Das Landgericht München hat sich in der Klage der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) gegen die BurdaForward GmbH (Betreiberin der Seite focus.de) mit den Anforderungen an eine wirksame Einwilligung bei Einsatz von Tracking-Cookies bei Nutzung einer Website beschäftigt. Unter anderem ging es um die Anforderungen an die Beschaffenheit der Schaltflächen zum Cookie-Management und der Informationen zur beabsichtigten Datennutzung (LG München, Urt. v. 29.11.2022 – 33 O 14766/19).
Die Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat gegen die Betreiber der Webseite focus.de geklagt. Es handelt sich dabei um eine werbefinanzierte Nachrichtenseite. Bei Aufruf der Seite öffnet sich ein Fenster, welches die Einwilligung des Nutzers in die Nutzung von Tracking-Cookies zu Werbe- und Analysezwecken einholt.
Dieses Banner ist in mehreren Schichten aufgebaut. Die erste Schicht des Banners zeigt zwei Buttons. Der Nutzer kann entweder den Button „alle akzeptieren und Auswahl speichern“ oder „Einstellungen“ auswählen. Beide Buttons sind deutlich hervorgehoben. Wählt der Nutzer den Button „alle akzeptieren und Auswahl speichern“ aus, so werden die gesammelten Informationen mit Drittanbietern geteilt. Wird der Button „Einstellungen“ betätigt, erscheint ein zweites Fenster, welches aus mehr als 140 Bildschirmseiten besteht und Auswahlmöglichkeiten hinsichtlich den Drittanbietern bietet. Blass und in einer oberen Ecke platziert befindet sich der Button „alle ablehnen“.
Die vzbv hält die auf diesem Wege eingeholten Einwilligungen der Nutzer zur Nutzung von Tracking-Cookies für unwirksam. Denn der von focus.de eingerichtete Einwilligungsmechanismus könne weder die Freiwilligkeit der Einwilligung sicherstellen, noch liege überhaupt eine Willenserklärung vor, da die Voreinstellungen der Seite verhindern, dass der Nutzer das voreingestellte Einverständnis tatsächlich selbst bildet. Zudem solle der Seitenbetreiber den Nutzer weitgehender über die beabsichtigte Nutzung der gesammelten Daten informieren und seine Vereinbarungen mit Drittanbietern offenlegen.
Das Landgericht München hat nun in erster Instanz teilweise zugunsten des vzbv entschieden. Der Seitenbetreiber hat Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt.
Tracking-Cookies stellen eine Form der Datennutzung und -speicherung dar, die gem. § 25 Abs. 1 TTDSG einer wirksamen Einwilligung bedürfen. Diese Einwilligung muss auf der Grundlage klarer und umfassender Informationen erfolgen. Hinsichtlich der Anforderungen an eine wirksame Einwilligung verweist das TTDSG auf die DSGVO. Nach Art. 4 Abs. 11 DSGVO setzt eine wirksame Einwilligung eine freiwillige, auf den bestimmten Fall bezogene und in informierter Weise unmissverständlich abgegebene Erklärung oder Handlung voraus. Das LG verneint vorliegend schon die Freiwilligkeit dieser Erklärung.
Die Freiwilligkeit einer Erklärung setze eine tatsächliche Wahlmöglichkeit des Erklärenden voraus, ohne Nachteile bei einer etwaigen Ablehnung der Einwilligung zu erfahren. Das Fenster, welches sich bei der Nutzung der Seite öffnet, sei aber schon so gestaltet, dass es dem Nutzer suggeriere, dass die Betätigung des „alle akzeptieren und Auswahl speichern“– Feldes die einfachste Möglichkeit darstellt, mit der Nutzung der Seite zu beginnen.
Zudem sei die Freiwilligkeit der Einwilligung dadurch beeinträchtigt, dass eine Nutzung ohne irgendeine Interaktion zu tätigen, nicht möglich sei. Denn das Fenster, durch welches die Einwilligung eingeholt werden soll, ist so positioniert, dass es den Inhalt der Webseite verdeckt, bis der Nutzer eine Auswahl getroffen hat. Die Vielzahl der Auswahlmöglichkeiten, die auf die Betätigung des Einstellungsbuttons folgen, erschweren ebenfalls eine freiwillige Willensbildung. Denn auch auf dieser Ebene des Banners wird die Möglichkeit, alle Voreinstellungen zu akzeptieren visuell weitaus mehr in den Vordergrund gerückt als die Ablehnungsmöglichkeit. Zudem besteht die Möglichkeit der Ablehnung erst, wenn der Nutzer den Button „Einstellungen“ betätigt.
