Mit Urteil vom 11.04.2018 (Az.: 7 U 1972/17) urteilte das OLG München zur Frage, für welchen Zeitraum ein Handelsvertreter einen Buchauszug verlangen kann und wann eine Verjährung des Anspruches auf Erteilung eines Buchauszugs eintritt.
Mit Handelsvertretervertrag vom 22.07.1998 vereinbarten die Vertragsparteien eine Zusammenarbeit im Hinblick auf die Akquisition von Sponsoren. Aus dem Handelsvertretervertrag hatte der Handelsvertreter einen Anspruch auf Erteilung von Provisionsabrechnungen. Während der gesamten Dauer der vertraglichen Vereinbarung zwischen den Parteien, kam es aber seitens des Unternehmens nie zur Erteilung der Provisionsabrechnungen.
Sodann verlangte der Handelsvertreter die Erteilung eines Buchauszuges im Zeitraum vom 04.08.2005 bis zum 06.02.2017. Hierzu erhob er am 04.08.2015 Klage vor dem Landgericht München. Das beklagte Unternehmen berief sich daraufhin auf die Einrede der Verjährung.
Das OLG München setzte sich dabei in dem Urteil mit der Frage auseinander, wann ein Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges unzulässig ist und wann ein entsprechender Anspruch verjährt ist. Hierzu im Einzelnen:
Das OLG München führte zunächst aus, dass der Buchauszug eines Hilfsanspruch zur Durchsetzung von Provisionsansprüchen ist. Ein Buchauszug kann daher nur verlangt werden, wenn der Handelsvertreter noch über einen Provisionsanspruch verfügen könnte. Der Buchauszug ist daher jedenfalls für Zeiträume ausgeschlossen, für denen der Handelsvertreter keine Provisionen mehr verlangen kann, weil ein etwaiger Provisionsanspruch des Handelsvertreters jedenfalls verjährt wäre. Dabei ist zwischen einer kenntnisabhängigen und einer kenntnisunabhängigen Verjährung des Provisionsanspruches zu unterscheiden.
Hinsichtlich der kenntnisabhängigen Regelverjährung stellte das OLG München fest, dass diese nicht einmal zu laufen begonnen hatte. Der Eintritt der Verjährung findet entweder mit der Kenntniserlangung der Provisionsanspruch begründenden Umstände oder dass der Handelsvertreter ohne grobe Fahrlässigkeit von den Umständen hätte Kenntnis erlangen müssen nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Beides sei hier nicht der Fall, da dem Handelsvertreter noch keine für die Kenntniserlangung erforderlichen Provisionsabrechnungen erteilt worden seien.
Bezüglich der kenntnisunabhängige Verjährung nach § 199 Abs. 4 BGB führt das OLG München aus, dass die Zehnjahresfrist für den Zeitraum ab dem 04.08.2005 noch nicht abgelaufen ist. Provisionsansprüche aus dem August 2005 können nämlich frühestens zum Ende des August 2005 fällig geworden sein, da der geschlossene Handelsvertretervertrag es vorsieht, dass der Provisionsanspruch erst am letzten Tag des Monats fällig wird, in welchem der Vertrag geschlossen worden ist. Somit begann die Verjährungsfrist für die im August vermittelten Verträge nach § 199 Abs. 4 BGB am 31.08.2005 und endete somit am 30.08.2015 24:00 Uhr. Die Verjährung der frühestens vermittelten Verträge wurde jedoch durch die am 04.08.2015 eingereichte Klage des Handelsvertreters gehemmt.
Da folglich nicht einmal die frühesten Provisionsansprüche verjährt sind, ist die Geltendmachung des Buchauszuges durchaus zulässig.
Soweit der Handelsvertreter zulässigerweise die Erteilung eines Buchauszuges verlangen konnte, stellte sich die Frage, ob der entsprechende Anspruch des Handelsvertreters bereits verjährt sei. Der Anspruch des Handelsvertreters auf Erteilung eines qualifizierten Buchauszuges unterliegt dabei einer gesonderten Verjährung.
Allerdings beginnt auch die Verjährung des Buchauszugsanspruches erst mit der Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis des Handelsvertreters von den anspruchsbegründenden Umständen. Dies wiederum setzt voraus, dass der Unternehmer dem Handelsvertreter eine abschließende Abrechnung über die diesem zustehende Provision erteilt hat, da der Buchauszugsanspruch in den Moment entsteht, in dem der Unternehmer dem Handelsvertreter eine abschließende Abrechnung erteilt. Da es hier an einer Provisionsabrechnung mangelte, war der Anspruch des Handelsvertreters auf Erteilung eines Buchauszuges auch noch nicht verjährt.
Der Buchauszug bietet gerade im Versicherungsrecht die Möglichkeit zur Kontrolle von Provisionsabrechnungen (siehe hierzu Der Buchauszug für Versicherungsvertreters). Dabei kann – wie das Urteil des OLG München zeigt – oftmals noch für einen länger zurückliegenden Zeitraum Kontrollrechte geltend gemacht werden.
Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:
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