Die Widerspruchsbelehrung ist wesentlicher Bestandteil eines Versicherungsvertrages. Die bisherige Rechtsprechung hat bereits gezeigt, dass eine falsche Widerspruchsbelehrung sogar zum Widerruf der Vertragserklärung führen kann. Welche Anforderungen an die Widerspruchsbelehrung zu stellen sind, klärt ein Urteil des OLG Dresden anschaulich auf (OLG Dresden, Urt. v. 28.04.2022 – Az. 4 U 2762/21).
Der Versicherungsvermittler vermittelte einen Lebensversicherungsvertrag, der auf Seite 2 des lediglich zwei Seiten umfassenden Versicherungsscheines eine Widerspruchsbelehrung enthielt. Auf dieser Seite war die Belehrung der einzige fettgedruckte Passus und befand sich ganz am Ende der Seite. Die Widerspruchsfrist soll danach „ab Erhalt“ der Unterlagen zu laufen beginnen. Der Versicherungsnehmer widersprach dem Vertrag jedoch erst nach einiger Zeit.
Maßgeblich für die Wirksamkeit von Versicherungsverträgen ist, dass nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 VVG „eine deutlich gestaltete Belehrung über das Widerrufsrecht und über die Rechtsfolgen des Widerrufs“ in der Police normiert wird. Im vorliegenden Fall war das Deutlichkeits-Erfordernis jedoch gewahrt. Der Passus war fett gedruckt und eindeutig vom übrigen Vertragsinhalt abgehoben. Er befand sich am Ende der Seite und suggerierte somit eine eigenständige Bedeutung.
Zudem muss der Beginn der Widerspruchsfrist eindeutig fixiert sein. Die in der Police fixierte Bezeichnung des Fristbeginns „nach Erhalt“ der Bedingungen genügt nach dem OLG Dresden dieser Voraussetzung. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird diese Klausel so verstehen, dass die Frist durch den Zugang der Unterlagen in Gang gesetzt wird und 14 Tage später am gleichen Wochentag abläuft (vgl. BGH, Beschluss v. 21.03.2018 – Az. IV ZR 201/16). Es genügt, dass der Versicherer einen abstrakten Beginn angibt, ohne einen bestimmten Tag zu definieren. Die vertragliche Widerspruchsbelehrung war in diesem Fall wirksam.
Für den Versicherungsnehmer hatte dies zur Folge, dass die Widerspruchsfrist ab Erhalt der Unterlagen zu laufen begann und kein Widerspruch nach Ablauf der 14-Tage-Frist mehr geltend gemacht werden konnte.
Im Einzelfall kann es für den Versicherungsnehmer durchaus „günstig“ sein, nicht – bzw. nur unzureichend – bezüglich eines zustehenden Widerspruchsrechts belehrt worden zu sein. Der Versicherungsnehmer kann in diesem Fall jederzeit dem Vertrag widersprechen und seine geleisteten Prämien zurückverlangen. Die Widerspruchsbelehrung ist somit von wesentlicher Bedeutung für die Wirksamkeit des Versicherungsvertrages.
Weitere Informationen können im Bereich „Versicherungsrecht“ abgerufen werden.
Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.
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