Ein anderer Grund als die Beeinflussung des Verhaltens des Nutzers sei für eine derartige Gestaltung der Buttons nicht ersichtlich. Somit liege kein freiwilliges und damit wirksames Einverständnis in die Verwendung von Tracking-Cookies vor. Indem der Betreiber die Tracking-Cookies trotz fehlenden Einverständnisses verwendete, verstieß er gegen § 25 TTDSG.
Die Klage der vzbv richtete sich darüber hinaus auch darauf, dass der Seitenbetreiber Tracking-Cookies nur nutzen darf, soweit er dem Nutzer vor Beginn des Datenverarbeitungsvorganges Informationen über die Datenverarbeitung und Vereinbarungen mit Drittanbietern zur Verfügung stellt. Diese sollen in einfacher und präziser Sprache zugänglich gemacht werden.
Einen solchen Anspruch lehnte das LG München jedoch ab. Denn der vzbv stützte diese Informationsverpflichtung lediglich auf § 25 TTDSG. Daraus allein ließe sich jedoch kein Anspruch auf Information ableiten. Die Norm stelle nur ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt dar. Der vzbv hätte sein Begehren auf Art. 12 DSGVO stützen müssen. Auch wenn § 25 TTDSG auf die DSGVO Bezug nehme, sei eine Herleitung des Anspruches nur möglich, wenn sich ausdrücklich ebenfalls auf die DSGVO berufen wird. Da die vzbv dies nicht tat, lehnte das LG den Anspruch ab und wies diesbezüglich die Klage ab.
Betreiber von Webseiten sind grundsätzlich dazu verpflichtet, ein wirksames Einverständnis in die Nutzung von Tracking-Cookies vom Nutzer der Seite einzuholen. Diese Einwilligung ist nicht schon dann freiwillig, wenn der Nutzer theoretisch die Möglichkeit hat, in irgendeinem Schritt die Nutzung abzulehnen.
Um ein tatsächlich freiwilliges Einverständnis einzuholen, müssen die Schaltflächen für die Einwilligung oder die Ablehnung der Nutzung visuell ähnlich präsent sein. Es darf für den Nutzer nicht mehr Aufwand bedeuten, die Nutzung von Tracking-Cookies abzulehnen, als diese zu akzeptieren. Denn ansonsten wird der Nutzer vom Betreiber insoweit beeinflusst, als dass eine eigene Entscheidungsfindung nicht mehr stattfindet und die Einwilligung nicht mehr freiwillig ist.
Die fehlerfrei erteilte Einwilligung ist jedoch Bedingung für die Verarbeitung der erhobenen Daten. Zudem soll die Einwilligung auf Basis von klaren und umfassenden Informationen über die bezweckte Verwendung erfolgen. Dieser Anspruch auf Information ergibt sich jedoch allein aus der DSGVO.
Bei Fragen und Rechtsproblemen zum Thema Tracking-Cookies bzw. Datenschutz empfiehlt es sich stets einen Fachanwalt für IT-Recht hinzuziehen. Weitere interessante Urteile zum Datenschutzrecht sind nachfolgend zu finden: Datenschutzrecht.
Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.
Mit unserer Kompetenz streiten wir ehrgeizig für Ihr Ziel, nämlich Ihre Interessen durchzusetzen! Wir freuen uns, dass unsere Mandanten-/-innen unser Engagement schätzen und positiv bewerten.
Verpassen Sie auch zukünftig keinen Beitrag unserer Kanzlei. Über unseren 2mal monatlich erscheinenden Newsletter erhalten Sie stets die aktuellen Beiträge unserer Kanzlei zu den Themen Versicherungsrecht, Bank- und Kapitalmarktrecht, Vertriebsrecht, Handelsvertreterrecht und Wettbewerbsrecht. Wir freuen uns auf Ihre Anmeldung.