Das LG Hagen (Az.: 10 O 148/12) entschied am 22.08.2021 über den Zeitraum der Eilbedürftigkeit im Zusammenhang mit wettbewerbswidrigem Verhalten zwischen ehemaligen Vertragspartnern bezüglich der Verwendung von Kundendaten und dem dazugehörigen Anspruch auf Unterlassung. Die fehlende Eilbedürftigkeit führte dabei zur Aufhebung einer einstweiligen Verfügung.
Zwischen einem Versicherungsunternehmen und einzelnen Handelsvertretern bestand zunächst ein Handelsvertretervertrag, welcher durch die Aufhebungsverträge vom 30.11.2004 und vom 14.09.2010 beendet worden ist. In den vorgenannten Aufhebungsverträgen einigten sich die Parteien darauf, dass sämtliche Unterlagen an das Versicherungsunternehmen zurückzugeben sind und der Kundenbestand unangetastet bleibt.
Nach einiger Zeit erhielt das Versicherungsunternehmen immer wieder aufkommende Kundenbeschwerden. Darin wurde behauptete, dass die ehemaligen Handelsvertreter durch ein von ihnen neu gegründetes Unternehmen auf die Kunden bezüglich neuer Versicherungsprodukte herantreten würden. Daraufhin wandte sich das Versicherungsunternehmen mit Schreiben vom 14.04.2011 an das neue Unternehmen der Handelsvertreter und forderte die Unterzeichnung einer strafbewehrten Unterlassungserklärung (siehe hier auch Die Abmahnung im Wettbewerbsrecht). Diese Forderung wurde umgehend zurückgewiesen. Anschließend erhielt das Versicherungsunternehmen erneut Kundenbeschwerden und mahnte das neue Unternehmen der Handelsvertreter erneut mit Schreiben vom 14.06.2012 ab.
Das Versicherungsunternehmen geht davon aus, dass die ehemaligen Handelsvertreter ausschließlich mit der Verwertung von Bestandskundenlisten etc. die Kunden so präzise kontaktieren konnten. Dies deutet auf willentlich zurückgehaltene Unterlagen hin.
Sodann beantrage das Versicherungsunternehmen den Erlass einer einstweiligen Verfügung zum Zwecke der Unterlassung der Kontaktierung von Bestandkunden. Hiergegen wurde Widerspruch eingelegt, da es an der Eilbedürftigkeit fehlen würde. Das LG Hagen hob die einstweilige Verfügung des Versicherungsunternehmens auf.
Zwar hatte das Versicherungsunternehmen einen Unterlassungsanspruch bezüglich der Anwerbung Ihrer Kunden durch die ehemaligen Handelsvertreter. Jedoch fehlte es an der für das einstweilige Rechtschutzverfahren erforderlichen Eilbedürftigkeit. Deshalb war die einstweilige Verfügung seitens des Gerichts aufzuheben. Hier hatte das Versicherungsunternehmen jedenfalls bereits im April 2011 Kenntnis von den Abwerbungsversuchen und dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung im Jahr 2012 erfolgte daher erst ca. 14 Monate nach Kenntniserlangung. Aus der Sicht des Gerichts bestand daher keine Eilebdürftigkeit mehr. Grundsätzlich lässt nämlich bereits das Warten von ca. ein bis zwei Monaten die Eilbedürftigkeit entfallen (vgl. Köhler/Bornkamm, § 12 Rn. 3.15 ff).
Das Verfahren zeigt nochmals eindrücklich, dass im einstweiligen Rechtschutzverfahren enge zeitliche Fristen zu beachten sind. Allerdings ist auch anzumerken, dass Unterlassungsansprüche nicht nur im einstweiligen Rechtschutzverfahren geltend gemacht werden können, sondern auch im Hauptsachverfahren (siehe hierzu Das Hauptsacheverfahren im Wettbewerbsrecht).
Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:
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