Berücksichtigung von Folgeprovisionen beim Ausgleichsanspruch? (BGH)

Der BGH hat in seinem Urteil vom 01.06.2005 (Az. VIII ZR 335/04) zu der Frage der Darlegungs- und Beweislast im Zusammenhang mit der Berücksichtigung von Folgeprovisionen im Rahmen des Ausgleichsanspruches nach § 89 b HGB geurteilt.

Provisionsvereinbarung unterscheidet zwischen „Abschlussprovisionen“ und „Folgeprovisionen“.

Im Rahmen eines Versicherungsvertretervertrags zwischen einem Versicherungsvertreter und einem Versicherungsverein, erhielt der Versicherungsvertreter für seine Tätigkeit eine Provision nach Maßgabe einer in den Versicherungsvertretervertrag einbezogenen Provisionsvereinbarung. Dabei wurde für eine Reihe von versicherten Risiken zwischen „Abschlussprovision“ und „Folgeprovision ab 1. Jahr“ unterschieden. Für einige Risiken waren dabei keine Abschluss-, sondern nur „Folgeprovisionen ab 1. Jahr“ vorgesehen.

Ausgleichszahlung nach Vertragsbeendigung

Nach Beendigung des Handelsvertretervertrags zahlte der Versicherungsverein an den Versicherungsvertreter einen nach den Grundsätzen zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs gem. § 89 b HGB berechneten Ausgleich. (Vgl. hierzu auch: BGH: Anwendbarkeit der Grundsätze zur Errechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs). Der Versicherungsvertreter war jedoch der Ansicht, dass ihm ein höherer Ausgleichsanspruch zustehe, sodass er die Differenz zwischen einem nach seinem Dafürhalten gerechtfertigten Ausgleichsanspruch und dem bisher gezahlten Ausgleich gerichtlich geltend machte.

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Voraussetzungen für einen Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB

Der Ausgleichsanspruch aus § 89 b HGB dient der Kompensation der Provisionsverluste, die der Versicherungsvertreter regelmäßig durch die Beendigung des Handelsvertretervertrages erleidet. Der Versicherer hat also grundsätzlich diejenigen Vorteile auszugleichen, welche ihm aus der Tätigkeit des Versicherungsvertreters nach der Beendigung des Vertrages noch erwachsen (Siehe hierzu vertiefend: Der Ausgleichsanspruch des Versicherungsvertreters).

Ausgleichsrelevante Provisionen

Der BGH stellte zu Beginn klar, dass im Rahmen der Ausgleichsberechnung allein die Provisionen und Provisionsanteile zugrunde zu legen sind, die dem Versicherungsvertreter für seine vermittelnde, auf den Neuabschluss von Versicherungsverträgen oder deren Erweiterung gerichtete Tätigkeit gezahlt werden. Demgegenüber müssten Vergütungen und Vergütungsanteile für die Verwaltung des Versicherungsbestands bei der Berechnung der Provisionsverluste unberücksichtigt bleiben.

„Folgeprovisionen“ als weiteres Entgelt für die Vermittlung eines Versicherungsvertrags?

Maßgeblich war insofern die Frage, ob die in den Provisionsvereinbarung der Parteien vorgesehenen „Folgeprovisionen ab 1. Jahr“ ganz oder teilweise ein weiteres Entgelt für die Vermittlung eines Versicherungsvertrags darstellen sollten. Das Berufungsgericht vertrat die Auffassung, dass allein die „Abschlussprovisionen“ als Entgelt für die Vermittlung neuer Versicherungsverträge gezahlt werden sollten, und insofern auch nur diese im Rahmen des Ausgleichsanspruchs zu berücksichtigen seien.  Andere – insbesondere die „Folgeprovisionen“ seien für die Ausgleichsberechnung unbeachtlich.

Der BGH machte zunächst deutlich, dass für die Unterscheidung zwischen Vermittlungsprovisionen nicht allein auf die im Versicherungsvertretervertrag verwendeten Bezeichnungen abgestellt werden könne, sondern es vielmehr einer Feststellung im Einzelfall bedürfe. In den Provisionsbestimmungen der Parteien waren allein die Voraussetzungen, von deren Erfüllung die Entstehung des Provisionsanspruchs abhängt in Bezug auf die „Abschlussprovisionen“ festgelegt. Damit fehlte es in dem vorliegenden Fall im Hinblick auf die „Folgeprovision ab 1. Jahr“ an einer entsprechenden vertraglichen Regelung.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts würde durch die fehlende Regelung daher offenbleiben, ob die Vermittlung bereits durch die „Abschlussprovision“ vollständig abgegolten sein sollte oder ob auch in den „Folgeprovisionen“ ein weiteres Entgelt enthalten sein sollte. In diesem Fall wären die „Folgeprovisionen ab 1. Jahr“ für den Ausgleichsanspruch relevant. Der BGH kam daher zu dem Ergebnis, dass aus der Tatsache, dass die Provisionsvereinbarungen der Parteien für eine Reihe von Versicherungsarten keine Abschlussprovision, sondern für bestimmte Rechtsschutz und Haftpflichtversicherungen allein die „Folgeprovision ab 1. Jahr“ vorsahen, zwingend folge, dass diese Folgeprovisionen zumindest für die betreffenden Verträge auch das Entgelt für die Vermittlung enthalten würde.

Die Frage der Darlegungs- und Beweislast

Sofern die Folgeprovision nach dem Vertragsinhalt nicht eindeutig und vollständig den vermittlungsfremden Aufgaben und Tätigkeiten des Versicherungsvertreters zuzuordnen waren, rückte die Frage in den Mittelpunkt, wer die Darlegungs- und Beweislast für die Zweckbestimmung dieser Provisionen trägt. Aufgrund der fehlenden vertraglichen Festlegung einer Zweckbestimmung hinsichtlich der „Folgeprovisionen“, stehe der Versicherungsvertreter vor der Schwierigkeit, den auf die vermittelnde Tätigkeit bzw. den Vermittlungserfolg entfallenden Anteil zu beziffern. Demgegenüber sei es dem Versicherungsunternehmen, das den Vertragsinhalt in der Regel vorgibt, möglich, auf der Grundlage von Erfahrungswerten anzugeben, zu welchen Anteilen die einheitliche Provision zur Abgeltung der Vertragsvermittlung und andererseits vermittlungsfremder Tätigkeiten bestimmt sein soll. Der BGH urteilte daher dahingehend, dass die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Folgeprovision ein weiteres Entgelt für die vermittelnde Tätigkeit des Vertreters darstellt, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts, bei dem Versicherungsunternehmen liegt.

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Zum Autor: Rechtsanwalt Jens Reichow

Rechtsanwalt Reichow ist Partner der Hamburger Kanzlei Jöhnke & Reichow. Er betreut vor Allem Verfahren im Versicherungsrecht, zur Haftung von Versicherungsvermittlern und Streitigkeiten aus dem Handelsvertreterrecht. Nähere Angaben zu Jens Reichow finden Sie unter folgendem Anwaltsprofil:

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