend. Nach einer erstinstanzlichen Entscheidung hatte sich sodann das KG Berlin mit dem Fall zu beschäftigen.

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Leistungsfreiheit des Versicherers bei unrichtiger Angabe der Laufleistung?

Das Kammergericht Berlin entschied zugunsten des Versicherers. Zunächst stellt das Kammergericht fest, dass der Versicherungsnehmer den Beweis für den Kraftfahrzeugdiebstahl erbringen konnte (siehe hierzu auch Beweis des Autodiebstahls in der Kfz-Versicherung (OLG Dresden)).

Obliegenheitspflichtverletzung durch erhebliche Abweichung der Laufleistung in der Schadensanzeige

Allerdings sah das KG Berlin die Obliegenheit zur ordnungsgemäßen Angabe bei der Schadensanzeige als verletzt an. Der Sohn des Versicherungsnehmers habe hier zum Kilometerstand objektiv falsche Angaben gemacht, die zu einer erheblichen Abweichung der Laufleistung in der Schadensanzeige führten.

Dies sei besonders durch die prozentuale Differenz zu beurteilen. Danach sei bei einer Laufleistung über 100.000 km eine Differenz von 10% als unschädlich anzusehen (siehe hierzu auch Täuschung über die Laufleistung des Kfz (OLG Köln)). Im vorliegenden Fall betrage die Laufleistung aber deutlich unter 100.000 km und die Differenz der Laufleistungen 15%. Folglich sei die Differenz aufgrund der geringeren Laufleistung als noch gravierender zu werten. Die Anzeige der Laufleistung sei auch unter Berücksichtigung der Toleranz bis 10% objektiv falsch.

Leistungsfreiheit des Versicherers bei erheblicher Abweichung

Das Kammergericht stellte zudem fest, dass bei einer objektiven Falschbeantwortung ein vorsätzliches Handeln zu vermuten sei (siehe hierzu auch Verschweigen von Vorschäden in der Schadensanzeige (LG Hamburg)). Ein Gegenbeweis sei dem Versicherungsnehmer nicht gelungen. Die Falschangabe sei daher nicht mit bloßen Erinnerungslücken zu rechtfertigen. Auch wenn der Vertreter den Sohn ausdrücklich zur ungefähren Angabe aufgefordert habe, sei daher dennoch eine objektive Falschangabe anzunehmen.

Die Laufleistung sei ein erheblicher wertbildender Faktor, der besonders für den Wiederbeschaffungswert von großer Bedeutung sei. Eine erhebliche Abweichung der Laufleistung in der Schadensanzeige führe daher zu einer Verfälschung des Wiederbeschaffungswertes.

Folglich führte die erhebliche Abweichung der Laufleistung in der Schadensanzeige zu einer Verletzung der Obliegenheitspflichten des Versicherungsnehmers (siehe hierzu auch Welche (vor-) vertraglichen Obliegenheiten bestehen für Versicherungsnehmer?). Dies führe zu einer Befreiung der Leistungspflicht des Versicherers.

Fazit zu der Entscheidung des KG Berlin

Das Verfahren am KG Berlin zeigt, dass eine erhebliche Abweichung der Laufleistung in der Schadensanzeige eine Verletzung der Obliegenheitspflichten bedeuten kann. Dies kann dazu führen, dass der Versicherer von seiner Leistungspflicht befreit ist. Das Ausfüllen einer Schadensanzeige sollte daher stets sorgfältig und gewissenhaft erfolgen.

Allerdings kommt es stets auf die konkreten Umstände des Einzelfalles an. Kommt es also zu einer Leistungsablehnung wegen einer Falschangabe der Laufleistung in der Schadensanzeige, so kann eine Beratung durch einen im Versicherungsrecht spezialisierten Anwalt von Vorteil sein. Gerne steht hierfür auch die Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte zur Verfügung. Weitere Informationen finden Sie u.a. auch unter Versicherung zahlt nicht nach Autodiebstahl.

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Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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Rechtsanwalt Jens Reichow erklärt, wann eine Abweichung der Laufleistung in der Schadensanzeige erheblich ist.

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