Psychische Fluguntauglichkeit bei Wehrfliegern (OLG Frankfurt a. M.)

Kann eine psychische Fluguntauglichkeit bei Wehrfliegern ein versichertes Risiko darstellen? Piloten der Fliegertruppe unterliegen aufgrund der Wehrfliegertätigkeit besonderen Belastungen. Ein Verdienstausfall aufgrund von Fluguntauglichkeit lässt sich über eine Berufsunfähigkeitsversicherung mit sogenannter „Loss-of-Licence“-Klausel decken. Eine derartige Loss-of-Licence-Versicherung ist eine Untauglichkeitsversicherung, welche an den Verlust der Pilotenlizenz anknüpft. Verlieren Piloten also gesundheitsbedingt ihre Flugtauglichkeit, so gilt die Berufsunfähigkeit nach dieser Klausel als eingetreten. Der Widerruf der Flugtauglichkeit ist maßgeblich für den Eintritt des Versicherungsfalls. Der Lizenzentzug kann auch auf Grund fehlender psychischer Elastizität erfolgen. Geschieht dies, ist der Eintritt der Berufsunfähigkeit durchaus umstritten (OLG Frankfurt a. M., Urteil v. 20.03.2003 – 3 U 102/02).

Versicherbarkeit der Flugmotivation?

Der Soldat bewarb sich bei der Bundeswehr für die Laufbahn des fliegerischen Diensts. Seine Wehrfliegerverwendungsfähigkeit wurde festgestellt. Das flugmedizinische Institut der Luftwaffe – Abteilung I – für Neurologie und Psychiatrie attestierte dem Piloten wenig später eine Flugdienstuntauglichkeit. Dem Soldaten fehlte es an Flugmotivation. Sodann wollte der Flieger die Leistungen aus seiner Berufsunfähigkeitsversicherung beanspruchen. Diese enthielt eine „Loss-of-Licence“-Klausel:

„Berufsunfähigkeit des Versicherten […] liegt auch dann vor, wenn durch ein Gutachten des flugmedizinischen Instituts der Luftwaffe […] festgestellt wird, dass der Versicherte aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr flugtauglich ist und ihm deshalb die Erlaubnis als Luftfahrer entzogen, nicht verlängert oder für ruhend erklärt wird.“

Die beklagte Versicherung verweigerte die Leistung. Nach Ziffer 3 Abs. 2 ihres Versicherungswerks sei der Anspruch ausgeschlossen, „wenn die Fluguntauglichkeit verursacht wird durch Gesundheitsstörungen nervöser oder psychischer Art, …“

Nach Einschätzung der Berufsunfähigkeitsversicherung handelte es sich um einen ausgeschlossenen Fall, der keinen Versicherungsschutz genießt.

War die Entziehung der Fluglizenz versichert?

Versichert ist die Entziehung der Fluglizenz aus gesundheitlichen Gründen. Es ist ausreichend, dass ein flugmedizinisches Institut die Entziehung der Fluglizenz anordnet. Das OLG Frankfurt a.M. hatte auszulegen, wie der unbestimmte Rechtsbegriff „gesundheitliche Gründe“ auszulegen ist und ob die hauptsächlich psychische Aversion ein solcher Grund ist. Nach den allgemeinen Berufsunfähigkeitsbedingungen kommt es auf eine Krankheit, Körperverletzung oder Kräfteverfall an.

Rechtsanwalt für Versicherungsrecht

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Die Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow unterstützen Versicherte bundesweit bei der Geltendmachung von Ansprüchen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung. Unsere Rechtsanwälte unterstützen Sie dabei, zu Ihrem Recht zu kommen und stehen Ihnen zunächst gerne für einen kostenfreien Erstkontakt zur Verfügung.

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Der Krankheits-Begriff in der Berufsunfähigkeit

Im Zusammenhang mit einer Berufsunfähigkeit, liegt eine Krankheit aber nach weitem Verständnis schon dann vor, wenn der körperliche oder geistige Zustand vom normalen Gesundheitszustand abweicht. Dem Gutachten ist lediglich zu entnehmen, dass die psycho-physischen Fitness des Piloten mangelhaft sei. Hieraus ließ sich keine Abweichung vom Normalzustand entnehmen, die Formulierung ist zu allgemeine gefasst.

Flugtauglichkeit ist maßgeblich!

Allerdings sieht der Versicherungsfall keine Einschränkung auf eine Krankheit vor. Es kommt auf die körperliche Flugtauglichkeit als solche an. Hierzu gehört auch die psychophysische Fitness, die in den zentralen Dienstvorschriften normiert ist. Der hierin verwendete Begriff der „psychophysischen Fitness“ beschreibt ganz hohe Anforderungen an die körperliche und geistige Verfassung von Bundeswehrfliegern. Es entspricht dem Sinn und Zweck der Klausel, dass eine Entziehung der Fluglizenz aufgrund mangelnder Eignung einem körperlich gesundheitlichen Grund gleichzustellen ist.

Die psychische Geeignetheit ist im Kontext der Bundeswehrfliegerei streng mit der körperlichen Leistungsfähigkeit verwoben. Wegen dieser Verbundenheit kann sich der Versicherer nicht auf seinen Leistungsausschluss berufen, denn es wurden nicht nur psychische Gründe für den Ausfall ursächlich. Ein Gesundheitsgrund liegt dann vor, wenn der Pilot die „psychophysische Fitness“ nicht mehr hat.

Nach alledem ist in dem vorliegenden Sachverhalt eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit zu bejahen, so dass die Berufung des Versicherers keinen Erfolg hatte.

Fazit und Hinweis für die Praxis

Für Dienstpiloten der Bundeswehr gelten strenge Anforderungen an ihre Flugtauglichkeit. Wesentlich ist das Bestehen einer „psychophysische Fitness“-Prüfung der Gutachter. Gelingt es dem Piloten nicht, diesen Nachweis zu erbringen, wird ihm die Wehrfliegerverwendungsfähigkeit entzogen.

Bei Konflikten mit den Versicherern sollte frühzeitig ein Fachanwalt für Versicherungsrecht hinzugezogen werden, damit die eigenen Leistungsansprüche nicht vereitelt und berechtigte Ansprüche durchgesetzt werden können.

Gerade für Wehrpiloten ist die Loss-of-Licence-Klausel ein Kernstück des eigenen Versicherungsschutzes. Zu weiteren Fragestellungen in diesem Bereich gibt der nachstehende Artikel Aufschluss: Loss-of-Licence-Versicherung.  

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Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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