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Dienstunfähigkeit nur bei gesundheitlicher Entlassung (BGH)

Als Versicherungsfall in der Dienstunfähigkeitsversicherung gilt die „Versetzung in den Ruhestand [..] aus gesundheitlichen Gründen“ des Dienstherrn eines Beamten als maßgeblich. Ob der Versicherungsfall auch eintritt, wenn der Beamte aus anderen Gründen in den Ruhestand versetzt wird, beleuchtet ein diesbezügliches Urteil des BGH (BGH, Urteil v. 22.10.1997 – Az. IV ZR 221/96).

Finanzbeamter wird wegen mangelnder Bewährung entlassen

Ein Finanzbeamter unterhielt eine dynamische Kapitallebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (BUZ) inklusive einer sogenannte Beamtenklausel. Die Beamtenklausel löst bei einer Dienstunfähigkeit des Beamten Leistungen aus dem Versicherungsvertrag aus.

Der Finanzbeamte war Beamter auf Probe in der bayerischen Finanzverwaltung. Der Beamte wurde mit Ablauf des 31.12.1992 aufgrund mangelnder Bewährung entlassen worden.

In den Versicherungsbedingungen der BUZ war vereinbart:

„Ist der Versicherte Beamter im öffentlichen Dienst und ist er vor Erreichen der gesetzlich vorgesehenen Altersgrenze wegen Dienstunfähigkeit entlassen oder in den Ruhestand versetzt worden, so gilt auch dies als Berufsunfähigkeit. Für die Fortdauer der Berufsunfähigkeit gelten die Bestimmungen des § 7 Abs. 5. Dienstunfähig ist ein Beamter, wenn er infolge eines körperlichen Gebrechens oder wegen Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist; das gleiche gilt, wenn er von der Dienstbehörde als dienstunfähig angesehen wird, weil er infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, daß er innerhalb weiterer sechs Monate wieder voll dienstfähig wird.“

Die Finanzbeamte beantragte so dann Leistungen aus seinem Versicherungsvertrag. Die Versicherung verweigerte jedoch die vertraglich zugesicherten Leistungen. Der Versicherer war der Ansicht, dass der Beamte sich nicht auf die vertraglich vereinbarte Beamtenklausel berufen könne und auch nicht Berufsunfähigkeit im Sinne der sonstigen Definitionen von Berufsunfähigkeit in den Versicherungsbedingungen nachgewiesen habe. Das Landgericht und das Oberlandesgericht haben des Versicherers.

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Steht mangelnde Bewährung des Beamten einem Gesundheitsgrund gleich?

Zu klären war, ob der Versicherungsfall auch dann eintritt, wenn der Beamte aufgrund mangelnder Bewährung entlassen wird. Die Klausel des Versicherungsvertrags enthielt nicht den sonst üblichen Zusatz, dass die Versetzung „ausschließlich infolge seines Gesundheitszustands” erfolgt sein muss. Nach Ansicht des BGH ist es allerdings nicht zulässig, dass der Gesundheitszustand nur ein untergeordneter Grund der Versetzung ist. Der Gesundheitszustand muss alleiniger Grund der Versetzung sein. Es ist nicht erforderlich, dass in den Bedingungen die „Ausschließlichkeit des Gesundheitsgrundes“ normiert wird – andere Mitursachen außer der Gesundheitsbeeinträchtigung sind nicht relevant. Dies wird damit begründet, dass der Versicherungsnehmer erkennbar davon ausgehen muss, dass der körperliche Zustand bzw. dessen Schwächen versichert sind und somit Schutz nur für „gesundheitliche Gründe” als Oberbegriff gewährt wird.

Keine Versicherungsleistungen für den Finanzbeamten

Im vorliegenden Fall wurde die Versetzung auf mangelnde Bewährung für den Dienst gestützt. Die Entlassung der Beamten auf Probe ist bei mangelnder Bewährung gesetzlich vorgesehen. Für den Eintritt des Versicherungsfalls wäre es erforderlich gewesen, dass die Behörde eine Gesundheitsprüfung des Beamten vollzog und zu einer ärztlichen Einschätzung der Dienstunfähigkeit gelang. Eine Entlassung wegen mangelnder Eignung ist jedoch nicht versichert.

Da das Berufungsgericht von seinem Standpunkt aus folgerichtig nicht der Frage nachgegangen war, ob der Kläger trotz Nichtanwendbarkeit der Beamtenklausel berufsunfähig im vereinbarten Umfang geworden ist, musste die Sache zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden.

Fazit und Hinweis für die Praxis

Die Fassung der Beamtenklausel in den Versicherungsbedingungen einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung, dass die Entlassung „wegen Dienstunfähigkeit“, die im Einzelnen mit körperlichen und geistigen Schwächen umschrieben wird, als Berufsunfähigkeit gilt, ist dahin zu verstehen, dass der Gesundheitszustand des Beamten alleiniger Grund seiner vorzeitigen Entlassung gewesen sein muss. Andere Begleitumstände sind grundsätzlich unbeachtlich.

Es sollte stets ein Fachanwalt für Versicherungsrecht mit der Klärung von Leistungsansprüchen gegen den Versicherer betraut werden. Eine lesenswerte Zusammenfassung zur Dienstunfähigkeitsversicherung hier zu finden: „Dienstunfähigkeitsversicherung“. Es wird insbesondere Bezug auf die Abgrenzung zwischen einer „echten“ und „unechten“ Dienstunfähigkeitsklausel genommen.

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Zum Autor: Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke

Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.

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