Falschberatung durch Versicherungsvermittler, Versicherungsvertreter, Versicherungsmakler Beweislast

Falschberatung durch Versicherungsmakler bei Wechsel der Krankenversicherung (OLG Karlsruhe)

Das OLG Karlsruhe hatte in seinem Urteil vom 07.03.2023 (Az. 12 U 268/22) zur Frage der Falschberatung durch einen Versicherungsmakler bei Wechsel der Krankenversicherung zu entscheiden.

Wechsel der Krankenversicherung

Die Versicherungsnehmerin war bis Ende 2018 bei einer Versicherungsgesellschaft privat krankenversichert. Der Versicherungsvertrag umfasste unter anderem die Zahlung von Krankentagegeld und Krankenhaustagegeld im Falle der Arbeitsunfähigkeit.

Ende November 2018 riet ein Versicherungsmakler der Versicherungsnehmerin zu einem Wechsel der Krankenversicherung. Nachdem drei Versicherer miteinander verglichen wurde, entschied sich die Versicherungsnehmerin für einen Wechsel der Krankenversicherung. Der Versicherungswechsel sollte eigentlich zum 01.01.2019 stattfinden. Er geschah jedoch erst am 01.04.2019.

Die Versicherungsnehmerin stellte bei ihrer neuen Krankenversicherung einen Leistungsantrag. Diese prüfte daraufhin eine Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht der Versicherungsnehmerin. Sie kam dabei zu dem Ergebnis, dass die Versicherungsnehmerin eine Vorerkrankung verschwiegen hatte. Nachdem ein Rücktritt vom Versicherungsvertrag verhindert werden konnte, bemerkte die Versicherungsnehmerin jedoch, dass der neue Versicherungsvertrag von Anfang jedoch kein Krankentagegeld oder Krankenhaustagegeld enthielt.

Die Versicherungsnehmerin machte daraufhin Schadensersatzansprüche gegen den Versicherungsmakler geltend. Sie ist der Ansicht, dass eine Falschberatung durch den Versicherungsmakler vorliegen würde, da sie nicht über den fehlenden Versicherungsschutz bzgl. des Krankentagegeldes und des Krankenhaustagegeldes aufgeklärt worden sei. Der Versicherungsmakler ist hingegen der Auffassung, seiner Beratungspflicht nachgekommen zu sein. Nachdem das LG Heidelberg der Versicherungsnehmerin Recht gab, hat nun das OLG Karlsruhe über die Berufung zu entscheiden.

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Verletzung der Beratungspflichten durch mangelnde Aufklärung

Das OLG Karlsruhe hat eine Falschberatung des Versicherungsmaklers angenommen. Ein Versicherungsmakler habe weitgehende Beratungspflichten gegenüber den Versicherungsnehmern, die den Versicherungsmakler zur Vertretung ihrer Interessen beauftragen. Er sei dazu verpflichtet, einen für das persönliche Risiko des Versicherungsnehmers individuell passenden Versicherungsschutz zu finden (siehe hierzu auch Sachwalterentscheidung des BGH). Empfehle der Versicherungsmakler den Wechsel der Krankenversicherung, ergebe sich daraus sogleich die Pflicht, dem Versicherungsnehmer eine umfassende Übersicht über die jeweiligen Vor- und Nachteile der in den Vergleich einbezogenen Tarife zu bieten.

Diese Pflicht sei schon dadurch verletzt worden, dass der Versicherungsmakler die Versicherungsnehmerin nicht darüber aufgeklärt habe, dass der neue Versicherungsvertrag kein Krankenhaustagegeld und Krankentagegeld beinhalte. Einwände des Versicherungsmaklers gegen die nicht erfolgte Aufklärung können schon deswegen nicht berücksichtigt werden, weil der Versicherungsmakler seine Dokumentationspflicht nicht nachgekommen ist und daher beweispflichtig geblieben ist (siehe BGH: Umkehr der Beweislast bei fehlender oder unvollständiger Dokumentation). Eine etwaige Aufklärung hinsichtlich der Deckungslücke nicht glaubhaftmachen könne.

Ersatz des Schadens aufgrund der Falschberatung

Der Versicherungsnehmerin war auch ein ersatzfähiger Schaden entstanden. Denn die im Versicherungsrecht geltende Vermutung beratungsgerechten Verhaltens sprach vorliegend dafür, dass die Versicherungsnehmerin bei ordnungsgemäßer Beratung ihren Altvertrag nicht gekündigt hätte.  Die Versicherungsnehmerin sei somit so zu stellen, wie sie ohne Wechsel des Versicherers gestanden hätte (siehe hierzu Quasideckung: So ermittelt der BGH den Schaden des Versicherten bei einer Pflichtverletzung des Versicherungsvermittlers).

Hätte die Versicherungsnehmerin den Versicherer nicht gewechselt, hätte sie im Falle einer Arbeitsunfähigkeit weiterhin Anspruch auf Krankenhaustagegeld und Krankentagegeld. Sobald die Versicherungsnehmerin zukünftig arbeitsunfähig werde und nach dem alten Tarif einen Anspruch auf Krankengeld oder Krankenhaustagegeld gehabt hätte, sei der Versicherungsmakler dafür zukünftig ersatzpflichtig.

Fazit und Hinweise für die Praxis

Versicherungsmakler treffen umfassende Beratungspflichten gegenüber ihren Versicherungsnehmern. Die Beratung ist dabei auch zu dokumentieren. Das Urteil des OLG Karlsruhe zeigt dabei wie weitreichend ein Verstoß gegen die Dokumentationspflicht sein kann. Verletzt der Versicherungsmakler die Dokumentationspflicht, so ist er beweisbelastet.

Liegt eine Falschberatung vor, so richtet sich der Anspruch dem Grunde nach auf die Wiederherstellung des Zustandes, der ohne die Beratungspflichtverletzung bestehen würde. Wurde aufgrund der Falschberatung also der Versicherungsvertrag gewechselt, so kann den Versicherungsmakler eine Schadensersatzpflicht dahingehend treffen, dass er für den nicht mehr bestehenden Versicherungsschutz aufkommen muss.

Bei Fragen und Problemen rund um das Thema Vermittlerrecht empfiehlt es sich stets einen im Versicherungsrecht spezialisierten Rechtsanwalt zu konsultieren. Dieser hilft Versicherungsnehmern bei Rechtsfragen und Problemen rund um die Vermittlerhaftung. Weitere interessante Beiträge zum Thema Maklerhaftung finden sie hier: Die Haftung des Versicherungsmaklers

Wurden auch Sie falsch beraten?

Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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