Mit Urteil vom 30.10.2008 (Az.: V R 44/07) entschied der BFH über die Anforderungen einer Umsatzsteuerbefreiung im mehrstufigen Finanzvertrieb. Dieser zeichnet sich dadurch aus, dass innerhalb des Vertriebes eine Vielzahl von Handelsvertretern tätig sind, die einander in Vertriebsstrukturen untergeordnet sind. Oftmals wird daher auch von einem Strukturvertrieb gesprochen. Hierbei profitieren einzelne Handelsvertreter nicht nur an dem von ihnen selbst vermittelten Verträgen, sondern in Form einer sogenannten Differenzprovision an Vermittlungserfolgen der Handelsvertreter, die ihrer Vertriebsstruktur unterstellt sind.
Gemäß geschlossenem Handelsvertretervertrag war der Kläger für einen Vertrieb als Handelsvertreter tätig. Hier bestand seine Tätigkeit in der Vermittlung von Fondsanteilen. Dazu zählte aber auch, dass er die seiner Vertriebsstruktur zugeordneten Vertriebspartner regelmäßig besuchen und über die Entwicklung der jeweiligen Fondsprodukte aufklärt. Aus den von den zugeordneten Vertriebspartner vermittelten Geschäften erzielte der Handelsvertreter Differenzprovisionen.
Im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung beurteilte das zuständige Finanzamt diese Differenzprovisionen als umsatzsteuerpflichtige Leistungen. Tatsächlich hatte der Handelsvertreter jedoch bislang keine Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt. Daher erließ das Finanzamt einen Umsatzsteuer-Vorauszahlungsbescheid für die ersten beiden Quartale des Jahres 2004. Hiergegen legte der Handelsvertreter Einspruch ein, mit der Begründung die Vermittlungsleistungen seien nach § 4 UStG von der Umsatzsteuer befreit. Er verwies dabei auch auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 9. Oktober 2008 (BStBl I 2008, 948). Der Einspruch wurde jedoch zurückgewiesen. Daraufhin erhob der Handelsvertreter Klage vor dem Finanzgericht.
Der BFH führte aus, dass die rechtliche Würdigung des Finanzamtes nicht zu beanstanden ist. In dem Falle des Handelsvertreters liegt keine umsatzsteuerfreie Vermittlungsleistung nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG vor. Um von dem vorgenannten Paragraphen Gebrauch zu machen sieht der BFH vor, dass es einen expliziten Bezug zu den einzelnen Vermittlungsgeschäften geben muss und der Handelsvertreter auf die Vertragsparteien dementsprechend einwirken können muss.
Die Tätigkeit des Handelsvertreters bezog sich jedoch vor allem im Bereich der Administration auf die Schulung, Betreuung und Überwachung von Untervermittlern aus dem Strukturvertrieb. Somit nahm der Handelsvertreter weder Kontakt zu Interessenten auf noch bot er den Verkäufern von Kapitalanlagen die Möglichkeit auf Abschluss von Verträgen. Das UStG sieht jedoch für die lediglich vertriebsunterstützende Tätigkeit eines Handelsvertreters die nichts mit einem spezifischen und wesentlichen Bezug zu einer einzelner Vermittlungsleistung vorweist keine Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG vor.
Die Vereinbarung von Differenzprovisionen ist im Versicherungs- und Finanzanlagevertrieb oftmals üblich. Bei der Gestaltung von Vertriebsvereinbarungen sollten daher die Anforderungen der vorgenannten Rechtsprechung des BFH beachtet werden.
Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:
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