Bei der Leistung aus der Berufsunfähigkeitsversicherung geht es oftmals um die wirtschaftliche Existenz des Versicherten. Fällen der Berufsunfähigkeit widmen wir uns daher mit besonderem persönlichem Engagement.
Aktive Piloten können ihr Berufsausfallrisiko durch eine Berufsunfähigkeitsversicherung absichern. Für sie werden spezielle Zusatzprodukte angeboten, die sogenannten Lizenzverlustversicherungen (Loss-of-Licence-Versicherung). Häufig wird daneben noch eine Kranktagegeldversicherung unterhalten. Problematisch kann das Verhältnis der Leistungen aus beiden Versicherungsarten zueinander sein, insbesondere dann, wenn der Rentenbezug aus der Berufsunfähigkeitsversicherung nur zeitweise erfolgt (OLG Köln, Urt. v. 20.11.2018 – 9 U 32/18).
Der Kläger war Hubschrauberpilot im Rettungsdienst. Bei der Beklagten unterhielt er eine private Krankentagegeldversicherung und eine Lizenzverlustversicherung. Im Vertrag wurde folgende Flugunfähigkeitsklausel vereinbart:
„Es gilt als vereinbart, dass Berufsunfähigkeit schon dann vorliegt, wenn gemäß Ziffer 3 festgestellt wird, dass der Versicherte aus gesundheitlichen Gründen voraussichtlich dauernd fluguntauglich für den Tauglichkeitsgrad 1 ist, oder eine zeitlich begrenzte Fluguntauglichkeit mit Nachprüfung in frühestens sechs Monaten attestiert wird.“
Im August 2015 wurde der Pilot mit einer Venenthrombose im linken Bein arbeitsunfähig. Nach erfolgter Behandlung bestand das Luftfahrt-Bundesamt darauf, dass der Pilot das Blutdruckpräparat Marcumar zu sich nimmt. Bis September 2017 war er infolge der Behandlungen arbeitsunfähig.
Für den Zeitraum vom 01.10.2015 bis zum 31.03.2016 bezog der Hubschrauberpilot Leistungen aus seiner Lizenzverlustversicherung. Zudem bezog er in diesem Zeitraum Krankentagegeld von seiner privaten Krankentagegeldversicherung.
Die Versicherung forderte die Leistungen aus der Krankengeldversicherung für den Zeitraum zurück, indem der Pilot Leistungen aus seiner Lizenzverlustversicherung erhielt.
Die Versicherung behauptete, dass der Pilot keinen Anspruch auf das Krankentagegeld habe. Nach § 15 b) Nr. 30 Abs. 2 der vereinbarten AVB bestehe der Anspruch auf das Krankentagegeld nicht, wenn der Betroffene ebenfalls Anspruch auf eine Berufsunfähigkeitsrente habe.
Nach der ständigen Rechtsprechung führt der Bezug einer Berufsunfähigkeitsrente zur Leistungsfreiheit des Krankentagegeldversicherers (siehe hier auch: Fallstricke Krankentagegeldversicherung). Dies ist auf die Spezialität der Berufsunfähigkeitsversicherung gegenüber der Krankentagegeldversicherung zurückzuführen. Die Berufsunfähigkeit ist spezieller als eine nur vorübergehende Krankheit. Eine gleichzeitige Gewährung beider Leistungen ist rechtlich ausgeschlossen (vgl. BGH, Urt. v. 25.01.1989 – IV ZR 178/87).
Die Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow unterstützen Versicherte bundesweit bei der Geltendmachung von Ansprüchen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung. Unsere Rechtsanwälte unterstützen Sie dabei, zu Ihrem Recht zu kommen und stehen Ihnen zunächst gerne für einen kostenfreien Erstkontakt zur Verfügung.
Sodann musste sich das OLG Köln mit der Frage beschäftigen, ob Leistungen aus einer Lizenzverlustversicherung überhaupt Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung sind. Maßgeblich kommt es darauf an, ob mit der LoL-Versicherung eine „Rente wegen Berufsunfähigkeit“ angeboten wird.
Zwar spricht der Wortlaut dafür, dass Leistungen aus einer LoL-Versicherung tatsächlich Berufsunfähigkeitsleistungen sind, denn häufig werden die Produkte als „Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung mit Fluguntauglichkeitsklausel“ vermarktet – wie hier auch. Zum anderen enthalten die Bedingungswerke oft die explizite Formulierung „Berufsunfähigkeit“.
Aber es muss differenziert werden zwischen dauerhaften Leistungen aufgrund eines Lizenzverlustes und nur vorübergehenden Einbußen. Nur bei einer dauerhaften Fluguntauglichkeit, kann wie bei einer Berufsunfähigkeit, eine langfristige Prognose der Erwerbsunfähigkeit gestellt werden. Nicht sinnverwandt ist die vorübergehende Fluguntauglichkeit. Die Leistungen aus der LoL-Versicherung entstehen auch dann, wenn zu erwarten ist, dass der Pilot wieder flugtauglich wird.
Um einen umfassenden Versicherungsschutz zu gewährleisten, berührt der Fall vorübergehender Fluguntauglichkeit nicht die Ansprüche aus einer Krankentagegeldversicherung.
Grundsätzlich ist bei einer dauerhaften Fluguntauglichkeit der Anspruch auf ein Krankentagegeld ausgeschlossen, wenn der Pilot auch eine Lizenzverlustversicherung unterhält. Ein zeitweiliger Rentenbezug wegen vorübergehender Fluguntauglichkeit bei einer sogenannten „Loss-of-Licence“-Versicherung eines Piloten stellt keine Berufsunfähigkeitsversicherung i. S. v. § 15b Nr. 30 MBKT 09 dar. Dies ergibt sich aus der Spezialität dieser Versicherung zur Absicherung eines besonderen Risikos der Berufsgruppe „Pilot“, welches von den übrigen Verdienstausfallversicherungen nicht erfasst ist.
Bei vorübergehenden Fluguntauglichkeiten empfiehlt es sich, einen Fachanwalt für Versicherungsrecht mit der Durchsetzung Ihrer Leistungsansprüche zu betrauen.
Gerade für Piloten ist die Loss-of-Licence-Klausel ein Kernstück des eigenen Versicherungsschutzes. Zu weiteren Fragestellungen in diesem Bereich gibt der nachstehende Artikel Aufschluss: Loss-of-Licence-Versicherung.
Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
Fachanwalt für Informationstechnologierecht
Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB
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