Das Landgericht Berlin hatte mit Urteil vom 17.04.2013 (Az.: 23 O 261/11) über die Frage der Prämienherabsetzung nach Wegfall von Risikofaktoren zu entscheiden. Der Versicherer hatte wegen Risikofaktoren nämlich bei Abschluss der Versicherung eine höhere Prämie verlangt.
Die Versicherte schloss zum 01.01.2008 einen Versicherungsvertrag mit einer privaten Krankenversicherung (PKV) ab. Im Mai desselben Jahres informierte ihr Vorversicherer den Versicherer über die einschlägigen Behandlungszeiträume. Darunter fielen insbesondere Behandlungen von Wirbelsäulenbeschwerden, Kreuzschmerzen (Hexenschuss, Lumbago, Lumbalgie), des Zervikalsyndroms und des Wirbelsäulensyndroms.
Der Versicherer erklärte alsdann gegenüber der Versicherten den Rücktritt vom Versicherungsvertrag. Dies begründete er damit, dass sie die Wirbelsäulenerkrankungen zu Beginn im Versicherungsantrag nicht angegeben hatte. Gleichzeitig bot der Versicherer eine Vertragsanpassung in Form eines Risikozuschlages an, die daraufhin vereinbart wurde.
Im März 2010 erwirkte der Versicherer eine weitere rückwirkende Vertragsanpassung in Form eines Risikozuschlages aufgrund einer nicht von der Versicherten angegebenen Hypertrophie der Nasenmuschel. In Anlehnung an einen nicht angegebenen Kopfschmerz nahm der Versicherer im Juli 2010 eine weitere rückwirkende Prämienerhöhung vor.
Um eine Herabsetzung der Prämie zu erwirken, zog die Versicherte sowohl im Falle der Prämienerhöhung aufgrund der Hypertrophie der Nasenmuschel als auch im Falle des Kopfschmerzes einen Arzt zur Beurteilung heran. In einem ärztlichen Attest wurde im ersten Fall festgestellt, dass eine Hypertrophie nicht vorliegt. Auch bei der Frage nach der ärztlichen Beurteilung des Kopfschmerzes stellte ein Facharzt fest, dass die Versicherte weder regelmäßig noch wegen Spannungskopfschmerzes behandelt wurde. Schließlich bestätigte ein ärztliches Attest, dass der Vortrag der Versicherten, sie leide unter keiner Nasenatmungsbehinderung, glaubhaft ist.
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Der Versicherer verwendet bei seiner subjektiven Risikoprüfung das Prüfungssystem „AktuarMed“, welches eine mehrdimensionale Betrachtung verschiedener Kombinationen von Vorerkrankungen vornimmt. Indes ist zu beachten, dass bei Vorerkrankungen, die nicht vollständig ausgeheilt oder beendet werden können und Folgeerkrankungen oder andere Beschwerden begünstigen, ein Risikozuschlag nicht zeitlich begrenzt werden kann. Da es sich bei den Beschwerden der Versicherten um solche handelt, die nicht nach einmaliger Behandlung geheilt werden können, wurde von dem Versicherer eine entsprechende zeitlich unbefristete Prämienerhöhung verlangt.
Die Versicherte ist allerdings der Meinung, die Risikozuschläge müssten „gestrichen“ werden. Als Begründung dafür macht sie geltend, dass sie seit längerer Zeit beschwerde- und behandlungsfrei ist und ihre den Risikozuschlag begründenden Erkrankungen zwischenzeitlich ausgeheilt sind.
Nach erfolgloser vorgerichtlicher Auseinandersetzung klagte die Versicherungsnehmerin so dann vor dem LG Berlin auf Herabsetzung der monatlichen Prämie.
Die Klage der Versicherten blieb jedoch erfolglos. Das Gericht entschied in diesem Fall, dass die notwendige Voraussetzung des Wegfalls oder Bedeutungsloswerdens der risikoerhöhenden Umstände vorliegend gerade nicht eingetreten ist. Maßgeblich ist hierbei die der Prämienerhöhung zugrundeliegende subjektive Risikoeinschätzung des Versicherers. Demgemäß trug der Versicherer seine Risikoprüfungsgrundsätze vor und verdeutlichte, dass sich die Prämienerhöhung auf prognostische Erwägungen stützt. Die Umstände der Versicherten seien nicht durch einmalige Behandlung zu beseitigen, zudem würden sie gerade Folgebeschwerden und andere Beschwerden begünstigen.
In solchen Fällen reichen die von der Versicherten gerügten beschwerde- oder behandlungsfreie Zeiten allein nicht aus, um die Risikoerheblichkeit entfallen zu lassen. Erforderlich ist vielmehr, dass die Versicherte vorträgt, dass ein potenziell erhöhtes Risiko nicht (mehr) vorliegt und zukünftig daraus folgende Erkrankungen auszuschließen sind. Die Versicherte brachte allerdings nichts dergleichen hervor, sodass eine Prämienherabsetzung vorwiegend ausgeschlossen
Eine Prämienerhöhung im Rahmen einer privaten Krankenversicherung ist bei besonders behandlungsbedürftigen Erkrankungen gerade vor dem Hintergrund des erhöhten finanziellen Risikos für den Versicherer naheliegend. Fällt dieser risikoerhöhende Umstand allerdings weg oder wird dieser bedeutungslos, so kann eine Herabsetzung der Prämie verlangt werden. Ein weiterführender Artikel zu diesem Themenbereich ist hier zu finden: „Herabsetzung der Versicherungsprämie nach Wegfall der gefahrerhöhenden Umstände“.
Eine Besonderheit ergibt sich hierbei aus denjenigen risikoerhöhenden Umständen, die auf prognostizierten Erwägungen beruhen. In diesem Fall muss der Versicherte positiv nachweisen, dass insgesamt kein erhöhtes Gefahrrisiko (mehr) vorliegt und Folgebeschwerden auszuschließen sind. Ob im konkreten Einzelfall eine Prämienherabsetzung verlangt werden kann, bedarf daher einer genauen Prüfung der individuellen Sachverhaltsumstände. Es kann sich daher durchaus empfehlen, in streitigen Fällen einen im Versicherungsrecht tätigen Rechtsanwalt zu kontaktieren.
Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.
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