Leistet eine Unfallversicherung auch bei Unfällen wegen alkoholtypischen Fahrfehlern? Wann liegt ein alkoholbedingter Fahrfehler überhaupt vor? Diese Fragen hatte das OLG Dresden zu klären (OLG Dresden, Beschluss v. 20.12.2021 – Az. 4 U 2144/21).
Der Kläger war bei der beklagten Versicherung unfallversichert. Der Kläger erlitt am 04.08.2017 einen Verkehrsunfall auf seinem Motorrad. Er kam von der Fahrbahn ab und überschlug sich, so dass er schwer verletzt wurde. Ein Atemalkoholtest ergab, dass der Kläger einen BAK-Wert von 1,06 ‰ aufwies.
Dem Vertrag lagen die AUB 2016 zugrunde, die den folgenden Ausschluss enthielten:
„5.1 Kein Versicherungsschutz besteht für folgende Unfälle:
5.1.1 Unfälle der versicherten Person durch Bewusstseinsstörungen […]. Eine Bewusstseinsstörung liegt vor, wenn die versicherte Person in ihrer Aufnahme- und Reaktionsfähigkeit so beeinträchtigt ist, dass sie den Anforderungen der konkreten Gefahrenlage nicht mehr gewachsen ist.
Ursachen für die Bewusstseinsstörung können sein:
– Alkoholkonsum“
Der Versicherer stützte die Verweigerung seiner Leistung auf diesen Ausschluss. Hiergegen wendete sich der Versicherte gerichtlich.
Das OLG Dresden gab der beklagten Versicherung jedoch Recht und erkannte einen Leistungsausschluss an. Ein Unfall trat zwar ein, jedoch musste geklärt werden, ob der Versicherer aufgrund des Ausschlusses leisten musste. Die Rechtsprechung nimmt bei 1,1 ‰ BAK Blutalkohol die absolute Fahrunfähigkeit unwiderleglich an. Der Versicherungsnehmer lag mit 1,06 ‰ BAK knapp darunter. Die Annahme, dass eine Fahruntüchtigkeit vorliegt, ist aber auch bei geringerer Promille-Anzahl möglich. Insoweit stellen 1,1 ‰ BAK nur die absolute Grenze dar, bei der ein Gegenbeweis nicht mehr zu erbringen ist.
Für eine relative Fahruntüchtigkeit spricht anerkannter Weise stets, dass der Fahrer von der Fahrbahn in einer einfachen Fahrsituation abkommt. Das Fehlverhalten des Versicherungsnehmers war eine typische alkoholbedingte Ausfallerscheinung. So konnte die Versicherung leicht beweisen, dass die Alkoholisierung ursächlich für den Unfall wurde. Das Geschehen war vom Versicherungsschutz ausgeschlossen.
Im Straßenverkehr geht eine Alkoholisierung des Fahrers stets zu seinen Lasten. Insbesondere kann ein kompletter Ausschluss der Leistungsverpflichtung leicht auf einen erhöhten Blutalkoholwert gestützt werden. Deshalb sollte bei einem Unfallereignis stets ein Fachanwalt für Versicherungsrecht konsultiert werden. Denn letztlich kann der Versicherungsschutz auf dem Spiel stehen.
Wichtige Informationen zur Unfallversicherung und die möglichen Leistungskürzungen aufgrund von Bewusstseinsstörungen sind hier zusammengefasst: “Unfallversicherung”.
Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.
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