Weiterbildungspflichten des Versicherungsvermittlers

Warum gibt es eigentlich Weiterbildungspflichten des Versicherungsvermittlers? Was passiert, wenn man die Pflicht nicht einheilt? Ist möglicherweise mit Konsequenzen durch die Aufsichtsbehörde zu rechnen? Mit dieser Frage soll sich der nachfolgende Beitrag befassen.

Rechtsgrundlage für die Weiterbildungspflicht?

Es besteht seit dem 23.02.2018 für alle Versicherungsvermittler eine Weiterbildungspflicht, und zwar durch gesetzliche Regelung. Die für den Vermittler jeweils zuständige Aufsichtsbehörde, die Industrie- und Handelskammern, überprüft die entsprechende Erfüllung der Weiterbildungsverpflichtung.

Nach § 34d Abs. 9 Satz 2 GewO & § 48 Abs. 2 VAG müssen sich Gewerbetreibende (Vermittler) und unmittelbar bei der Vermittlung mitwirkende Beschäftigte jährlich in einem Umfang von 15 Stunden weiterbilden. Das Nähere regelt hierbei § 7 VersVermV. Ziel der 15-stündigen Bemühungen ist die eigene Weiterbildung und soll bewirken, dass die Vermittler ihre beruflichen Qualifikationen aufrechterhalten, erweitern und / oder aktualisieren. Diese Zielrichtung sah die Versicherungsvermittlungs-Verordnung bereits in ihrem Entwurf vor (siehe hierzu IDD: Entwurf der Versicherungsvermittlungs-Verordnung (VersVermV) liegt vor).

Die Pflicht zur Weiterbildung gilt nach § 34d Abs. 9 S. 1 GewO für „alle unmittelbar bei der Vermittlung oder Beratung mitwirkenden Personen“. Im Sinne eines umfassenden Verbraucherschutzes ist der Adressatenkreis damit weit zu verstehen. Unstrittig adressiert sind erlaubnispflichtige Versicherungsvermittler und Versicherungsberater. Ebenfalls verpflichtet sind nicht erlaubnispflichtige gebundene Versicherungsvermittler.

Wie wird die Weiterbildungspflicht umgesetzt?

Die Erbringung der Weiterbildung wird dadurch kontrolliert, dass die für den Vermittler zuständige IHK auffordert, die Erklärung über die Erfüllung der Weiterbildungsverpflichtung nach § 34d Abs. 9 Satz 2 GewO i.V.m. § 7 Abs. 3 VersVermV ausgefüllt und unterschrieben einzusenden, bzw. der Aufsichtsbehörde vorzulegen.

Die Weiterbildung kann dabei auf unterschiedliche Wege erfolgen. Nach § 7 Abs. 1 Satz 2 VersVermV muss die Weiterbildung dabei mindestens den Anforderungen der ausgeübten Tätigkeiten des zur Weiterbildung Verpflichteten entsprechen und die Aufrechterhaltung seiner Fachkompetenz und seiner personalen Kompetenz gewährleisten. Dabei orientieren sich die anzuerkennenden Weiterbildungsinhalte an den Gegenständen der Sachkundeprüfung des § 2 VersVermV.

Es wird in § 7 Abs. 1 Satz 3 VersVermV anerkannt, dass die Weiterbildung in jedweder Form durchgeführt werden kann. Die Fortbildung im Selbststudium wird allerdings nach Satz 4 nur anerkannt, wenn sie in begleiteter Form durchgeführt wird und die IHK eine nachweisbare Lernerfolgskontrolle anfordern kann.

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Aufbewahrungs- und Nachweispflicht!

Am Ende der Weiterbildung steht die in § 7 Abs. 2 VersVermV konkretisierte Pflicht zur Aufbewahrung von Nachweisen und Unterlagen. Die zuständigen Behörden sollen so die Möglichkeit erhalten, im Rahmen von Stichprobenkontrollen zu prüfen, ob die Weiterbildungspflicht erfüllt wurde (BT-Drs. 13/3109, S. 35). Die aus der Fortbildung erhaltenen Nachweise müssen nach Satz 2 den Namen des Vermittlers sowie Datum, Umfang, Inhalt und Bezeichnung der Weiterbildungsmaßnahme und die Anschrift des Ausbildungsanbieters beinhalten. Diese Nachweise müssen fünf Jahre aufgehoben werden.

Erwerb anderer Qualifikationen und „Alte-Hasen-Regelung“

Anstelle einer Weiterbildungsmaßnahme kann ein Vermittler nach § 7 Abs. 1 S. 7 VersVermV eine in § 5 VersVermV aufgeführte Berufsqualifikation durchführen. Die nach § 34d Abs. 9 S. 1 GewO erforderlich Weiterbildung gilt mit Erhalt der Qualifikation als erbracht. Allerdings gilt dies nur für das Jahr des Erwerbs der Qualifikation, denn die Weiterbildungspflicht in § 7 Abs. 1 S. 1 VersVermV ist eine jährlich wiederkehrende Pflicht (VGH München, Beschluss v. 12.08.2021 – Az. 22 ZB 20.1840).

