Außerordentliche Kündigung des Handelsvertretervertrages nach unbefugtem Herunterladen von Daten (OLG München)

Das OLG München hatte mit Beschluss vom 08.02.2018 (Az.: 23 U 1932/17) über die Rechtmäßigkeit einer außerordentlichen Kündigung eines Handelsvertretervertrages nach unbefugtem Herunterladen von Daten zu entscheiden.

Ehemann von Handelsvertreterin lädt nach Erteilung von Hausverbot unbefugt Interna herunter

Die Parteien schlossen zunächst einen gemeinsamen Handelsvertretervertrag. Die Handelsvertretertätigkeit wurde hierbei allerdings im Einvernehmen aller durch den Ehemann der Handelsvertreterin ausgeübt.

Mit Telefonat vom 08.09.2014 erteilte der Gesellschafter des Unternehmens dem Ehemann ein Hausverbot hinsichtlich der Büroräume. Am folgenden Tag lud der Ehemann umfangreiche Dateien und Dokumente aus den Datenbanken des Unternehmens auf seinen privaten E-Mail-Account herunter. Gemäß dem Unternehmen waren die heruntergeladenen Daten für die Handelsvertretertätigkeit nicht erforderlich. Einige Dokumente bezogen sich auf lang zurückliegende Geschäfte. Auch wurde eine hochaufgelöste Fotokopie des Personalausweises des Gesellschafters heruntergeladen. Das Unternehmen argumentierte daraufhin, dass das Herunterladen der Daten, das Vertrauensverhältnis zur Handelsvertreterin zerrüttet hätte. Das Unternehmen kündigte den bestehenden Handelsvertretervertrag daraufhin mit Schreiben vom 16.09.2014.

Die Handelsvertreterin erklärte mit Schreiben vom 18.09.2014 selbst die Kündigung des Handelsvertreterverhältnisses. Anschließend reichte die Handelsvertreterin Klage vor dem zuständigen Landgericht wegen Rückzahlung eines angeblich erbrachten Darlehens, Erteilung eines Buchauszuges, der Zahlung der sich daraus ergebenden Provisionen und Boni, Schadensersatz wegen der nicht eingehaltenen Kündigungsfrist nach § 89a Abs. 2 HGB, eines noch zu errechnenden Handelsvertreterausgleich.

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OLG München sieht außerordentliche Kündigung nach unbefugtem Speichern von Daten als begründet an!

Für die Frage, welche Ansprüche der Handelsvertreterin bestehen, kam es entscheidend darauf an, ob das Handelsvertreterverhältnis durch die Kündigung des Unternehmens oder durch die Kündigung der Handelsvertreterin beendet worden ist. Nach § 89a Abs. 1 HGB kann der Handelsvertretervertrag von allen Parteien ohne Einhaltung der Kündigungsfrist und aus wichtigem Grunde außerordentlich gekündigt werden. Eine Kündigungsgrundangabe ist nicht notwendig, solange bei der Wirksamkeitsprüfung alle vorhandenen Gründe, welche zum Kündigungszeitpunkt vorlagen, berücksichtigt werden. Um eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen, muss der Kündigungsgrund eine weitere Zusammenarbeit bis zur vereinbarten Vertragsbeendigung unzumutbar machen.

Im Beschluss vom 08.02.2018 führt das OLG München aus, dass wegen des unbefugten Herunterladens der Daten ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung vorlag. Auch wenn die Handelsvertreterin den Zugriff auf die Dateien hat, folgt hieraus nicht die Erlaubnis, diese auf die privaten Datenträger herunterzuladen. Durch die vorgenannte Tat wurde das Vertrauensverhältnis der Parteien zerstört. Somit war das Weiterführen des Vertragsverhältnisses für das Unternehmen, bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist, mithin 6,5 Monate, unzumutbar. Die Handelsvertreterin war bis zum Zeitpunkt der Kündigung bereits seit 21 Jahren für das Unternehmen tätig. Dies wiegt jedoch die Schwere der Tat nicht auf.

Hieraus folgt, dass die Handelsvertreterin somit keinen Anspruch auf Schadensersatz nach §89a Abs. 2 HGB hat. Ebenso lag nach §89b HGB auch ein wichtiger Grund für die Kündigung vor, sodass auch kein Anspruch auf einen Handelsvertreterausgleich bestand.

Fazit und Hinweis für die Praxis

Ob eine bestimmte Handlung das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien so weitgehend zerstört, dass eine außerordentliche Kündigung des Handelsvertretervertrages berechtigt ist, ist oftmals von entscheidender Bedeutung für die weiteren Rechte der Parteien nach Beendigung des Handelsvertretervertrages. Bei der Frage der Schwere eines Verstoßes sollte dabei aber auch beachtet werden, dass das Vertrauensverhältnis ggf. auch durch eine Abmahnung des Handelsvertreters wieder hergestellt werden kann. Die Frage, ob eine Handlung eine außerordentliche Kündigung rechtfertigt oder aber eine bereits ausgesprochene außerordentliche Kündigung wirksam ist, bedarf daher stets einer konkreten Prüfung des individuellen Einzelfalles.

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Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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