Rentenversicherungspflicht eines Versicherungsmaklers (Sozialgericht Lüneburg)

Ob für einen Versicherungsmakler, der sich einem Maklerpool angeschlossen hat, eine Rentenversicherungspflicht besteht, hat das Sozialgericht Lüneburg in seinem Urteil vom 02.11.2022 (AZ: S 4 BA 32/19) entschieden.

Rentenversicherungspflicht des Versicherungsmaklers

Hintergrund der Entscheidung war, dass die Deutsche Rentenversicherung (DRV) einem Versicherungsmakler einen Bescheid schickte, in welchem sie dessen Rentenversicherungspflicht feststellte. Zur Begründung dazu führte die DRV an, dass der Versicherungsmakler keine versicherungspflichtigen Angestellten hätte und im Wesentlichen nur für einen einzelnen Auftraggeber, einen überregionalen Maklerpool, tätig wäre.

Der Versicherungsmakler nutze im Rahmen seiner Tätigkeit die Ressourcen dieses Maklerpools, erhalte Unterstützung im Vertrieb und nutze andere Wettbewerbsvorteile. Deshalb sei er so weit an den Maklerpool angebunden, dass er in einem auf Dauer angelegten und wesentlichen Umfang nur für den Maklerpool tätig sei. Zudem war die DRV der Ansicht, dass die Einkünfte des Versicherungsmaklers ohne die Nutzung des Maklerpools erheblich geringer ausfallen würden. Der Versicherungsmakler sei deshalb wirtschaftlich vom Maklerpool abhängig, eine Selbstständigkeit könne nicht mehr angenommen werden. Daraus ergebe sich die Rentenversicherungspflicht des Versicherungsmaklers.

Dagegen klagte der betroffene Versicherungsmakler. Seiner Ansicht nach sei er sehr wohl selbstständig und eben nicht nur für den Maklerpool tätig. Eine Rentenversicherungspflicht allein aufgrund der Zugehörigkeit zu einem Maklerpool bestehe gerade nicht. Das Sozialgericht Lüneburg hatte sich daher in seinem Urteil vom 02.11.2022 zur Frage der Scheinselbständigkeit zu äußern.

Selbstständiger Versicherungsmakler in einem Maklerpool

Die DRV verneinte die Selbstständigkeit des Versicherungsmaklers deshalb, weil sie den Maklerpool als einzigen wesentlichen Auftraggeber des Versicherungsmaklers einordnete. Die frühere Rechtsprechung stimmte mit dieser Auffassung überein (Bayerisches LSG, Urteil v. 03.06.2016, eine Besprechung dieses Urteils ist zudem hier zu finden).

Das Sozialgericht Lüneburg erteilte dem jedoch nun eine Absage.

Das Sozialgericht Lüneburg bejahte jedoch eine Selbständigkeit des Versicherungsmaklers. Zwar bediene sich der Versicherungsmakler, der einem Maklerpool angehört dessen Ressourcen und Strukturen. Auch könne der Versicherungsmakler gewisse Vorteile, die sich aus der Mitgliedschaft in dem Maklerpool ergeben, an seine Kunden weitergeben. Eine Bindung des Maklers an den Maklerpool in dem Sinne, dass der Makler nur für den Maklerpool als einzigen Auftraggeber tätig wird, könne dadurch jedoch noch nicht angenommen werden. Denn der Versicherungsmakler vertreibe nicht ausschließlich die Produkte des Maklerpools. Vielmehr sei der Versicherungsmakler frei in der Auswahl der Produkte, die er seinem Kunden schlussendlich anbiete. Zwischen dem Maklerpool und dem Versicherungsmakler bestehe weder eine vertraglich festgelegte generelle Tätigkeitspflicht, noch bestehen irgendwelche Vorgaben hinsichtlich des Vertriebs, des Marketings oder sonstigen Organisationsstrukturen.

Anders als ein Handelsvertreter könne der Versicherungsmakler den Verkauf der Produkte des Maklerpools hinsichtlich des ob und wie frei gestalten. Ein Weisungs- und Direktionsrecht, wie es in einem Angestelltenverhältnis bestehe, liege zwischen dem Versicherungsmakler und dem Maklerpool weder faktisch noch tatsächlich vor.  Diese mangelnden Gestaltungsmöglichkeiten seitens des Maklerpools sprechen gegen eine Abhängigkeit des Maklers vom Maklerpool und somit für eine Selbstständigkeit.

Wahl eines Maklerpools durch den Versicherungsmakler

Ein weiteres Argument gegen eine wirtschaftliche Abhängigkeit des Versicherungsmaklers vom Maklerpool sah das Sozialgericht Lüneburg darin, dass der Makler nicht daran gebunden sei, die Produkte allein über den Maklerpool zu verkaufen. Der Versicherungsmakler könne die Verträge sowohl über den Maklerpool, als auch über einen anderen Maklerpool einreichen, oder aber an den Versicherer direkt weiterleiten. Diesbezüglich sei er in seinem Vorgehen frei und keinen vertraglichen oder faktischen Pflichten unterworfen.

Zudem habe der Versicherungsmakler die Möglichkeit, seine bestehenden Kundenverträge von einem Maklerpool auf einen anderen zu übertragen oder aber an seine eigene Direktanbindung zu leiten. Auch über den einen Maklerpool geschlossene Verträge seien demnach nicht dauerhaft und fest an diesen gebunden. Das spreche dafür, dass nicht der Maklerpool der Auftraggeber des Versicherungsmaklers sei, sondern der jeweilige vom Versicherungsmakler geworbene Kunde. Der Makler werde also gerade nicht für den Maklerpool tätig.  Es bestehe insofern keine derartige Abhängigkeit zwischen Versicherungsmakler und Maklerpool, die eine Rentenversicherungspflicht auszulösen vermöge. Die Zugehörigkeit zu einem Maklerpool und die Nutzung dessen Netzwerkes reiche demnach nicht aus, um eine Selbstständigkeit des Versicherungsmaklers auszuschließen.

Fazit 

Das Urteil des Sozialgerichts Lüneburgs ist sehr zu begrüßen. Es stellt danach fest, dass die Nutzung eines Maklerpools nicht zwingend bedeutet, dass eine Weisungsabhängigkeit besteht, die eine Selbstständigkeit ausschließt. Eine solche Abhängigkeit in wirtschaftlicher und tatsächlicher Art kann wohl verneint werden, wenn der Versicherungsmakler frei entscheiden kann, in welcher Art und Weise er die Produkte des Maklerpools vertreibt und ob Vertragsabschlüsse überhaupt über den Maklerpool abwickeln möchte. Da viele Maklerpools regelmäßig keine Ausschließlichkeit vereinbaren, dürfte damit kein solches Abhängigkeitsverhältnis vorliegen. Versicherungsmakler dürfte nach der entsprechenden Rechtsprechung des Sozialgerichts Lüneburgs nicht rentenversicherungspflichtig sein.

Die Feststellung, ob ein Versicherungsvermittler abhängig beschäftigt ist oder aber selbständig ist, kann im Einzelfall aber durchaus schwierig sein. Eine Übersicht zu diesem Thema ist hier zu finden: Die rechtliche Stellung von im Außendienst der Versicherer beschäftigter Personen.

Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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