Zu beachten ist, dass die sog. „Alte-Hasen-Regelung“ des § 2 Abs. 3 VersVermV nicht für die jährlich wiederkehrende Weiterbildungspflicht gilt. Solche Vermittler, die seit dem 31. August 2000 selbstständig sind, müssen zwar keine Sachkundeprüfung ablegen, aber sich dennoch jährlich weiterbilden (VGH München, Beschluss v. 12.08.2021 – Az. 22 ZB 20.1840). Somit gilt auch auf alteingesessene Vermittler (sog. „Alte-Hasen“), dass die Weiterbildungspflicht mit 15 Stunden per Anno zu erfüllen ist.

Was sind die Konsequenzen nicht Nichteinhaltung?

In § 34 Abs. 9 GewO ist normiert, dass Gewerbetreibende (Vermittler) tätig sein dürfen, wenn sie über die sachgerechten Qualifikationen verfügen. Die annuelle 15-stündige Weiterbildungspflicht ist als eine solche Qualifikation zu verstehen, mithin auch zu erfüllen.

Die IHK ist für die Überprüfung der abgelegten Weiterbildung zuständig. Die IHK kann den verpflichteten Vermittler zur Erklärung über die Erfüllung der Weiterbildung im vergangenen Kalenderjahr auffordern. Bei der Weiterbildungspflicht aus § 34d Abs. 9 Satz 2 GewO handelt es sich um eine Vermittlerpflicht, deren Erfüllung auf Anfrage der IHK nachzuweisen ist. Dahingegen sind die Vermittler nicht verpflichtet in regelmäßigen Abständen die Belege unaufgefordert einzureichen. Gibt der Vermittler die angeforderte Erklärung jedoch nicht ab, so stellt dies nach § 26 Abs. 1 Nr. 2 VersVermV eine sanktionsfähige Ordnungswidrigkeit dar. Die Nichterfüllung der Weiterbildungspflicht ist somit bußgeldbewehrt.

Haftungsträchtig kann eine Verletzung der Weiterbildungspflicht dann sein, wenn der Vermittler ihr nicht nachkam oder deren Erfüllung nicht nachweisen kann und infolgedessen dem Versicherungsnehmer ein Schaden entstand. Die Weiterbildungspflicht ist ein Schutzgesetz iSd. § 823 Abs. 2 BGB. Dies dürfte insbesondere Vermittler betreffen, die sich auf überholtes Altwissen zurückziehen und aktuelles versicherungsrechtliches Fachwissen nicht erwerben. Schlechterdings könnte die nicht nachweisbare – weil fehlende – Weiterbildung sodann indiziell für das eigene haftungsbegründende Verschulden sein, wenn der Versicherungsnehmer infolge von überholtem Falschwissen eine Deckungslücke erleidet.

Untersagung der Vermittlungstätigkeit denkbar?

Fehlen einem Vermittler die Weiterbildungen, so kann die IHK nach § 34d Abs. 9 S. 6 GewO von ihrer Befugnis Gebrauch machen dem Vermittler die Ausübung der Vermittlertätigkeit zu untersagen. Dies erfolgt in Form einer behördlichen Einzelfallentscheidung, also als Verwaltungsakt. Voraussetzung der Untersagung ist, dass Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Vermittler die für seine Tätigkeit erforderliche Sachkunde oder Zuverlässigkeit nicht besitzt. Die Nichterfüllung der Weiterbildungspflicht kann starkes Indiz für die mangelnde Sachkunde sein, so dass unter Umständen ein Berufsverbot bei Nichterfüllung der Weiterbildungspflicht droht. Kollaterale Folgen einer Berufsuntersagung können der Verlust von bestehenden Kooperations- und Anbindungsverträgen mit Versicherungen und Vermittlerpools sein. Zudem könnten einem Vermittler dann Bestandsprovisionen entgehen, wenn die Auszahlung an die fortbestehende aktive Tätigkeit als Vermittler knüpft.

Hinweise für die Vermittlerpraxis und Angebot von Jöhnke & Reichow

Angesichts der möglichen Konsequenzen sind die Vermittler eindeutig gut beraten, wenn sie ihre Weiterbildungsstunden jedes Jahr pflichtgemäß absolvieren. Wie aufgezeigt, gilt diese Pflicht auch für alle Versicherungsvermittler, also auch die „Alten-Hasen“. Indes sollten die Weiterbildungsnachweise gut archiviert und auf Nachfrage der Aufsichtsbehörde vorgelegt werden.

Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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