Das OLG Saarbrücken urteilte zum Nachweis einer unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit im Rahmen der Unfallversicherung. Dieser ist dann nicht erbracht, wenn zahlreiche Unstimmigkeiten den Zweifel an den Äußerungen des Versicherungsnehmers erwecken (OLG Saarbrücken, Urt. v. 16.12.2020 – 5 U 39/20).
Die Parteien streiten über die Einstandsverpflichtung aus einer privaten Unfallversicherung. Der klagende Versicherungsnehmer unterhielt seit 2015 eine Unfallversicherung bei der Beklagten. Dem Vertrag lagen die Unfallschutz Versicherungsbedingungen „KT2012U P“ zugrunde. Der Vertrag enthielt eine Tagesgeldklausel wonach eine Tagegeldentschädigung in Höhe von 100,00 € pro Tag vom 01. Bis zum 365. Tag der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit.
Der Versicherungsnehmer suchte am 22.01.2016 einen Arzt auf, dieser stellte ihm einer Arbeitsunfähigkeit bis zum 14.02.2016 aus. Mit weiteren Folgebescheinigungen wurde der Kläger bis zum 11.09.2016 arbeitsunfähig geschrieben. Ein Unfallgutachten der Beklagten wurde eingeholt und dies ergab, dass der Versicherungsnehmer unfallbedingt wegen eines Ausrutschens auf Eis, eine Distorsion der Halswirbelsäule, eine Schulterprellung und eine Thoraxkontusion erlitt. Aufgrund dessen war er für den ersten Monat zu 100% arbeitsunfähig; in dem folgenden Monat zu 50% und bis zum 18. März zu 20 % arbeitsunfähig. Ab dem März lag keine Arbeitsunfähigkeit mehr vor.
Der Kläger entgegnete diesen Feststellungen, dass er als Textilkaufmann täglich Ware in Regale einräumen muss und fortwährend Schmerzen in der gesamten Wirbelsäule hat. Dagegen wandte die Versicherung die fortschreitenden degenerativen Verschleißerscheinungen des Körpers für die Beeinträchtigung ursächlich wurden und nicht der konkrete Unfall. Der Kläger verlangte die vollständige Entschädigung über den März hinaus bis zum September. Das Gericht wies dieses Begehren ab.
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Für die Auszahlung des Tagesgeldentschädigung muss ein versicherungsgemäßer Unfall ursächlich für die Gesundheitsschädigung werden. Ein Unfall ist ein außen auf den Körper einwirkendes Ereignis. Eine Beeinträchtigung liegt dann vor, wenn der Versicherungsnehmer ganz oder teilweise außer Stande ist seine Arbeitsleistung voll zu erbringen. Der konkrete Unfall muss für die Beeinträchtigung der Arbeitsleistung ursächlich werden. Vorliegend bestanden Zweifel daran, ob der Unfall als solcher für die fortwährende Beeinträchtigung ursächlich wurde oder ob dies auf altersbedingte und aus vorherigen Unfällen herrührende Vorschädigung beruht.
Der Beweis eines Unfalls ist für den Versicherungsnehmer günstig gestaltet. Es muss das äußere Erscheinungsbild eines Unfalls bewiesen werden (vgl. § 286 ZPO). Der Kläger konnte laut dem Gericht nicht über jeden Zweifel erhaben darlegen, dass ein Unfall durch Ausrutschen auf Eis tatsächlich stattfand. In seinen Anhörungen wich der Versicherungsnehmer mehrmals von seinen vorher getätigten Schilderungen ab. Zudem behauptete der Kläger von seinem behandelnden Arzt zu Folgeuntersuchungen in ein Uniklinikum verwiesen worden zu sein und dies auch wahrgenommen zu haben. Hierfür konnte jedoch kein Nachweis erbracht werden.
Im Übrigen wirkte die Glaubwürdigkeit des Versicherungsnehmers zweifelhaft, denn dieser nahm in den vergangenen Jahren mit ähnlich drastischen Unfallbeschreibungen bereits Leistungen aus einer Unfallversicherung wahr. Der Versicherungsnehmer konnte nicht beweisen, dass die konkreten Beeinträchtigungen auf den Unfall zurückzuführen waren, viel mehr lag es nahe, dass dies auf eine allgemeine degenerative Wirbelsäulenerkrankung zurückzuführen war.
In der Unfallversicherung gelten zugunsten des Versicherungsnehmer Beweiserleichterungen. Es muss erst Mal nur eindeutig bewiesen werden, dass ein Unfall stattfand und dass dieser ursächlich für körperliche Beeinträchtigungen wurde. Die hierzu gemachten Äußerungen dürfen aber nicht widersprüchlich sein. Im Leistungsfall mit einer Unfallversicherung sollte zwingend ein Fachanwalt für Versicherungsrecht mit der versicherungsrechtlichen Bewertung betraut werden.
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Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke ist Partner der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte und seit 2017 Fachanwalt für Versicherungsrecht. Während seiner Anwaltstätigkeit hat er bereits eine Vielzahl von gerichtlichen Verfahren im Versicherungsrecht geführt und erfolgreich für die Rechte von Versicherungsnehmern gestritten.
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