Das OLG Düsseldorf hat sich mit Urteil vom 29.02.2000 (Az.: 4 U 77/99) mit der Frage der Zumutbarkeit von Schadensminderungsmaßnahmen zu befassen.
Der Versicherungsnehmer – ein Kaufmann – unterhielt eine Gebäude- und Geschäftsversicherung einschließlich einer Versicherung gegen Sturmschäden für eine Lagerhalle, in der er Ersatzteile und Materialien aus ehemaligen Bundeswehrbeständen eingelagert hatte.
Nach einem Sturm, der die Windstärke 8 Beaufort überschritt, wurden an mehreren Stellen der linken Dachhälfte des Lagerhalle Dachziegel abgetragen. In der Folgezeit konnte Regenwasser ungehindert in das Halleninnere eindringen. Daraufhin wendete sich der Versicherungsnehmer an seinen Versicherer, der den Versicherungsschutz aber ablehnte. Insbesondere behauptet der Versicherer, es habe sich bei den eingelagerten Materialien im Wesentlichen um verpackte Metallteile gehandelt, die nicht innerhalb weniger Tage unter Feuchtigkeitseinfluss verderben könnten. Weiterhin seien die festgestellten Korrosionsschäden an ausgepackten Einzelteilen darauf zurückzuführen, dass diese Teile während der vierzehnjährigen Einlagerungszeit erheblichen Temperaturschwankungen ausgesetzt gewesen seien, die zu Kondenswasserbildung geführt hätten.
Schließlich hält der Versicherer dem Versicherungsnehmer vor, er habe gegen seine Schadensminderungspflicht verstoßen. Er hätte nämlich nach den Sturmschäden am Dach nichts unternommen, um eine weitere Schädigung der eingelagerten Güter abzuwenden. Der Versicherungsnehmer verfolgte seinen Anspruch auf Ersatz des ihm entstandenen Schadens sodann gerichtlich.
Der Versicherungsnehmer hat nach Möglichkeit für die Abwendung oder Minderung des Schadens zu sorgen, so das OLG Düsseldorf. Die Frage, welche konkreten Schadensminderungsmaßnahmen er zu diesem Zwecke zu ergreifen hat, richte sich nach dem pflichtgemäßen Ermessen eines ordentlichen Versicherungsnehmers. Ein solcher sei zwar nicht zu Rettungsversuchen verpflichtet, deren Sinnlosigkeit offen zutage liegt. Er dürfe allerdings Maßnahmen, die sich nach den Umständen anbieten, ihm zumutbar sind und generell zur Schadenabwendung geeignet sind, nicht unversucht lassen. Ansonsten verletze er seine Schadensminderungspflicht, wenn er das Gebotene nicht veranlasst.
Vorliegend habe der Versicherungsnehmer gegen diese Verpflichtung verstoßen. Ein ordentlicher Versicherungsnehmer hätte nämlich von allein verstanden, dass bei einer Beschädigung des Daches, bei der Regenwasser ungehindert in die Lagerhalle eindringen konnte, eine unverzügliche provisorische Abdichtung des Daches geboten war. Ebenso hätte es sich dem Versicherungsnehmer aufdrängen müssen, angesichts der Tatsache, dass die in der Halle gelagerten Materialien durchnässt waren, umgehend für die Trocknung des Lagerraums zu sorgen, da bei den zahlreichen Metallteilen, die sich zumindest teilweise in nicht feuchtigkeitsbeständigen Pappkartons befanden, anderenfalls mit Korrosionsschäden zu rechnen war.
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Gegen diese Schadensminderungspflicht habe der Versicherungsnehmer – wenn nicht vorsätzlich – so doch jedenfalls grob fahrlässig verstoßen. Grob fahrlässig handele, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in hohem Maße außer Acht lässt und nicht beachtet, was an sich jedem einleuchten muss. Dass unter den gegebenen Umständen zur Verhinderung weiterer Durchnässungsschäden schnelles Handeln erforderlich gewesen sei, liege auf der Hand und habe jedem, erst recht einem Kaufmann, bewusst sein müssen. Wenn der Versicherungsnehmer aber dennoch von der gebotenen Schadensminderungsmaßnahme absieht, sei sein Handeln subjektiv unentschuldbar.
Der Versicherungsnehmer könne sich auch nicht dadurch entlasten, dass der Versicherer ihm keine Weisung zur Abdichtung des Daches erteilt hat, denn der Versicherer sei gerade nicht dazu verpflichtet, Weisungen zur Schadensminderung zu erteilen.
Im Ergebnis war der Geschäftsversicherer daher nicht verpflichtet den Schaden an den eingelagerten Waren zu ersetzen.
Ein Versicherungsnehmer ist nach Eintritt des Versicherungsfalls zur Abwendung oder Minderung des Schadens verpflichtet. Welche Schadensminderungsmaßnahmen dazu geboten und zumutbar sind, richtet sich nach dem pflichtgemäßen Ermessen eines ordentlichen Versicherungsnehmers. Er kann sich dabei nicht darauf verlassen, nur die vom Versicherer konkret erteilten Weisungen zur Schadensminderung umzusetzen.
Welche konkreten Maßnahmen zur Schadensminderung geboten gewesen sind, bestimmt sich jedoch stets nach dem konkreten Einzelfall. Lehnt der Versicherer eine Leistung also unter Verweis auf einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht ab, so kann es sich durchaus anbieten einen im Versicherungsrecht tätigen Rechtsanwalt mit der genauen Prüfung des individuellen Einzelfalles zu beauftragen. Gerne stehen hierfür auch Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte zur Verfügung. Einen umfassenden Artikel zur Schadensminderungspflicht finden Sie hier: Die Schadensminderungspflicht des Versicherungsnehmers
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