Das Elementarrisiko Überschwemmung ist grundsätzlich in gewöhnlichen Elementarschadenversicherungen gedeckt. Obwohl sich jedermann etwas unter dem Begriff „Überschwemmung“ vorstellen kann, ist rechtlich nicht ohne weiteres klar, wann ein versicherter Überschwemmungsschaden vorliegt. Zu diesen Voraussetzungen erging ein wegweisendes BGH-Urteil (BGH, Urt. v. 20.04.2005 – Az. IV ZR 252/03).
Die Klägerin unterhielt eine Wohngebäudeversicherung bei der beklagten Versicherung. Infolge eines Wasserpegelanstiegs kam es zu einer Überflutung des an einem See gelegenen Grundstücks. Elementarschäden hatte die Klägerin versichert. In den Versicherungsbedingungen gilt als Überschwemmung versichert:
„2.1 Wir leisten Entschädigung für versicherte Sachen, die durch
2.1.1Überschwemmung des versicherten Grundstücks […] zerstört oder beschädigt werden […].“
„3.1.Überschwemmung ist eine Überflutung des Grund und Bodens, auf dem das versicherte Gebäude liegt […], durch
3.1.1 Ausuferung von oberirdischen (stehenden oder fließenden) Gewässern;
3.1.2 Witterungsniederschläge.”
Das Wohngrundstück war aufgrund einer Hanglage und einer Erdanschüttung vor der Terrasse vor direkten Wassereinwirkungen geschützt. Das Wasser drang nicht durch die Kelleraußenwand ein. Jedoch saugte sich die Fläche zwischen Bodenplatte und Estrich im Keller in dieser Zeit voll mit Wasser. Hierdurch entstand ein Wasserschaden. Die Versicherung sah hierin keinen versicherten Überschwemmungs-Schaden.
Die Problematik des Falls liegt darin, dass das Wasser zwar tatsächlich das versicherte Grundstück geflutet hat, das flutende Wasser aber nicht unmittelbar in das Haus eindrang, sondern erst anstauendes Bodenwasser zum Schaden führte. Der Schaden des Versicherungsnehmers ist auf ein grundsätzliches Ansteigen des Bodenwasserspiegels zurückzuführen, welcher infolge des Überflutungsereignisses anstieg. Eine versicherungsbedingte Überflutung liegt nach den Erwartungen eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers nur dann, vor wenn sich erhebliche Wassermengen auf der Geländeoberfläche ansammeln. Dies war unstrittig der Fall. Jedoch muss auch diese Überflutung ursächlich für den Schaden geworden sein. Somit musste geklärt werden, ob auch ein mittelbarer Schaden – im Gegensatz zum unmittelbaren – als versichert galt.
Der BGH sah auch eine mittelbare Schädigung als versichert an, solange die Ursache auf eine Überflutung zurückzuführen ist. Hierfür sprach, dass ein gewöhnlicher Versicherungsnehmer nicht zwischen Wasser aus dem Erdboden und unmittelbar oberirdisches Gewässer unterschieden wird. Ein anderweitiges Verständnis, dass die versicherten Schäden nur auf unmittelbare Flutschäden begrenzt würde dem Wortlaut der Klauseln zuwiderlaufen. Demnach reicht es aus, dass die Oberfläche des Grundstücks geflutet war. Es ist nicht erforderlich, dass genau dieses Wasser in das Haus eindringt.
Die Überschwemmung ist ein Begriff, der rechtlich genau abzustecken ist. Der BGH hat mit seinem wegweisenden Urteil anerkannt, dass auch mittelbare Schädigungen versichert sind, sofern eine Flutung des Grundstücks vorlag. Im Zweifelsfall sollte jedoch ein Fachanwalt für Versicherungsrecht konsultiert werden, sofern Versicherungen Leistungsansprüche aus dem jeweiligen Versicherungsvertrag ablehnen.
Zu dem Bereich „Überschwemmung“ ist nachfolgenden ein weiterführender Artikel zu finden: Die Naturgefahr „Überschwemmung“ in den Allgemeinen Bedingungen der Sachversicherung. Weitere praxisrelevante Hinweise und wichtige Urteilsbesprechungen können hier nachgelesen werden: Gebäudeversicherungen.
Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.
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