Die Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte erreichen in einem Prozess wegen Maklerhaftung vor dem Landgericht Dresden (Urteil v. 21.12.2022 – Az.: 8 O 1530/21) die Verurteilung eines Versicherungsmaklers auf Schadensersatz wegen fehlender Risikolebensversicherung.
Ein Ärzteehepaar befand sich seit längerer Zeit in der Betreuung in Versicherungsangelegenheiten durch einen Versicherungsmakler. Im Frühjahr 2020 – während der ersten Coronawelle – versandte der Versicherungsmakler an das Ehepaar einen als „Jahrescheck 2020“ betitelten Erfassungsbogen. Diesen füllten die Eheleute aus und gaben einen weiterführenden Beratungsbedarf im Bereich der „Hinterbliebenenversorgung“ an. Anschließend übersandten sie den Erfassungsbogen an den Versicherungsmakler und man vereinbarte daraufhin einen gemeinsamen Besprechungstermin.
Im Rahmen des dann stattfindenden Beratungsgespräches schilderten die Eheleute ihre damalige Situation. Der Ehemann war der Alleinverdiener in der Ehe. Er arbeitete damals auf der Intensivstation eines Krankenhauses und behandelte dabei eine Vielzahl von an Corona infizierten Patienten. Die Ehefrau war zu der Zeit nicht berufstätig. Sie widmete sich der Erziehung der beiden 2017 und 2018 geborenen Töchter.
Das Ehepaar und der Versicherungsmakler besprachen sodann das Erfordernis des Abschlusses einer Risikolebensversicherung auf das Leben des Ehemannes. Der genaue Inhalt und Ablauf des Gespräches sind dabei schlussendlich streitig. Im Ergebnis kam es jedoch nicht zur Vermittlung einer Risikolebensversicherung. Eine Dokumentation des Beratungsgespräches durch den Versicherungsmakler erfolgte nicht.
Im Oktober 2020 verstarb der Ehemann. Anschließend machte die verwitwete Ehefrau Schadensersatzansprüche gegen den Versicherungsmakler geltend. Sie behauptete, der Versicherungsmakler habe im Rahmen des Beratungsgespräches vom Abschluss einer Risikolebensversicherung abgeraten und dies damit begründet, dass der Abschluss einer Risikolebensversicherung erst bei einer Immobilienfinanzierung erforderlich sei. Der Versicherungsmakler wehrte sich gegen eine Maklerhaftung mit der Behauptung, die Eheleute hätten schlussendlich den Abschluss einer Risikolebensversicherung nicht gewünscht.
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Das Landgericht Dresden bejahte eine Maklerhaftung und verurteilte den Versicherungsmakler zum Schadensersatz wegen fehlender Risikolebensversicherung. Nach Ansicht des Gerichts hatte der Versicherungsmakler seine Beratungs- und Dokumentationspflichten verletzt, sodass er der verwitweten Ehefrau gegenüber haftete.
Nach Ansicht des Landgerichts Dresden hatte der Versicherungsmakler seine Beratungspflichte nach § 61 VVG verletzt. Die Pflichtverletzung sah das Landgericht Dresden dabei in der Nichtempfehlung zum Abschluss einer Risikolebensversicherung auf den Todesfall des Ehemannes. Eine solche Empfehlung wäre bedarfsgerecht gewesen, da es sich bei dem Ehemann um den Alleinverdiener in der Ehe gehandelt hat und er aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit auf einer Intensivstation und der damit verbundenen Behandlung von mit Corona infizierten Personen besonderen Risiken ausgesetzt sei.
Soweit der Versicherungsmakler behauptet hat, er habe zumindest ansatzweise auf das Erfordernis des Abschlusses einer Risikolebensversicherung hingewiesen und der Ehemann hätte dieses Ansinnen jedoch abgeblockt, so ist er für diese Behauptung beweispflichtig geblieben. Da die unstreitig erfolgte Beratung nicht einmal ansatzweise dokumentiert worden ist, ging das Landgericht Dresden von einer Beweislastumkehr zu Lasten des Versicherungsmaklers aus (siehe hierzu Umkehr der Beweislast bei fehlender oder unvollständiger Dokumentation). Den entsprechenden Nachweis konnte der Versicherungsmakler nicht erbringen.
Die Höhe des Schadensersatzanspruches der Ehefrau ermittelte das Landgericht Dresden nach dem Grundsatz der sogenannten Quasideckung (siehe hierzu auch Quasideckung: So ermittelt der BGH den Schaden des Versicherten bei einer Pflichtverletzung des Versicherungsvermittlers). Danach ging das Landgericht Dresden davon aus, dass eine Versorgungslücke in Höhe des 5-fachen jährlichen Bruttoeinkommens des Ehemannes bestand.
Der Versicherungsmaklers gilt als treuhänderähnlichen Sachwalter des Versicherungsnehmers (siehe hierzu Versicherungsmakler ist treuhänderähnlicher Sachwalter des Versicherungsnehmers). Die Entscheidung des Landgerichts Dresden zeigt wieder einmal wie weitereichend die aus dieser Sachwalterstellung resultierende Maklerhaftung sein kann. Außerdem zeigt das Verfahren welche weitreichenden rechtlichen Folgen sich für die Beweislast aus der Missachtung der Dokumentationspflicht ergeben.
Weitere Informationen zur Maklerhaftung finden Sie unter Die Haftung des Versicherungsmaklers
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