Das OLG Köln (OLG Köln, Urteil vom 02.05.1991 – Az. 5 U 148/90) hatte sich mit der Frage zu befassen, ob der Versicherer den Beweis eines Suizids auch durch einen Abschiedsbrief erbringen kann, nachdem der Versicherte mit seinem Pkw gegen eine Stützmauer gefahren ist und dabei zu Tode kam.
Der Versicherte unterhielt seit dem 16.07.1986 eine Lebensversicherung, sowie eine Unfalltod-Zusatzversicherung. In den allgemeinen Versicherungsbedingungen wurde ein Ausschluss der Leistungspflicht vereinbart, falls sich der Versicherte innerhalb von drei Jahren nach Versicherungsabschluss suizidiert. Bezugsberechtigt sollte seine Ehefrau sein.
Am 07.03.1989 prallte der Versicherte mit seinem Pkw gegen eine Stützmauer, die sich auf der linken Seite der Fahrbahn befand. Am folgenden Tag erlag er seinen Verletzungen. Im Pkw führte er ein Schreiben mit sich, welcher einem Abschiedsbrief glich.
Der Versicherer verweigerte daraufhin jegliche Leistung. Dies begründete er damit, dass sich der Versicherte suizidiert habe. Nachdem das Landgericht die Klage abwies, befasste sich das OLG Köln mit der Sache.
Das OLG Köln war der Ansicht, dass der Versicherer den vollen Beweis dafür erbringen müsse, dass es sich bei dem Tod des Versicherten um eine vorsätzliche Selbsttötung gehandelt habe.
Nach Ansicht des OLG Köln könne dabei der Schluss auf eine vorsätzliche Selbsttötung noch nicht daraus gezogen werden, dass der Versicherte mutmaßlich mit einer Geschwindigkeit von 70 km/h auf die Stützmauer aufprallte. Dennoch sprächen gewichtige Umstände für diese Tatsache. Die Stelle des Aufpralls sei angesichts der umliegenden Gefahrenstellen wenig prädestiniert dafür, einen Kontrollverlust des PKWs herbeizuführen, welcher in einem tödlichen Unfall mündet. Auch seien keine Anhaltspunkte für technische Defekte am Auto feststellbar gewesen, auch wenn diese nicht ausgeschlossen werden können. Auch eine etwaige Übermüdung des Versicherten sei nicht geeignet, eindeutige Schlüsse auf die Absicht zu ziehen, mit welcher der PKW die Stützmauer getroffen habe.
Jedoch gäbe es weitere Umstände, die gewichtige Indizien für das Vorliegen eines Suizids darstellen. Der Versicherte habe beim Aufprall einen Brief bei sich geführt. In diesem schrieb der Versicherte davon, dass er sich für seinen nächsten Schritt zwar schämen würde, er jedoch keinen Ausweg mehr sehen würde und er seine Familie und Ehefrau liebe.
Dieses Schreiben ist richtigerweise als Abschiedsbrief zu werten. Entgegen der Ansicht der Ehefrau sei kein Raum für Interpretationen, welche den Brief nur als Abschied zu einem temporären Ausflug über die Alpen deuten. In Anbetracht der sonstigen Umstände des Geschehens sei dies ein gewichtiges Indiz dafür, dass kein Unfall, sondern eine vorsätzliche Selbsttötung vorlag. Wenn sich die Indizien für oder gegen eine vorsätzliche Selbsttötung vorher noch die Waage gehalten haben, so sprächen die Indizien mit dem Abschiedsbrief nun eindeutig gegen einen Unfallhergang.
Dem OLG nach liege demnach eindeutig eine vorsätzliche Selbsttötung vor, sodass der Versicherer leistungsfrei sei und ein Anspruch der Ehefrau nicht bestehe. Das Landgericht habe die Klage zurecht abgewiesen.
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Das Verfahren des OLG Köln zeigt, dass einem Abschiedsbrief durchaus erhebliches Gewicht für die Frage des Beweises eines Selbstmordes zukommen kann. Dabei ist aber auch der genaue Inhalt des Abschiedsbriefes genau zu würdigen und zu fragen, ob darin tatsächlich der Versicherte eine Selbstmordabsicht bekundet.
Es ist jedenfalls immer das Einzelfallgeschehen unter Berücksichtigung sämtlicher relevanter Umstände zu betrachten. Verweigert die Lebensversicherung bezugsberechtigten Personen die Leistung, kann es sich daher durchaus empfehlen einen im Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt hinzuzuziehen. Weitere interessante Beiträge zum Thema finden sie hier: „Zahlt die Lebensversicherung nach einem Suizid?“
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